Gesellschaft

Drama Kontaktabbruch: Wenn Kinder sich „enteltern“

Ein Kontaktabbruch innerhalb von Familien geht meistens von den erwachsenen Kindern aus. Oft bleiben die verlassenen Eltern dabei ratlos und schwer gekränkt zurück. Was Betroffene erzählen, Experten raten und welche Dynamiken hinter solchen radikalen Entschlüssen stecken.

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Aus, Schluss, auch aus purem Egoismus. „Ich habe abgeschlossen, auch um mich selbst zu schützen“, resümiert ein Vater, dessen erwachsener Sohn seit fast einem Jahrzehnt den Kontakt mit den Eltern verweigert: „Ich kann nichts mehr anderes tun, als ihm aus ganzem Herzen ein schönes Leben zu wünschen.“ Seine Frau, eine Sonderpädagogin, ist nicht in der Lage, ihre Phantomschmerzen so radikal auszublenden: „Als Mutter bin ich da anders, ich werde nie mit diesem Verlust abschließen können.“ Die zerstörerische Dynamik nahm ihren Anfang, als der erwachsene Sohn eine neue Freundin hatte: „Die Freundin war der Meinung, dass wir sie nicht respektierten. Und hat ihren Einfluss auf unseren Sohn geltend gemacht.“ Inzwischen wissen die Eltern nicht mehr, ob ihr Sohn mit der Frau noch zusammen ist, geschweige denn, wie es in seinem Leben sonst aussieht: „Er reagierte nie auf unsere Signale.“ 

Dabei war das Zusammenleben, abgesehen von den „in der Pubertät normalen“ Auseinandersetzungen, nach Ansicht der Eltern harmonisch verlaufen, man habe eigentlich ein gutes Verhältnis gehabt. Der radikale Bruch hinterlässt beide mit vielen Fragezeichen, Fragezeichen, die erschöpfen und deprimieren. „Ein psychologischer Erklärungsversuch“, so der Vater, „ist, dass er diesen Schnitt gebraucht hat, um sich irgendwie von uns abnabeln zu können. Vielleicht glaubte er, das sonst nicht schaffen zu können.“

„Erst aus der Distanz sind die Kinder in der Lage, Problematiken zu erkennen.“

Claudia Haarmann, Psychotherapeutin

Doch psychologische Erklärungen lindern die Schmerzen, die eine familiäre Leerstelle hinterlässt, nur an der Oberfläche. Die Kränkungen und Verletzungen, mit denen die Eltern zurückgelassen werden, sind nicht mit den Prinzipien der Ratio abzufedern.

Der Schmerz ist allerdings oft beiderseitig. Es bleibe „ein furchtbares Ohnmachtsgefühl“ zurück, das „fast an einen körperlichen Schmerz grenzt“, so die auf diese Thematik spezialisierte deutsche Psychotherapeutin Dunja Voos, die selbst mit ihren Eltern gebrochen hatte: „Ich habe mithilfe einer Analytikerin den Weg zurück gefunden.“

Angelika   Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort