Darts-Star Suljović: "Die Leute wissen oft nicht, was wir leisten"
Heute startet im Londoner Alexandra Palace (im Volksmund auch "Ally Pally" genannt) die Darts-WM 2018 (Anm.: der Sender Sport 1 berichtet durchgehend bis zum Finaltag am 1. Januar live). Unter den Turnier-Favoriten ist dieses Mal auch ein Österreicher zu finden: Der Wiener Mensur Suljović ist mittlerweile die Nummer 5 der Weltrangliste und will beim größten Darts-Event des Jahres für Furore sorgen. profil hat im Vorfeld mit Suljović gesprochen.
INTERVIEW: CLEMENS ENGERT
profil: Seit unserem letzten Interview im Sommer 2015 hat sich in Ihrer Karriere einiges verändert. Damals waren Sie die Nummer 28 der Welt, mittlerweile sind sie Nummer 5. Wie erklären Sie sich diese Leistungsexplosion? Mensur Suljović: Ich habe mich vor allem im mentalen Bereich verbessert. Ich trainiere jetzt nicht unbedingt vom Umfang her mehr, jedoch viel fokussierter als noch vor Jahren. Dazu kommt, dass ich mittlerweile einfach Woche für Woche gegen die besten Spieler der Welt antrete. Da lernt man extrem viel dazu und wird konstanter. Früher habe ich mich über jede Niederlage sehr geärgert. Mittlerweile bin ich mental so gefestigt, dass ich das einfach abhake und beim nächsten Turnier wieder angreife. Es ist schön, dass ich jetzt auf diesem Level angekommen bin.
profil: Sie waren heuer zum ersten Mal in der Endauswahl (Anm.: Top 5) für die Auszeichnung des "Österreichischen Sportler des Jahres". Wie war Ihre Reaktion, als sie davon erfuhren? Suljović: Ich habe mich extrem gefreut, weil ich niemals geglaubt hätte, dass der Darts-Sport in Österreich einmal so große Beachtung finden wird. Es war wirklich eine große Ehre, gemeinsam mit Stars wie Marcel Hirscher und Stefan Kraft nominiert zu sein.
profil: Hat es in diesem Zusammenhang weh getan, dass manche Kollegen (Anm.: allen voran der Snowboarder Benjamin Karl) in Frage gestellt haben, dass Darts ein richtiger Sport ist? Suljović: Ja. Vor allem, weil es schade ist, dass Sportler über andere Sportler so urteilen. Natürlich darf jeder seine eigene Meinung vertreten, aber ich finde es nicht gut, wenn Sportler-Kollegen eine andere Sportart abwerten. Da geht es einfach um Respekt. Diese Leute wissen oft nicht, was wir leisten. Ich stehe jeden Tag fünf, sechs Stunden am Dartboard und muss dabei stets konzentriert bleiben. Das ist extrem anspruchsvoll.
Auf der Insel sprechen mich mehr Leute an als in Österreich.
profil: Darts ist in Großbritannien eine große Sache. Werden Sie dort auf der Straße mittlerweile erkannt? Suljović: Ja, eigentlich überall. Auf der Insel sprechen mich sicher mehr Leute an als in Österreich – egal, ob das im Taxi ist oder am Flughafen oder sonst wo. Ich bin sogar oft froh, wenn ich wieder nach Wien komme und dort meine Ruhe habe. Ich brauche das Rampenlicht nicht wirklich.
profil: Wie bereiten Sie sich auf die WM vor? Suljović: Die WM ist ganz speziell, weil ich im Vorfeld doch immer sehr nervös bin. Heuer sind die Erwartungen an mich natürlich besonders groß, weil ich so ein gutes Jahr hatte. Auch das Medieninteresse ist immens gestiegen. Ich freue mich natürlich über die Aufmerksamkeit, aber ich muss gleichzeitig darauf achten, dass ich mich konzentriert auf die WM vorbereite und fünf, sechs Stunden am Tag am Dartboard stehe.
profil: Welche Ziele haben Sie für die WM? Suljović: Ich hoffe, dass ich es ins Viertelfinale schaffe. Meine Auslosung ist nicht einfach in diesem Jahr, aber man muss sowieso alle schlagen, wenn man um den Turniersieg mitspielen will. Ich hoffe natürlich auch auf Fan-Unterstützung aus Österreich und Deutschland.
profil: Ihr Weltmeister-Tipp? Suljović: Ich wünsche mir sehr, dass Phil Taylor zum Abschluss seiner Karriere noch einmal den Titel holen kann. Der Favorit bleibt zwar Michael van Gerwen (Anm.: die derzeitige Nummer 1 der Welt), aber ich traue Taylor tatsächlich zu, dass er im entscheidenden Moment noch einmal alles aus sich herausholen kann. Das wäre natürlich der Wahnsinn.
DARTS FÜR DUMMIES
- Die größten Turniere sind das „Darts World Matchplay“ und die offiziellen Weltmeisterschaften „World Professional Darts Championship“, die jedes Jahr rund um die Weihnachtszeit ausgetragen werden.
- Ein Dartboard besteht aus 20 Feldern, die jeweils einen „Double ring“ (Punktezahl wird verdoppelt) und einen „Triple ring“ (Punktezahl wird verdreifacht) haben. In der Mitte des Boards liegen das grüne „Bull“ (25 Punkte) und das rote „Bull´s Eye“ (50 Punkte).
- Bei den meisten Turnieren wird im 501-Punkte-Modus gespielt: Die Spieler werfen abwechselnd ihre drei Pfeile auf die Scheibe. Die vom Spieler erreichten Punkte werden von den 501 Punkten abgezogen. Wer zuerst genau null Punkte erreicht, hat ein sogenanntes „Leg“ gewonnen. Je nach Turniermodus variiert die Anzahl der „Legs“ oder „Sets“ (ein Set setzt sich in der Regel aus drei gewonnen Legs zusammen), die gewonnen werden müssen, um ein Spiel für sich zu entscheiden.
- Entgegen einem weitverbreiteten Irrtum ist nicht das „Bull´s Eye“ das Non-Plus-Ultra, das man mit einem Dart erzielen kann, sondern das Triple-20-Feld. Das Maximum einer „Aufnahme“ aus drei Darts sind somit 180 (3x60) Punkte. Theoretisch hat man die Chance, ein 501-Punkte-Leg mit nur 9 Darts zu gewinnen – dieses sogenannte „9-Dart Finish“ kommt jedoch äußerst selten vor (von der Häufigkeit her etwa vergleichbar mit einem Hole-in-one beim Golf) und wird dementsprechend euphorisch bejubelt.
- Die beiden Darts-Nationen mit den meistens Spitzenspielern sind Großbritannien und die Niederlande – in beiden Ländern erreichen die Fernsehübertragungen der großen Turniere Rekordquoten.
- Wer in Österreich mit dem Darts-Sport beginnen will, kann sich zum Beispiel an Suljovićs Verein DC Darts-Control (http://www.darts-control.at/) wenden. Unter www.wdv-dart.at/_links/ findet sich auch eine Auflistung von Vereinen in den Bundesländern.