Gerichtsurteil

Die Rooftop-Bar „Cayo Coco“ im brandneuen Hotel „The Hoxton“

Mojitos, Snacks und Kuba-Flair: Die Bar „Cayo Coco“ im neu eröffneten Wien-Ableger der Hotelkette „The Hoxton“.

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Der motivierte Herr am Empfang des ersten Österreich-Ablegers der britischen Hotelmarke „The Hoxton“ wirkt ein bisschen aufgekratzt. Von so viel Erfolg gleich zum Start sei man etwas überrascht worden. Deshalb sei es gerade – weiterer Kausalzusammenhang nicht erkennbar – unmöglich, mit dem „normalen“ Lift nach oben zu gelangen. Blöd, weil ebendort, im Dachgeschoss des ehemaligen Gewerbehauses am Rudolf-Sallinger-Platz, der Grund des Besuchs liegt: eine Rooftop-Bar namens „Cayo Coco“.

Hinter der schlichten Fassade des einst von Carl Appel gestalteten Gebäudes wurde – mit sichtlich großem Budget – eine schicke Herberge mit in die Gegenwart überführter Retro-Ästhetik errichtet. Verköstigt werden Gäste im ebenerdigen Bistro „Bouvier“, in der Underground-Bar „Salon Paradise“ – und eben im Dachaufbau.

Nach der Fahrt mit dem großzügig angebotenen „VIP“-Lift, die sich fast so anfühlt, als würde es sich um einen ganz normalen Aufzug handeln, endlich: Kuba. Der karibische Inselstaat dient hier als Leitmotiv (Cayo Coco ist eine Insel vor der kubanischen Nordküste). Etwas cool ist leider auch das Wetter, also einen Tisch im Inneren bitte, und voilà: Palmenblatt im Genick. Der Tisch steht so nah an der üppigen Pflanzendekoration, man könnte fast fürchten, dass sie der Minze im Mojito Konkurrenz macht.

Der ist seinerseits nämlich nicht besonders stark, die „Cayo Coco“-House-Rum-Blend wurde eher sparsam eingesetzt, aber Alkohol im Dienst ist eh verboten, also weiter mit einem „Seaward Spritz“, der auf der Basis der alkoholfreien Spirituose „Pentire Seawird“ steht, die im Geschmack an Gin erinnert. Dazu kommt eine Mischung aus Himbeeren, Limettensaft und Ginger Ale, ja eh. Insgesamt ist die Bar-Karte umfangreich, aber nicht ausufernd. Preislich ist das ähnlich: Man kann man sich einen Olmeca Altos Plata um 11 Euro gönnen oder aber auch zum Patron-El-Cieo-Destillat um schlappe 40 Euro das Stamperl greifen.

Die Snacks sind gemessen an der Portionsgröße nicht gerade günstig, dafür aber billig in der Präsentation: Fast alles kommt hier in Plastikservierkörben angetuckert. Die grob gehackte Wolfsbarsch-Ceviche besteht aus mehr rotem Zwiebel als aus Wolfsbarsch; Limettensaft drüber, Granatapfelkerne dazu – das hätte ein bisschen mehr Schmackes vertragen. Der Koriander macht derweilen unbeirrt seinen Job: Er lässt jedes Gericht genial erscheinen – oder ruft pure Abneigung hervor. Die „Cuban Fries mit Spicy Majo“ sind sehr dünne, sehr scharfe und sehr knusprig frittierte Pommes, ein bisschen Rosmarin ist noch dazugekommen. Ein feiner Standard-Snack, passt so.

Spaßiger dann die frittierten Schweinebauchwürfel „Chicharrones“. Dazu gibt es eine Limettenspalte, die in einer Gewürzmischung gewälzt wurde. Diese lässt den gepressten Saft zu einer Sauce gerinnen und hebt damit den Snack über Standardniveau. Ein solches Detail fehlt dem vegetarischen, mit Avocado, Tomaten und Kraut gefüllten „Cuban Sandwich“, das etwas verloren in seinem Plastikkörbchen auf Verzehr harrt.

Am Weg nach unten steigt ein Koch mit in den „VIP“-Aufzug. Könnte das Getue um den Lift womöglich ein bisschen überzogen gewesen sein und der Geheimlift eigentlich ein Personallift – oder gar wirklich nur ein normaler Aufzug sein? Man wird es nie erfahren, den zwiespältigen Eindruck verstärkt die Situation trotzdem: Das Panorama der Wiener Innenstadt ist im „Cayo Coco“ zweifellos wunderbar, die Karte und eine drei Tage nach der Eröffnung schon sehr gut eingespielte Servicebrigade machen ebenfalls nicht viel falsch. Bloß: So außergewöhnlich, wie das Ganze gern wäre, ist es halt leider einfach nicht. Aber die Fassade ist super!

Stimmung: Poser:innen-Modus aktiv
Empfehlung: Mit jemandem hingehen, dem man weismachen will, dass man selbst reich ist, wofür man allerdings nicht wirklich viel Geld ausgeben will
Preisverhältnis: Cocktails zwischen 13 und 15 Euro, Speisen zwischen 6 und 14 Euro

The Hoxton Rudolf-Sallinger-Platz 1, 1030 Wien; thehoxton.com/de/vienna

Stephan   Graschitz

Stephan Graschitz

ist als Chef vom Dienst bei profil tätig.