Chicken Tikka Masala

Occupy Curry!

Die Migration und Integration von Chicken Tikka Masala.

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Gaggan Anand ist Indiens bester Küchenchef, kocht allerdings in seinem Restaurant "Gaggan“ in Bangkok. Er will der Welt zeigen, dass Indiens Küche (in all ihrer regionalen Diversität) immer noch unterschätzt ist, weil sie in Folklore erstarrt. Deshalb bereitet Gaggan Anand, der bei Molekularpapst Ferran Adriá in Spanien "studierte“, den Klassiker Chicken Tikka Masala, gewürztes Huhn in einer Sauce auf Tomatenbasis, zu, für die er Tomatenkerne trocknet, pulverisiert und deren aromatisches Öl herauspresst. "Moderne Küche ist Dekonstruktion und Rekonstruktion“, sagt er. Und damit hat er, so sehr seine Version auch verfremdet sein mag, das Karma von Tikka Masala auf den Punkt gebracht.

Tatsächlich ist Chicken Tikka Masala gar kein traditionelles indisches Gericht, sondern ein verwestlichtes Tikka, wie Fleisch in der Punjab-Küche genannt wird, das mit Joghurt und Gewürzen mariniert und gebraten wird. Naturgemäß, man denke an die britische Kolonialgeschichte in Indien, nahm Tikka seinen Weg nach Großbritannien. Irgendwann - manche Quellen nennen das Jahr 1947, was bedeuten würde, dass Tikka Masala heuer seinen 70. Geburtstag feiert - bekam Tikka eine Sauce verpasst, weil Briten alles in einer Sauce ertränken, damit es nicht trocken schmeckt.

Ein Curry für eine weltoffene Gesellschaft.

Tikka Masala ist heute ein an den Westen angepasstes, aber seine indischen Aromen keineswegs verleugnendes Curry - und ein britisches Nationalgericht, dessen erfolgreiche Integration in Zeiten vor den Brexit-Gelüsten von Außenminister Robin Cook bestätigt wurde. In einer Rede im Jahr 2001, die als tikka masala speech eine Fußnote in der britischen Zeitgeschichte wurde, sagte er, dass Tikka Masala die Aufnahme fremder Einflüsse perfekt abbilde und zum Symbol für den britischen "Multikulturalismus als positive Kraft für unsere Wirtschaft und Gesellschaft“ geworden sei.

So gesehen hat das exotisch duftende Tikka Masala heute in Großbritannien geradezu subversiven Charakter - in Zeiten, in denen rechtspopulistisch manipulierte Menschen wollen, dass es daheim immer nur "nach ihnen selbst müffelt“, wie unlängst Sylke Tempel, deutsche Expertin für Internationale Politik, im ORF sagte.

Was wir also diese Woche kochen? Ein Curry für eine weltoffene Gesellschaft. Occupy Tikka Masala!

Chicken Tikka Masala

Für 4 Personen: Je 500 g entbeinte Hühneroberkeulen und Hühnerbrust ohne Haut in mundgerechte Stücke schneiden und mit folgenden Zutaten eine Nacht im Kühlschrank marinieren: Saft von 2 Zitronen, 200 ml Joghurt, 1 TL Salz, 3 bis 4 gepresste Knoblauchzehen, 1 EL fein geriebener Ingwer, je 2 TL Kreuzkümmel und Garam Masala und 1 EL geräuchertes Paprikapulver. Am nächsten Tag 1 EL Butterschmalz in einer großen Pfanne oder einem Wok schmelzen und 1 fein gehackte Zwiebel im Fett langsam hellbraun rösten. Währenddessen im Mörser eine pulvrige Gewürzmischung aus 5 Gewürznelken, einer ca. 3 cm langen Zimtstange und den Samen von 5 Kardamomkapseln stoßen. 2 EL Ingwer und 5 Knoblauchzehen fein reiben und mit der Gewürzmischung zu den Zwiebeln geben. Mit 2 Dosen Polpa di pomodoro (800 g) aufgießen und vor sich hin köcheln lassen. Das Hühnerfleisch aus der Marinade nehmen, etwas abtupfen und im Ofen bei höchster Grillfunktion (250 bis 270 Grad) auf einem Gitter so lange grillen, bis kleine schwarze Kanten am Fleisch entstehen; das dauert auf jeder Seite ca. 8 bis 10 Minuten. Die restliche Marinade zur Sauce gießen, etwas pürieren und 2 gehackte Chilischoten, 1 EL Zucker, 100 ml Schlagobers und 1 EL edelsüßes Paprikapulver einrühren. Das Fleisch zur Sauce geben, noch einmal mit Garam Masala und Zitronensaft abschmecken und weitere 10 Minuten leicht köcheln. Mit Safranreis, indischem Naan-Brot und grob gezupftem Koriandergrün servieren.