Kolumne

#brodnig: Nicht wegschauen!

Eines von fünf Bildern auf Facebook beinhaltet Fehlinformation - besagt eine Studie über US-Politik. Wir müssen darüber sprechen, wie Bilder zur Täuschung missbraucht werden.

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Achtung, folgende Falschmeldungen kursieren im Netz: In einem Video wird behauptet, das Weltwirtschaftsforum (WEF) fordere "die Entkriminalisierung von Sex mit Kindern". Das ist eine Erfindung - es gibt keinerlei Beleg für die Behauptung, und das WEF widerspricht der Anschuldigung. Ein Bild wiederum zeigt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im US-Kongress, hinter ihm hängt eine ukrainische Flagge, welche angeblich SS-Runen beinhaltet. Auch das: eine Falschmeldung. Auf der Flagge sieht man keine SS-Runen, sondern die Zahl "46".

Der Kommandeur der 46. Luftangriffsbrigade hat diese Flagge (als Geschenk an die US-Abgeordneten) unterzeichnet. Das Bildmaterial zeigt: Viele Falschmeldungen werden nicht rein als Text, sondern auch auf einer visuellen Ebene verbreitet. Gerade wenn man auf Facebook Bild-Postings über politische Themen sieht, sollte man skeptisch sein: Einer von fünf Bildbeiträgen beinhaltet irreführende Behauptungen. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie in den USA, die politische Postings im Wahlkampf 2020 analysierte.

"Unsere Analyse deutet darauf hin, dass mehr als 20 Prozent der Facebook-Bildposts über die US-Politik Fehlinformationen enthalten", schreiben die Forscher Matthew Hindman, Trevor Davis und Yunkang Yang. Sie haben 13,7 Millionen gepostete Bilder gesammelt. Speziell im rechten politischen Spektrum fielen unfaire Behauptungen auf: "Unsere Daten zeigen, dass nach rechts tendierende Bildbeiträge eine fünf-bis achtmal höhere Wahrscheinlichkeit hatten, irreführend zu sein, als nach links tendierende Bildbeiträge( )."

In der Praxis wissen Fachleute und viele User:innen schon lange, dass Bilder auf Facebook oft lügen. Aber es ist gut, jetzt genauere wissenschaftliche Erkenntnisse dazu zu haben. Bisher fokussierten viele Studien auf Falschmeldungen, die als Text oder mittels Links zu Fake-News-Seiten verbreitet wurden. Eine Frage ist deshalb, ob das Ausmaß von Fehlinformation auf Social Media in der akademischen Debatte zuletzt sogar unterschätzt wurde. Denn um wirklich zu verstehen, wie weit verbreitet Falschmeldungen sind, müssen wir die Täuschung mittels Bildern dringend mitansehen.

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Ingrid   Brodnig

Ingrid Brodnig

war bis Dezember 2023 Kolumnistin des Nachrichtenmagazin profil. Ihr Schwerpunkt ist die Digitalisierung und wie sich diese auf uns alle auswirkt.