#brodnig: Vertrau mir nicht!
Wenn Fachleute davor warnen, welch sensible Daten über Handys gespeichert und ausgewertet werden, dann sieht man oft Achselzucken: Was ist schon so schlimm daran, wenn eine App zum Beispiel den eigenen Standort erfasst und zu Werbezwecken nutzt? Eine Antwort liefert die App Grindr.
Diese nutzen zum Beispiel schwule und bisexuelle Männer, um Dates in der Nähe zu finden. Nun fand die US-amerikanische Zeitung „Wall Street Journal“ heraus: Die Bewegungsdaten von Millionen von Grindr-Usern waren käuflich erhältlich – ein Unternehmen namens „UberMedia“ soll diese sensiblen Daten verhökert haben.
Wohlgemerkt beinhaltete der Datensatz keine Namen oder Telefonnummern. Die gehandelten Informationen waren aber laut „Wall Street Journal“ so präzise, dass man in manchen Fällen einiges ablesen konnte: Zum Beispiel, dass zwei Geräte so nahe zueinander waren, dass die User dahinter wohl eine romantische Begegnung hatten. Auch liefern Bewegungsdaten Hinweise, was der Arbeitsplatz oder Wohnort einer Person sein könnte.
Spätestens ab 2017 war diese Information käuflich erhältlich, wobei 2020 Grindr dann eingeschränkt haben soll, wie viele Daten es mit Werbepartnerinnen und -Partnern teilt. Übrigens steht Grindr schon länger in der Kritik: Im Vorjahr hat die norwegische Datenschutzbehörde dem Unternehmen eine Strafe in Höhe von 6,5 Millionen Euro auferlegt, weil es unrechtmäßig Daten mit Dritten teilte.
„Wir konnten schon damals zeigen, dass Grindr rechtswidrig Bewegungsdaten eines Norwegers an Datenhandelsfirmen übertrug“, sagt Wolfie Christl, Forscher und Datenschutzexperte. Natürlich ist das extrem heikel, wenn gerade eine Dating-App lax mit der ihr anvertrauten Information umgeht – zum Beispiel können Menschen erpressbar werden, wenn sie nicht geoutet sind und insgeheim eine Schwulen-App nutzen.
Tatsächlich ist in den USA ein hochrangiger Priester der katholischen Kirche zurückgetreten: Eine strengkatholische Publikation hatte laut eigenen Angaben Grindr-Daten ausgewertet und herausgefunden, dass der Gläubige Schwulenbars aufgesucht hat. Das ist natürlich ein Extrembeispiel, aber es zeigt: Es wirkt oft harmlos, wenn wir Apps die Genehmigung geben, unseren Standort zu erfassen – de facto wissen wir jedoch nicht, wo am Ende diese vertrauliche Information landet. Wir alle sollten nicht davon ausgehen, dass es immer nur harmlos ist, welche Geschäftsmodelle rund um solche sensiblen Daten entwickelt werden.