Noch zu klären: Was wurde eigentlich aus Keanu Reeves
Echt jetzt?

Warum wir alle in der „Matrix“ leben. Vielleicht

Warum wir alle in der „Matrix“ leben. Vielleicht.

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Beim täglichen Nachrichtenkonsum sprang uns in letzter Zeit regelmäßig ein Gedanke an. Nämlich: Das kann doch alles nicht wahr sein. Nun, das ist es vielleicht auch gar nicht. Denn womöglich ist die Welt eben doch nicht alles, was der Fall ist. (1) Unter Erkenntnistheoretikern mit Technik-Affinität (also zum Beispiel den meisten Silicon-Valley-CEOs) wird die alte „Matrix“-These (2), dass unsere Welt nur eine Computersimulation ist, neuerdings mit zunehmender Ernsthaftigkeit erwogen. Für den Gründer von PayPal und Tesla, Elon Musk, besteht diesbezüglich sogar überhaupt kein Zweifel mehr: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschheit nicht in einer Simulation lebt, bezifferte Musk bei einer Technik-Konferenz jüngst mit eins zu „mehreren Milliarden“. (3) Die Bank of America wiederum ging, branchentypisch zumindest ein wenig vorsichtiger, in einem Kundenreport im September davon aus, dass wir mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 bis 50 Prozent in einer Art Matrix leben. (4) Und laut einem Bericht des Magazins „New Yorker“ finanzieren aktuell mindestens zwei (ungenannte) Silicon-Valley-Milliardäre Grundlagenforschung zur Frage, wie man aus der Simulation wieder in die echte Wirklichkeit zurückkommen könnte. (5)

Bleibt die Frage: Was wurde eigentlich aus Keanu Reeves?

1) Neben seinem weltberühmten ersten Satz hielt Ludwig Wittgenstein im „Tractatus logico-philosophicus“ übrigens auch Folgendes fest: „Das Bestehen und Nichtbestehen von Sachverhalten ist die Wirklichkeit.“

2) Schlüsselfrage aus der Filmtrilogie von Larry und Andy (mittlerweile: Lilly und Lana) Wachowski: „Hattest du jemals einen Traum, der dir vollkommen real erschien?“

3) Elon Musks Argument, in aller Kürze: Vor 40 Jahren bestanden Computerspiele noch aus zwei weißen Linien und einem Punkt, der stumpf zwischen diesen hin und her prallte. Heute spielen Millionen von Menschen gemeinsam in fotorealistischen 3D-Umgebungen und jagen fiktive Plüschfiguren im Stadtpark. Nimmt man nun an, dass diese Entwicklung auch nur annähernd so rasant weiterschreitet, ist die baldige Ununterscheidbarkeit von Realität und Simulation sehr, sehr wahrscheinlich, damit aber auch die Tatsache, dass es längst so weit ist, ohne dass wir es gemerkt haben.

4) Die Banker beziehen sich dabei auf den schwedischen Philosophen Nick Bostrom, der diese These schon im Jahr 2003 im Journal „Philosophical Quarterly“ darstellte und mit Formeln unterlegte, die wir hier leider nicht näher erläutern können.

5) Bis die ersten Ergebnisse publik werden, darf man sich immerhin daran freuen, dass es endlich eine Erklärung für das erstaunlich unrealistische Verhalten von Quanten und westlichen Demokratien gibt: Irgendeine künstliche Intelligenz hat sich wohl einfach verrechnet.

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur und ist seit 2020 Textchef dieses Magazins.