Die Politik der K-Pop-Fans

K-Pop-Fans mischen sich neuerdings in die Politik ein und sind dabei besser organisiert als die meisten Parteien.

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Sie scheinen sich nicht umsonst "A.R.M.Y" - also Armee - zu nennen: Fans der K-Pop-Gruppe BTS und Fans der Musikrichtung Korean-Pop allgemein haben die politische Arena betreten - wenn auch nicht physisch. Als US-Präsident Donald Trump vergangene Woche eine Wahlkampfrede in Tulsa, Oklahoma halten wollte, rechnete er mit einer Million Besucher. Was er nicht wusste: K-Pop Fans hatten nach eigenen Angaben im Voraus Hunderttausende Tickets dafür reserviert, nur um dann nicht aufzutauchen. Tatsächlich kamen nur etwas über 6000 Unterstützer zu dem Event. Trump musste vor leeren Rängen sprechen.

 

 

 

US-POLITICS-TRUMP-VOTE-2020

Es war nicht der erste Streich der global organisierten Fans. Als die Polizei von Dallas eine Handy-App veröffentlichte, die Bürgern dabei helfen sollte "illegale" Aktivitäten, auch rund um die Black Lives Matter-Proteste, aufzuzeichnen und direkt an die Polizei zu schicken, wurde die Anwendung innerhalb kürzester Zeit von Fan-Videos verschiedenster K-Pop-Bands überschwemmt, bis sie schließlich nicht mehr funktionierte.

Dasselbe passierte mit dem Twitter-Hashtag #whitelivesmatter, über den rassistische Postings verbreitet wurden.

Die K-Pop-Fans oder "Stans" agieren als eine Art Internet-Guerilla. Nur dass sie sich nicht verstecken, viel mehr verstehen sie die sozialen Medien und ihre Mechanismen einfach viel besser, als es ein Trump-Wahlkampfteam oder jeder über 20 je könnte.

So verhelfen sie ihren liebsten Bands auch zu globaler Bekanntheit. Mittlerweile können sich BTS in ihrem Erfolg durchaus mit den Beatles messen. Westliche Popstars wie Justin Bieber und Lady Gaga kollaborieren gerne mit den südkoreanischen Idolen, offiziell, um sie zu unterstützen, inoffiziell wollen sie aber wohl am Erfolg, den die Gruppen auf Plattformen wie YouTube haben, teilhaben: Die Girl-Group Blackpink brach kürzlich mit ihrer neuen Single den Weltrekord für das in 24-Stunden meistgesehene Youtube-Video: 82 Millionen Mal wurde es am ersten Tag angeklickt. Und das, obwohl ihre Texte großteils in Koreanisch verfasst sind.

Erfolgsrezepte aus der Popmusik der letzten 60 Jahre und perfektes Marketing sorgen dafür, dass die Message der unerschütterlichen Selbstliebe trotzdem ankommt. Die ist wohl auch der Grund, warum sich so viele Menschen, die in ihrem Alltag marginalisiert werden, als K-Pop-Fans gut aufgehoben fühlen. Sie sind es auch, die die Bewegung politisieren. Denn von den Stars selbst gibt es kaum politische Statements zu hören, BTS ist hier die Ausnahme, wenn auch eine große. Als BTS und ihre Plattenfirma eine Million Dollar an die Black Lives Matter-Bewegung spendeten, sammelten die Fans ebenso viel.

Das K-Pop-Fantum hätte alle Elemente einer erfolgreichen politischen Graswurzelbewegung. Als K-Pop-Fan ist man weit mehr in den Erfolg der Künstler involviert, versucht sie in die Charts zu bringen, ihre Beiträge auf Twitter erfolgreich zu machen, einfach jedes ihrer Projekte zu bewerben. Dabei gehen die Fans professionell organisiert vor, allein der Twitter-Account "Austrian Army Base" hat über 19.000 Follower. "Sobald es zum Beispiel ein Voting für eine Award-Show gibt, posten die Fans den Link auf fast jeder App, so erfährt man ziemlich schnell davon", meint auch Lisa im Gespräch mit profil. Ihr gefällt an K-Pop die positive Message, Mit-Fan Linda die häufigen Interaktionen der Bands mit ihren Fans auf den verschiedenen Plattformen.

Freundin Ronja fällt dort auch momentane Politisierung auf: "Auf Twitter werden mir nicht mehr so viele K-Pop-Sachen angezeigt, sondern fast nur noch Beiträge zu Black Lives Matter". Gemeinsam wollen sie bald alle zu einer Black Lives Matter-Demo gehen.