Denkmal für Anne Frank nahe ihres Geburtshauses in Amsterdam.

Das Copyright der Anne Frank

Während die Debatte um Adolf Hitlers Pamphlet "Mein Kampf“, das Anfang Jänner nach dem Auslaufen des Urheberrechtsschutzes in einer wissenschaftlichen Edition zugänglich gemacht wurde, zunächst rasant hochkochte und sich dann aber fast genauso schnell wieder beruhigte, blieb ein ganz ähnlich, aber ganz anders gelagerter Fall weitgehend unbeachtet. Es geht um das Tagebuch der Anne Frank.

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Vor wenigen Tagen veröffentlichte ein französischer Literaturwissenschafter den Text des niederländischen Originals auf seiner Website und berief sich dabei auf das Ende des urheberrechtlichen Schutzes 70 Jahre nach dem Tod der Autorin (die 1945 im KZ Bergen-Belsen ermordet wurde).

Die tückische Frage, ob ein derart wichtiger Text nicht besser als Gemeingut publiziert werden sollte, lassen die Fonds-Verantwortlichen nicht gelten.

Nun widerspricht freilich der Anne-Frank-Fonds als offizieller Rechteverwerter dieser Auslegung vehement: Das Tagebuch sei in seiner gültigen Fassung erst im Jahr 1986 nach tiefgreifender Edition durch Anne Franks Vater Otto erstveröffentlicht worden und demnach noch bis mindestens Ende 2036 urheberrechtlich geschützt.

Die tückische Frage, ob ein derart wichtiger Text nicht besser als Gemeingut publiziert werden sollte, lassen die Fonds-Verantwortlichen nicht gelten: Erst durch die Bemühungen der (übrigens nicht gewinnorientierten) Stiftung sei die weltweite Verbreitung der verbindlichen Tagebuchfassung sichergestellt - ein berechtigtes Argument, bedenkt man die lange Geschichte der Anne-Frank-Fälschungen zum Zwecke der Holocaustleugnung.

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur und ist seit 2020 Textchef dieses Magazins.