Fußball

Wiener Sport-Club: Abschied vom magischen Areal

Vor 120 Jahren fanden auf dem Rasen des Wiener Sport-Clubs die ersten Fußballspiele statt. Abgesang auf eine der ältesten Sportstätten des Landes, ehe die Bagger für den Stadionumbau anrollen.

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Das Feld des Weinens und der Wunder misst 105 mal 64 Meter. Es trägt schlichtes Grün und ist in gut zwei Minuten der Länge nach abzuschreiten. Auf dem Rasen des Wiener Sport-Clubs türmen sich allerdings die Legenden aus der Fußballwelt, stapeln sich über Jahrzehnte angehäufte Sportgeschichten. Das Grün bündelt auf 6720 Quadratmetern die Chronik des Clubs. Der 1883 gegründete Wiener Sport-Club (WSC) ist ein Verein in den Farben Schwarz-Weiß und vieler unterschiedlicher Sportarten; Fußball ist nur eine davon. König Fußball regiert aber auch in Hernals.

Wer von der Wiener City Richtung Nordwesten fährt, die Hernalser Hauptstraße entlang, vorbei an Lokalen, die „Hühnerparadies“ und „Der Brandstetter“ heißen, erreicht nach gut 30 Minuten eine Gegend, in der vom innerstädtischen Leben nicht mehr viel übrig ist. Hier ist Vorstadt, hier erhebt sich die Sport-Club-Arena, ein fast festungsartiger Bau, der sich auf Höhe Hernalser Hauptstraße 220 als steingrauer, charmanter Klotz in das Häusergewimmel des Außenbezirks einfügt. Schön ist das erweiterte Umfeld nicht. Straßenbahnen rumpeln über die Straße, Autos stauen sich. Wer für den WSC schwärmt, liebt das Bunte und Laute.

Es ist ein hübscher Zufall, dass an diesem Montagabend der Himmel wie ein grauer Deckel auf Hernals drückt, der Regen wie Fäden, die von ganz oben herabfallen. Der Himmel weint. Hernals weint ein bisschen mit. Von der Decke der Umkleidekabine tropft es. Der Tormann der Kampfmannschaft säße auf seinem angestammten Platz im Nass.

Seit 1904 wird auf dem Sport-Club-Grün Fußball gespielt, 120 lange Jahre, so lange wie auf keinem anderen Sportplatz dieses Landes und dem Rest Europas. Allein die Briten waren mit ihrem Soccer früher dran. Diesen Samstag findet in Hernals das große Adieu statt: „Bella Ciao“, so nennt sich die letzte Party am Platz, ehe die Bagger und Lkw für den Stadionumbau anrollen werden.

Wolfgang Paterno

Wolfgang Paterno

ist seit 2005 profil-Redakteur.