Klauss erzielt per Elfmeter das Tor zum 1:1 gegen Club Brügge

Das Vorbild LASK: Wenig Geld, viel Hirn

Der LASK dient den Wiener Vereinen als Orientierungshilfe – und beraubt sie aller Ausreden.

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Red Bull Salzburg war für die Wiener Klubs praktisch. Man konnte die eigene Erfolglosigkeit und die Chancenlosigkeit auf den Meisterteller problemlos argumentieren: Red Bull Salzburg hat das meiste Geld. Punkt. Dass der Verein auch das meiste Hirn ins Spiel wirft und man ja wegen des groß aufspielenden Salzburg nicht gleich Fünfter oder Siebter werden müsse, wurde geschickt verschwiegen. Die Ausrede lautet seit Jahren: Geld spielt Fußball. Und Salzburg hat das meiste davon. Also bitte keine Diskussionen.

Doch nun wirft der Linzer ASK ein ähnlich durchkonzeptioniertes, druckvolles Spiel auf den Platz; obwohl der Verein nur dreizehn Millionen Euro pro Jahr einsetzt. Das potente Rapid Wien verfügt über 30 Millionen. Der LASK ist vor zwei Spielzeiten erst von der zweiten Spielklasse in die Bundesliga aufgestiegen. Seit Jahren verfolgt der Klub eine klare Philosophie. Alle Rädchen passen zusammen: Trainer, Spieler, Spielweise. Um den Einzug in die begehrte Champions League spielten heuer nicht Rapid oder Austria, sondern der vergleichsweise kleine und arme LASK. Zuerst wurde das favorisierte Basel eliminiert, nun dem FC Brügge ein beherzter Kampf geliefert. Bei den Linzern spielt das Konzept Fußball – nicht die Spieler machen den Verein besser, sondern das Konzept die Spieler. Der LASK hat es zum ersten Verfolger Red Bull Salzburgs gebracht – mit ähnlichen Zugängen.

Marvin Potzmann wechselte erst vor wenigen Tagen von Rapid zum LASK. Die große Stärke des LASK sei, so Potzmann, „dass jeder Spieler genau weiß, was er zu tun hat“. Philosophielosigkeit wird den Wienern seit Jahren vorgeworfen: Sie wechseln ihre Konzepte, Zugänge und Spielweisen jährlich, manchmal auch öfter. Rapid wurde in den letzten zwei Spielzeiten Dritter und Siebter. Die Austria Siebter und Vierter. Während LASK-Trainer Oliver Glasner so begehrt wurde, dass er nun den deutschen Bundesligisten VfL Wolfsburg trainiert, entwickelten sich Rapid und Austria zum Trainerfriedhof. Josef Hickersberger war 2005 der letzte Rapid-Coach, der Begehrlichkeiten bei der Konkurrenz weckte und vom ÖFB als Teamchef verpflichtet wurde. Die letzten Rapid-Trainer hießen Schöttel, Barisic, Büskens, Canadi, Djuricin und Kühbauer. Präsident Michael Krammer zuckte vor einem Jahr pampig mit den Schultern, als die Ideenlosigkeit bei der Verpflichtung von Vereinslegende Didi Kühbauer kritisiert wurde: Wen solle man denn bitte holen? Jürgen Klopp? Sollte heißen: Rapid hat nicht das Geld, um einen Trainerstar nach Wien zu lotsen; also bleibe nur Kühbauer.

Red Bull Salzburg jedenfalls feiert erst große Erfolge seit man auf fertige Trainerstars wie Giovanni Trapattoni verzichtet und aufstrebende Jung-Coaches verpflichtet. Die Salzburg-Trainer Roger Schmidt, Marco Rose und Jesse Marsch waren wohl selbst Fußball-Freaks kein Begriff, ehe sie zu Trainerstars wurden. RB Salzburg hat in den letzten Wochen beinahe die gesamte Mannschaft und den Erfolgstrainer gewinnbringend verkauft und funktioniert trotzdem perfekt. Bei den Wiener Traditionsvereinen wird man schnell ungeduldig und wechselt mit jedem Trainer die Spielweise, weil man jedes Jahr aufs Neue der Meinung ist, am Falschen festgehalten zu haben. Spieler, Trainer und Spielweise passten selten zusammen. Zwar wollte die Austria mit dem Red Bull-Coach Thomas Letsch und dem Trainer-Rookie Christian Ilzer auch modern werden – doch die Spieler schienen nicht zum gewünschten Konzept zu passen.

Der LASK zeigt: Eine Spielphilosophie kostet weniger Geld als Hirn.

Vieles scheint weniger eine Geldfrage zu sein – beide Wiener haben viel mehr Mittel als die Konkurrenz hinter Salzburg. Rapid könnte (wie das viele deutsche Bundesligisten tun) die deutschsprachigen Ligen (bis in die dritte Leistungsstufe) nach Trainern durchsuchen, Spielweisen beobachten und dadurch Trainer-Talente, die zur eigenen Philosophie passen, schnell erkennen und verpflichten. Doch dafür würde es zuerst eine klare Spielphilosophie benötigen, nicht nur halbherzige Beteuerungen, man wolle offensiv und kampfbetont auftreten. Dem letzten Rapid-Sportchef Fredy Bickel gefiel die Idee der Spielphilosophie zwar; doch er hielt sie für zu teuer für einen Verein wie Rapid. Der LASK zeigt: Eine Spielphilosophie kostet weniger Geld als Hirn. Rapid wiederholte – ähnlich wie die Austria – in den letzten Jahren die selben Fehler und verpflichtete den erfolglosen Mike Büskens (weil er laut Sportdirektor Müller „alternativlos“ war), Damir Canadi (weil er mit Konterfußball einen Außenseiter nach oben führte) und Didi Kühbauer (weil das die Fans erstmals besänftigte). Im Gegensatz zum LASK oder RB Salzburg konnte kein Betreuer gewinnbringend veräußert werden. Im Gegenteil.

Der LASK zeigt den Wienern gerade ein nachhaltiges Modell – ohne volle Geldspeicher. Für den Europacup wolle man keine Spieler zusätzlich verpflichten, sondern bei Bedarf der Jugend eine Chance geben. Und dass die Philosophie mittlerweile den Klub trägt, zeigte der Trainerwechsel von Oliver Glasner zu Valerien Ismael. Das Team spielt weiterhin denselben Fußball – weil das Konzept im Hintergrund jede Personalentscheidung beeinflusst.

Den Wienern ist durch den Erfolg der Linzer die Ausrede abhanden gekommen, dass eine klare Philosophie nur mit viel Geld zu bewerkstelligen ist. Auch Rapid feierte in der letzten Saison beachtliche Erfolge im Europacup, doch eine klare Spielidee (wie der LASK sie hat) wurde nicht entwickelt. Während Rapid gerade ein altbackenes Konter-Modell zu etablieren versucht und die Austria im nächsten Neustart festhängt, ist der LASK einige Schritte voraus. Nicht, weil er (im Gegensatz zu den Wienern) im Europacup spielt, sondern weil er eine Philosophie entwickelt hat, die dem Klub (auch ohne viel Geld) einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil bringt.

Gerald Gossmann

Gerald Gossmann

Freier Journalist. Schreibt seit 2015 für profil kritisch und hintergründig über Fußball.