Gerichtsurteil

Die neue Bar von Alexandra und Roberto Pavlović-Hariwijadi

Die Bar-Legenden Alexandra und Roberto Pavlović-Hariwijadi sind nach dem „Roberto“-Konkurs zurück – mit „Alexandra“.

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Das Jahr 2024 begann für den in Wien weltberühmten Barkeeper Roberto Pavlović-Hariwijadi leider mit einer Niederlage: Alle drei seiner „Roberto“-Bars mussten schließen. Als Grund für den Konkurs nannte man damals die Folgen der Covid-19-Pandemie – und das veränderte Ausgehverhalten der Gäste. Danach hatte man im Hause Pavlović-Hariwijadi mehrere Ideen: eine Aperitif-Bar aufsperren – und dem weiblichen Part der Familie den Vortritt lassen. Im September kam dann das Ergebnis in bester Wiener Innenstadtlage (genauer: in der Seilergasse 14) zur Welt: Alexandra Pavlović-Hariwijadi eröffnete die „Alexandra – Bar Aperitivo“. Diese sperrt dienstags bis samstags um 11 Uhr auf, am Sonntag erst um 15 Uhr.

Weil es zu dieser Tageszeit aber schwierig ist, die profil-Redaktion zu verlassen und ein paar Cocktails später mit gewinnbringend-motiviertem Gesichtsausdruck wieder am Schreibtisch zu erscheinen, entscheide ich mich für einen Besuch zur abendlichen Rushhour. Die knallvolle Bar gleicht an einem Mittwochabend gegen 20 Uhr einer Lokalität aus einem Woody-Allen-Film (Spätwerk): Herrenrunden mit Hemd, Damenrunden mit Frisur, fast wirklich entspannte Thirtysomethings. Die großen Spiegel im Raum sind beschriftet und dienen auch als Karte – sehen und von sich selbst gesehen werden!

Jeder kennt hier jeden – und die beiden Gastgeber freuen sich ernsthaft über jeden, der kommt. So herzlich wie hier wurde ich jedenfalls in letzter Zeit nicht einmal in der profil-Redaktion empfangen. Die Barkarte zeigt einen Querschnitt durch Champagner-Cocktails, Vodka-Cocktails, Whiskey-Cocktails, Cognac-Cocktails, Agaven-Cocktails, Rum-Cocktails usw.

Der sehr süffige „Passion Fruit Bellini“ (11 Euro) geht optisch eher in Richtung Blutorange, er hat eine cremige Textur, das Fruchtmark ist angereichert mit einem Haus-Frizzante vom Fass, erklärt das Service. Der wunderbar runde Negroni aus Campari, Gin und Antica Formula-Wermut versprüht dank der breiten Orangenzeste ein sehr intensives Zitrus-Aroma. Bei so viel Aperitif kommt Hunger auf, die Snacks sind allesamt italienischer Prägung.

Leider steht das Essen im „Alexandra“ den Drinks doch ein bisschen nach. Klar: Es geht hier nicht um italienische Spitzenküche der Marke „Bottura“ – ein bisschen mehr wäre aber schon drinnen gewesen: Die kleine Portion dünn geschnittenes Kalbfleisch mit Thunfischcreme und vielen Kapern ist tadellos – und bissi fad (Bild oben, 26 Euro). So etwas bekommt man ein paar Meter weiter bei „Zotter am Graben“ um ähnliches Geld mit hochwertigeren Kapern und flambierten Sardellen. Die Focaccia mit San-Daniele-Schinken (15 Euro) ist genau das: Weißbrot und Schinken. Die Trüffelpommes (Bild unten) sind dafür sehr viele – und auch Parmesan gibt es reichlich. Das Problem: Man arbeitet mit Trüffelöl. Dass sich bei 10 Euro pro Portion keine weißen Trüffeln ausgehen, ist geschenkt, aber etwas, das nach Pilz aussieht, hätte schon anwesend sein dürfen.

Also zurück zu den Drinks, Menüpunkt „Alexandra Cocktails“ (Bild ganz oben). Der „Bobe Special“ ist eine amüsant-schäumende Mischung aus Gin, Pfirsich, Limette und Ananassaft, welcher das ganze Unterfangen letztlich auch dominiert. Die alkoholfreie „Virgin Bitter Sweet Symphony“ besteht aus Holunder, Grapefruit und Limetten. Eine ergänzende Himbeere prägt den Drink – und das ist die beste Idee überhaupt. Denn eigentlich kann einem dieses Getränk nur dann nicht schmecken, wenn man Himbeeren nicht mag, was zumindest mir ziemlich unmöglich erscheint.

In den Kernkompetenzen überzeugt die „Alexandra – Bar Aperitivo“ auf ganzer Linie. Die Gastgeber samt Team agieren freundlich und souverän, die Getränke sind fantastisch. Bei den Snacks gibt es noch Luft nach oben – und unterm Strich bleibt zu hoffen, dass sich Qualität diesmal auszahlt. Wenn es hier immer so zugeht wie am besagten Mittwochabend, stehen die Zeichen dafür sehr gut.

Stimmung: 1. Wiener Gemeindebezirk in a nutshell
Empfehlung: trotzdem hingehen
Preisverhältnis: der Lage entsprechend 

Alexandra – Bar Aperitivo, Seilergasse 14, 1010 Wien 
instagram.com/alexandra.bar.aperitivo/

Stephan   Graschitz

Stephan Graschitz

ist als Chef vom Dienst bei profil tätig.