Eatdrink: Der Feind auf meinem Teller

Löwenzahn: zwei Rezepte mit dem nützlichsten Unkraut im Garten.

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Aus gärtnerischer Sicht ist die Zeit nach der ersten Löwenzahnblüte Krieg. Wenn die Geschwader aus haarigen Schirmen, die jeweils eine Samenbombe tragen heranschweben, kannst du eigentlich nur noch Richard Wagners "Walkürenritt“ auflegen. Kurze Zeit später sprießt es überall, in jeder noch so kleinen Ritze, gerne dort, wo man mit dem Unkrautstecher möglichst schlecht hinkommt; besonders gerne in Beeten. Und wenn du die lange Pfahlwurzel kappst, ist das dem Löwenzahn aber so etwas von egal, weil er nämlich aus den Wurzelresten neu entsteht. Das gelbe Blütenmeer ist auf einer Wiese, die nichts anderes zu tun hat, als Wiese zu sein, ein hübscher Anblick, in meinem Gemüsegarten ist der Löwenzahn mein Feind.

Dennoch ist der Löwenzahn auch ein nützliches Unkraut. Man müsste ihn schon allein deshalb in diesen Gedenktagen feiern, weil er in der Besatzungszeit vom Kriegsende 1945 bis zum Staatsvertrag 1955 eine bedeutende Rolle spielte: Aus der getrockneten Wurzel wurde ein Kaffeeersatz, der Zigurikaffee, gewonnen.

Aber nun zur Küche: Ich habe einen Korb voller Pflanzen aus den Beeten entfernt. Jetzt wird sortiert. Ich klaube die finger- bis handlangen Blätter für einen Salat, der zu meinen liebsten geworden ist, heraus, nämlich den Röhrlsalat; und danach die noch geschlossenen Knospen für ein paar Gläser falscher, aber fein nussig schmeckender Kapern. Die sind eine wunderbare Beigabe zu frühlingshaften Frischkäsegerichten, lassen sich aber auch als kleine Nascherei zum Aperitif aus einer Schüssel pflücken. Und während ich das alles koche, schweben draußen schon die nächsten Luftgeschwader heran.

Steirischer Röhrlsalat

Für 4 Personen: 1 armdicken Bund junge Löwenzahnblätter (derzeit wächst schon die zweite Generation; die ist aber ebenso gut wie die erste) säubern, waschen und vorsichtig trockentupfen. 300 g speckige Erdäpfel (am besten Kipfler) kochen, schälen und in Würfel oder dünne Scheiben schneiden. 4 Eier in 10 Minuten hartkochen. Zwei Dotter durch eine Knoblauchpresse in eine Schüssel für die Marinade drücken, das Eiweiß aller Eier klein würfeln. Folgende Zutaten zu den Dottern geben: 1 TL Estragonsenf, 1 TL brauner Zucker, 6 cl Apfelessig, 8 cl Kürbiskernöl, 1 fein gehackte Jungzwiebel, 1 kleiner Schuss Rindsuppe, Salz und Pfeffer. Mit einem Quirl aufschlagen, bis die Marinade emulgiert. Löwenzahn und Erdäpfel mit der Marinade vermischen. 5 bis 6 EL Speckwürfel in kochendes Wasser werfen und nach 10 Sekunden in ein Sieb abschütten. Die Würfel in einer Pfanne ohne Fett knusprig rösten und etwas auskühlen lassen. Dann mit den Eiweißstücken über den Salat streuen. Wichtig: Die Zubereitungslogistik sollte so ablaufen, dass die Erdäpfel und der Speck beim Servieren noch lauwarm sind. Eventuell noch ein paar Schlieren Kernöl über den Salat ziehen.

Löwenzahnkapern

Je nach Volumen der (in kochendes Wasser eingelegten) Schraubgläser Apfelessig und Wasser im Verhältnis 1:1 mit folgenden Zutaten in einem Topf aufkochen und 5 Minuten heiß ziehen lassen: 1 Lorbeerblatt, je 1 bis 2 Zweige Thymian und Estragon, 1 EL brauner Zucker, 1 Lorbeerblatt, je 1/2 TL Salz und Fenchelsamen und 1 EL Honig. Den Sud durch ein Sieb schütten und in einer Schüssel auffangen. Die gewünschte Menge (je nach Anzahl und Größe der Gläser) gewaschener Löwenzahnknospen in den Topf geben und den heißen Sud darüber leeren. 1 Minute warten und den Sud wieder durch ein Sieb für die Knospen in eine Schüssel abschütten. Die Knospen in die Gläser geben, mit dem Sud vollständig bedecken, noch heiß verschließen und einen halben Tag auf den Kopf stellen. Danach umdrehen und ca. 2 Wochen kühl und dunkel reifen lassen.