#brodnig: Vorsicht, Panikmache!
Von Ingrid Brodnig
Neulich musste ich wirklich lachen. Die kremltreue russischsprachige Website pravda.ru publizierte allen Ernstes einen Artikel, der behauptete: "Fast alle Bäume im Berliner Tiergarten wurden für Brennholz gefällt." Natürlich ist das ein Unsinn, aber die Geschichte sollte wohl in Russland den Eindruck erwecken, als wäre die Energiekrise in Europa so schlimm, dass sogar in der deutschen Hauptstadt reihenweise Bäume zum Heizen gerodet würden. Daraufhin hat das Team der deutschen Website volksverpetzer.de (das viele rechte Falschmeldungen aufdeckt) einen lustigen Faktencheck gemacht: Es ging einfach in den Berliner Tiergarten und fotografierte dort die Vegetation.
Man sieht, dass viele, viele Bäume in dem Park stehen. Diese Geschichte klingt absurd, sie ist aber ein typisches russisches Desinformations-Narrativ: Seit Jahren verbreiten russische Medien Gruselgeschichten, wonach in Europa ganz schreckliche Zustände herrschen würden. Zum Beispiel meinte die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti im Jahr 2017, dass ein "islamisches Kalifat in Europa" bevorstünde. Und jetzt - in Zeiten des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und der darauffolgenden Sanktionen - werden solche Mythen umso aktiver verbreitet. Auch auf Deutsch kursieren aktuell passende Falschmeldungen: Da wird zum Beispiel behauptet, in einem Video würde EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorführen, wie man beim Händewaschen möglichst wenig Wasser verbraucht. Dazu wird dann gepostet: "Bald wird sie uns zeigen, wie man zu Abend isst, ohne das Licht anzumachen."
Auch das ist Humbug-hier wurde ein altes Video ausgegraben, das von der Leyen zu Beginn der Coronavirus-Pandemie aufnahm. Die Politikerin und ausgebildete Ärztin erklärt darin, wie man sich richtig die Hände wäscht. Viele Falschmeldungen entsprechen dem gleichen Muster: Schon seit Jahren wird von russischen Propaganda-Kanälen Europa als zerrüttet und vor dem Kollaps stehend porträtiert - wohingegen suggeriert wird, dass Russland unter dem starken Mann Wladimir Putin geradezu florieren würde. In Zeiten des Krieges und der schwerwiegenden Sanktionen gegen Russland muss der Kreml umso mehr auf solche Falschmeldungen setzen - weil die Lage Russlands eben in Wirklichkeit alles andere als glorreich ist.
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