„Das Ziel ist Volksverblödung. Denen geht es nicht um eine Förderung der Demokratie, im Gegenteil. Sie wollen, dass es für Qualitätsmedien möglichst wenig Geld und nur schlechte Journalisten gibt.“ Schalko schneidet den Rand seiner Pizza gerade in kleine, leicht verdauliche Stücke, dann salzt er einmal kräftig nach. Wir reden über die bevorstehende Nationalratswahl, und Schalko ist dabei ziemlich explizit: „Die kritische Öffentlichkeit geht vor die Hunde. Man muss keine Illusionen haben, was Herbert Kickl für ein Mann ist. Alles, was Heinz-Christian Strache auf Ibiza gesagt hat, das hat Kickl doch auch gewusst. Er war immer Teil des Systems, und wenn ich nur an diese Geschichte mit der Werbeagentur in Kärnten denke, an der er beteiligt war.“ Schalko spricht schnell, seine Gedanken hüpfen umher, man merkt ihm an, dass er darüber nicht zum ersten Mal redet, und zwar eher nicht auf Burschenschafter-Buden. Ob man das wirklich alles so sagen kann? Und ob man den Aufstieg der FPÖ unter Herbert Kickl nicht vielleicht ein bisschen gelassener sehen könnte, weil da am Ende ja immer noch eine Verfassung ist, die den gröbsten Blödsinn verhindern würde? Schalko schüttelt den Kopf: „Ich bin mir nicht sicher, ob die Demokratie einen Kickl wirklich aushält. Wenn solche Leute mal an der Macht sind, dann kriegt man sie schwer weg. Kickl ist fix kein Demokrat, aber ich bin irgendwie noch guter Dinge, dass er im Herbst doch nicht Erster wird. Irgendwas wird noch hochkommen, denn Dummheit und Gier haben sich bei der FPÖ schon immer gut verstanden, und die Chance der Selbstbeschädigung ist bei denen hoch.“
Schalko ist kein Freund der FPÖ, das war er noch nie, skurrilerweise hängt seine Karriere trotzdem zumindest indirekt mit dem Aufstieg der Blauen zusammen. Seine ersten größeren ORF-Produktionen drehte er Anfang der 2000er-Jahre, wirklich groß wurde er mit dem Satire-Format „Dorfers Donnerstalk“, bei dem Schalko Regie führte. Die Sendung war auch deswegen so erfolgreich, weil sie sich an der damaligen ÖVP-FPÖ-Koalition abarbeitete. Es war ein „Feigenblatt“, sagt Schalko heute: „Der ORF hat das zugelassen, weil sowohl die Politik als auch die Senderchefs damals zeigen wollten, dass sie nicht so sind wie ihr repressives Image. Schwarz-Blau 1 hat aber offenbar die Kraft des Humors unterschätzt und daraus gelernt – bei der Koalition von Sebastian Kurz und Strache gab es solche Formate jedenfalls nicht mehr.“ Und heute? „Es gibt das Format der politischen Unterhaltung nicht mehr“, sagt er. „Die Zeit der Late Night ist vorbei. Vielleicht liegt es auch daran, dass es keine Gegner gibt. Kurz war ja noch satisfaktionsfähig, Nehammer ist es jedenfalls nicht.“
David Schalko wurde 2023 50 Jahre alt, und man merkt ihm das auch an, auf eine gute Art. Die Haare werden grauer, der Bart wilder, insgesamt wirkt Schalko aber etwas ruhiger als früher, weniger gehetzt, weniger getrieben und mit Ideen um sich werfend. Auch sein Wikipedia-Eintrag ist nicht mehr so penibel geführt wie noch vor zehn Jahren. Irgendwie scheint es, als hätte sich bei David Schalko in den vergangenen Jahren der Fokus etwas verändert. Er sagt, dass er im Moment wenig Fernsehen konsumiert und schon gar keine Serien schaut. Interessiert ihn nicht, sagt er. „Mir fehlt die Geduld für mittelmäßige Serien.“ Stattdessen geht er lieber ins Kino, da ist die Erzählung komprimierter und interessanter. „Es werden sowieso viel zu viele Sachen produziert“, sagt er dann, darunter leide die Qualität, und man kann ihm da wirklich nicht widersprechen. Doch die Hauptfrage bleibt: Warum ist im Fernsehen so wenig lustig? Auch „Willkommen Österreich“, von Schalko erfunden und nach wie vor von seiner Firma produziert, wirkt, vorsichtig gesagt, ein wenig in die Jahre gekommen. Schalko denkt nach. Über „Willkommen Österreich“ will er nichts sagen, außer dass Sendungen prinzipiell immer Lebensphasen haben und dass diese „jetzt mit 20 Jahren sicher nicht mehr in der Pubertät ist, aber nach wie vor sehr viel Potenzial hat“. Er schneidet sich weiter durch seine Quattro Stagioni (12 Euro) und überlegt. „Vielleicht liegt es daran, dass sich die Menschen ihre Witze mittlerweile selbst machen“, sagt er dann. „Das ganze Internet ist voll davon, jeder von uns hat in seiner Social-Media-Timeline mehr Gagwriter als eine Fernsehsendung jemals haben wird.“ Außerdem würde Humor „eine gewisse Intelligenz“ voraussetzen: „Und wer weiß, vielleicht erleben wir gerade, wie das Land auch intellektuell auf seine Mittelmäßigkeit schrumpft.“
Wir sind mit der Pizza fertig, David Schalko schaut auf die Uhr, er ist bereits mit dem Kameramann für sein nächstes Projekt, eine Miniatur für die ARD, verabredet. Wir verzichten auf ein Dessert und bestellen doppelte Espressi. Die Inneneinrichtung hier ist zugegeben gewöhnungsbedürftig, die Wände sind mit Semipromi-Fotos vollgepflastert wie in einer Vorstadt-Pizzeria, dazwischen hängt vielleicht ein bisschen zu viel Italo-Kitsch, aber dafür kann die Pizza nichts, die, sagt Schalko, schmeckt nämlich seit Jahrzehnten gleich. Allein dafür, dass die Inhaber nicht jeden Hipster-Pizza-Hype der vergangenen Jahre mitgemacht haben, sollte es eigentlich Extrapunkte geben.
Und das gilt irgendwie auch für David Schalko.