Gerichtsurteil

Das Fritz: Ein Besuch beim modernen Klassiker am Neusiedler See

Der ewig schicke Strandclub in Weiden am See – eine Neuvermessung des kulinarischen Pegelstands.

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„Der Neusiedler See: Ein See verschwindet“ stand im August 2022 am Cover dieses Magazins. Ein Jahr später, 2023, verschlug es mich dann an den See in die „Mole West“ – zwecks kulinarischer Pegelstandsmessung und auch um zu schauen, ob das Meer der Wiener eh noch da war. Damaliges Resümee: See noch vorhanden, „Mole West“ ebenfalls – beides eher nur durchschnittliche Euphorie erzeugend. Die „Mole“ erlitt inzwischen eine Insolvenz, zum Glück konnte der Betrieb aufrechterhalten werden.

Aber wie sieht es im Sommer 2024 aus? Nun: Der Neusiedler See ist auch heuer noch vorhanden. Es geht ihm sogar etwas besser als im letzten Jahr, und selbst wenn der Wasserstand (zu Redaktionsschluss 115,31 Meter über Adria) aufgrund der hohen Temperaturen derzeit schon wieder zurückgeht, sieht die Lage nicht so dramatisch wie in den vergangenen Jahren aus.

Beinah über geht dafür das „Das Fritz“ an einem sommerlichen Montagabend. 2017 hat das Lokal im burgenländischen Weiden am See eröffnet, die Terrasse ist heute brechend voll. Das heißt was: Platz für 110 Personen drinnen, 130 draußen, im ersten Stock noch einmal für 450 – da muss schon jedes Zahnrädchen ins andere greifen. Entspannt sieht der Herr, der unglaublich flink durch den Abend führt, tatsächlich nicht aus, aber er hat alles im Griff. Beim Blick in sein konzentriert-freundliches Gesicht denkt man selbst kurz an schwimmige, nicht enden wollende Kellner-Abendschichten zurück. Daran, wie spaßig sie waren – und wie entspannt es ist, bloß darüber zu schreiben.

„Der Sommersalat“ (Bild oben) im Hause Fritz besteht aus einer Burrata, Tomaten in verschiedenen Farben und Größen, Rucola, Jalapeño (eher wenig) und Knoblauch (eher viel), wobei Letzterer doch einigermaßen rätselhaft erscheint. Man kann die scharfen Scheiben schon mögen, sie planieren halt gnadenlos alles andere, was da noch auf dem Teller liegt. Die Scheiben des Tuna Tatakis (Bild ganz oben) sind dagegen vollumfänglich perfekt. Sie waren für Tataki-Verhältnisse genau richtig kurz auf dem Grill, haben ein bisschen Sesam sowie Feldgurke und Avocado dazubekommen. Die Küche hat damit nichts weiter gemacht, mischt man die Beilagen aber mit dem ebenfalls dazu servierten Algen-Salat, mariniert dieser das Grün. Kleiner Kniff: Der Ingwer wurde fein püriert zum Dip verarbeitet.

Bei 30 Grad im Schatten ist das herrlich knusprige Bratl vom Sur-Spanferkel (Bild oben) nicht die erste Wahl, aber trotzdem eine sehr gute. Das Chilikraut ist nur sehr leicht scharf und hätte auch „Paprikakraut“ heißen können. Die Grammelknödel sind klein, pikant, leicht gebacken und super. Von den gerösteten Eierschwammerln auf Hausmachernudeln mit Wildkräutern gibt es zu berichten, dass sie nicht in Obers ertränkt wurden und zu den Außentemperaturen besser passen als das Schwein.

Die „Patisserie am See“ (Bild unten) besteht aus einer kräftigen Schokoschnitte mit Minz-Creme und schmeckt fast exakt so, wie eine zu jeder Tageszeit – aber vor allem nach acht – genießbare Süßigkeit. Dazu kommt ein Erdbeer-Basilikum-Sorbet, welches beide Zutaten gleichwertig behandelt – ein sehr gelungener Teller.

Man kann verstehen, warum „Das Fritz“ voller ist als der See. Schon klar: Für den ruhigen Candlelight-Abend ist das hier nicht nur aus Knoblauch-Gründen nichts. Wer aber mit ein bisschen Action leben kann und nicht unbedingt das komplett durchgestylte Programm am Teller braucht, ist hier richtig. Noch etwas: Die Preise dürfen so bleiben, wie sie sind – unter Adria.

Stimmung: Raus aus der Stadt 
Empfehlung: Raus aus der Stadt
Preisverhältnis: Keine der hier probierten Speisen überschreitet 20 Euro

Das Fritz, Seebad 1, 7121 Weiden am See, dasfritz.at

Stephan   Graschitz

Stephan Graschitz

ist als Chef vom Dienst bei profil tätig.