#brodnig: Vorsicht vor dem perfekten Mann!
Zuerst wirkte es, als hätte Theresa den passenden Mann gefunden: gebildet, einfühlsam, attraktiv. Lucas und Theresa hatten sich auf Tinder kennengelernt, dann wechselten sie schnell zum Messenger-Dienst WhatsApp, wo sie drei Wochen lang Nachrichten austauschten. Jeden Morgen erkundigte sich Lucas: "Wie geht es dir? "Und über den Tag hinweg schrieben sie einander. Rückblickend kann man sagen: Lucas war geschickt darin, ein Gefühl von Nähe aufzubauen.
Er zeigte Interesse an Theresa, er stellte ihr Fragen über ihre Zukunftspläne, über frühere Beziehungen und auch über Sex. Die beiden schrieben darüber, was sie sich von der nächsten Beziehung wünschen. Lucas gab an, gebürtiger Kanadier zu sein, aber seit Kurzem in Österreich zu wohnen, weil er hier familiäre Wurzeln habe. Bald wollten sich Lucas und Theresa treffen-aber kurzfristig sagte er ab, weil er angeblich plötzlich zu einem Bauprojekt in Dubai musste. "Das klang für mich eher ungewöhnlich. Ich muss beruflich auch immer wieder reisen, aber solche Business-Trips sind meistens länger geplant ", erinnert sich Theresa. Ihre Zweifel nahmen ab, als er ihr Fotos von sich in Dubai schickte. Heute weiß sie: Es waren gut gemachte Fotomontagen. Lucas erzählte von seiner traurigen Familiengeschichte, dass seine Eltern gestorben waren, als er drei Jahre alt war, dass er bei der Oma in Kanada aufgewachsen sei. Zunehmend gab er an, Gefühle für Theresa zu haben. Auch der Satz "I love you" fiel, wobei Theresa noch reservierter war. Sie meinte, sie könne ihre Gefühle erst beurteilen, wenn sie sich persönlich getroffen haben. Und dann kam ein finanzielles Problem auf: Lucas schrieb, er sei jetzt bald in Dubai fertig, er müsse nur noch die Arbeiter bezahlen-ob sie sich für ihn in sein Bankkonto einloggen könne, weil seine Internetverbindung so schlecht sei? Bei Theresa schrillten die Alarmglocken. "Da war ein Mann, den ich noch nie getroffen hatte, der plötzlich von mir wollte, dass ich mich in sein Bankkonto einlogge", sagt sie.
Sie konfrontierte ihn damit, dass er und seine Geschichte für sie unglaubwürdig klingen. Lucas jedoch stritt alles ab. Theresa begann, intensiver zu recherchieren: Sie gab sein Foto in der Google-Bildsuche ein und fand heraus, dass das Foto einer anderen Person gehörte und von Instagram gestohlen war. Die angebliche Website der Bank, auf der sich Theresa hätte einloggen sollen, war erst fünf Tage zuvor angelegt worden. Lucas, der wahrscheinlich ganz anders heißt, ist ein Love Scammer-also ein Betrüger, der beim Online-Dating Gefühle vortäuscht, um dann Geld von seinen Opfern herauszulocken.
Ich kenne Theresa persönlich. Sie ist eine clevere, kritische Frau. Für mich zeigt ihre Erfahrung, dass es nahezu jede:m auf Partner:innensuche passieren kann, auf eine solche Täuschung hereinzufallen. Theresa heißt in Wirklichkeit anders, sie ist Ende 30, gut gebildet, hat einen Top-Job, eine kleine Tochter. Sie hat kein Geld überwiesen, aber so ein Erlebnis trifft einen persönlich: "Ich merke bis heute, dass ich mir schwerer tue, Menschen zu vertrauen. Wenn ich danach Online-Dating machte, hatte ich immer den Gedanken im Hinterkopf: Lügt die Person mich an?" Theresa erzählt ihre Geschichte, um andere zu warnen.
Solche Betrüger:innen geben in der Regel an, einen Job zu haben, der erklärt, weshalb sie sich schlecht treffen können (Soldat im Auslandseinsatz, Fachmann auf einer Ölplattform, Architekt mit internationalen Aufträgen etc.).Und sie sind geschickt. Sie haben immer eine gute Ausrede parat, wenn ihr Verhalten seltsam wirkt-zum Beispiel, warum sie nicht auf ihr Bankkonto zugreifen können. In manchen Fällen sind sie damit erfolgreich: In der "Puls24"-Sendung "Milborn" trat erst kürzlich eine Geschädigte auf, die mehr als 30.000 Euro an einen Betrüger überwiesen hatte. "Jährlich entsteht allein in Österreich ein Schaden in Millionenhöhe wegen derartiger Love Scams. Hinzu kommt, dass es für das Opfer sehr kränkend sein kann, wenn man so getäuscht worden ist", weiß Gerald Rak, der das Büro für Betrugsermittlungen im Bundeskriminalamt leitet. Laut ihm sind Frauen als auch Männer betroffen, die Geschädigten in der Regel älter als 30. Theresa selbst hat nach diesem Vorfall weiter Online-Dating betrieben, aber dafür folgende Empfehlungen: "Danach habe ich mir angewöhnt, eher rasch Leute persönlich zu treffen, mit denen ich online schreibe. Ich würde auch empfehlen, lieber in der Dating-App zu chatten und die eigene Handynummer erst nach einem Treffen herzugeben. Und wichtig: Keine Fotos schicken. Weil das wirklich beunruhigend ist, wenn so jemand auch noch Bilder von einem oder der Familie hat." Betroffene sollen das auch so rasch wie möglich anzeigen.
Bei einer Betrugsanzeige können Banken im Regelfall binnen 24 Stunden das Geld noch zurückholen. Zunehmend setzen solche Betrüger:innen auf Kryptowährung, aber manchmal klappt es sogar, dass Bitcoins beschlagnahmt werden. Rak sagt: "Schwierig wird es dort, wo das Bankkonto zum Beispiel in exotischen Ländern liegt, die gerichtliche Aufforderungen aus Europa ignorieren. Oder bei Wallets für Kryptowährung, die nicht auf den größeren Handelsbörsen registriert sind. Aber es kann gelingen, dass wir das Geld zurückbekommen. Das Wichtigste ist: Reagieren Sie möglichst schnell."
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