#brodnig: Surveillance of the fittest
Ich staune immer wieder, wie viel Überwachung sich die Amerikaner gefallen lassen. Kürzlich hat die zuständige Behörde im US-Bundesstaat New York erlaubt, dass die Anbieter von Lebensversicherungen Social-Media-Posts von Konsumenten auswerten können, um den Preis einer Versicherung festzulegen. Wer auf Instagram-Bildern zu oft Wein/Zigaretten/Schokoriegel in der Hand hält, könnte nach dieser Logik schlechtere Angebote bekommen. Zwar müssen die Unternehmen beispielsweise belegen, dass sie niemanden aufgrund der Hautfarbe diskriminieren, aber eine Diskriminierung aufgrund des Freizeitverhaltens scheint zulässig. Für gesunde Menschen, die viel Sport machen, mag das praktisch klingen: Sie kriegen vielleicht ein billiges Angebot. Doch solche Konzepte stellen den Grundgedanken von Versicherungen infrage – schließlich dienen diese dazu, ein individuelles Risiko im Kollektiv abzusichern.
Das 'Wall Street Journal' empfiehlt Lesern bereits, lieber keine Fotos vom Rauchen oder Fallschirmspringen zu posten (beides zu gefährlich).
Gerade in Europa gibt es bisher bei Versicherungen den Zugang, dass wir niemanden bestrafen, auch wenn er tendenziell zu ungesund isst oder zu viel raucht. Außerdem ist es Unsinn, dass unsere Online-Profile ein detailgetreuer Spiegel unseres Ichs wären. Wir posten eher den schicken Karotten-Smoothie, den wir gemixt haben, als die Packung Käse-Nachos, die wir danach gegessen haben. Das „Wall Street Journal“ empfiehlt Lesern bereits, lieber keine Fotos vom Rauchen oder Fallschirmspringen zu posten (beides zu gefährlich). Auch rät die Zeitung, Fitness-Tracker zu nutzen, die die eigene Bewegung dokumentieren. Das ist schon ziemlich absurd, sollten Amerikaner bald Fotos vom Sport posten, nur damit ihre Versicherung zufrieden ist. Zum Glück sind solche Ideen in Österreich noch unvorstellbar, aber wir sehen: Die Überwachungsgesellschaft kommt womöglich nicht direkt in Form eines staatlichen Big Brothers, sondern mittels neugieriger Unternehmen, die möglichst viel über ihre Kunden wissen wollen – und denen der Staat das sogar erlaubt.
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