#Eurosummer: Das heiß begehrte Reiseziel der Generation TikTok
Soziale Netzwerke wie TikTok oder Instagram sind voll von Videos junger Amerikaner:innen, die den heurigen Sommer in Europa verbringen. Ihren #Eurosummer teilen sie aus Reisen in Italien, Frankreich oder Spanien mit der Welt im Internet. Auch Wien wird vermehrt zum Ausflugsziel.
„De-Influencing Vienna“
Die TikTokerin Leyanna Taylor machte während ihres sechsmonatigen Europa-Trips auch Halt in Wien. Drei Tage blieb sie in der Bundeshauptstadt und schaute sich touristische Hotspots, wie den Naschmarkt, das Hundertwasserhaus oder das Kunsthistorische Museum an. Taylor nannte die Videoreihe, in der sie ihre Wien-Reise dokumentierte, „De-Influencing Vienna“, was in etwa so viel bedeutet wie Enteinflussung oder Entromantisierung Wiens. Taylor Kritisierte zum Beispiel, dass der Wiener „Strand“ nachts (Anm.: Damit sollen Strandbäder an der Alten Donau gemeint worden sein.) geschlossen hatte, dass das Hundertwasserhaus eine Tourist:innenfalle oder der Setagaya Park nicht japanisch genug sei. Die Videos gingen auch in der Wiener TikTok-Bubble viral – sie wurden teils verständnisvoll aufgefasst, teilweise aber auch als Angriff wahrgenommen und belächelt.
Keine Autos, schlechter Empfang
Doch nicht nur Wien wird von amerikanischen Reise-Influencer:innen angeprangert, das Video einer anderen TikTokerin, Lexi Jordan, ging ebenfalls viral. Auch Jordan machte diesen Sommer zum #Eurosummer – in ihrem Fall an der italienischen Amalfiküste. Die Amerikanerin wollte ihren Zuseher:innen das „echte“ Amalfi zeigen und berichtete in etwa, dass die Straßen zu eng seien, um mit dem Auto durchzufahren und sie daher zu Fuß gehen müsste, oder dass sie die Amalfiküste erst mit einer Fähre und nicht mit dem Flugzeug erreichen konnte. Zudem sei der Handyempfang in der Ortschaft schlecht gewesen.
Paris-Syndrom
Von Europa enttäuschte Tourist:innen – das ist kein neues Phänomen. Der in Paris lebende, japanische Psychiater Ota Hiroaki schrieb 2004 erstmals über das von ihm ernannte „Paris-Syndrom“, einen enttäuschenden Schockzustand, den japanische Tourist:innen bekommen würden, wenn sie die Stadt besuchen. Paris wird laut Hiroaki von Japaner:innen idealisiert, man spart jahrelang auf eine Reise in die „Stadt der Liebe“ und baut sich eine romantisierte Vorstellung auf, die dann in der Realität nicht so ist, wie man es sich vorstellt.
#Eurosummer
Der Hashtag #Eurosummer hat auf TikTok beinahe 700 Millionen Aufrufe. Die Fülle an Videos erweckt den Eindruck, die ganze weibliche Bevölkerung aus den Vereinigten Staaten treibe sich derzeit auf Santorini, Capri, in London oder Wien herum.
Dem ist nicht ganz so – zumindest, wenn man sich die Zahlen für Wien anschaut. Zwar wurden laut der Wiener Tourismusdienststelle diesen Juni 46.997 Ankünfte aus den USA verzeichnet – im Vergleich dazu waren es im Juni 2022 fast 20 Prozent weniger. Das heißt, dass es heuer zwar mehr amerikanische Tourist:innen gibt, der Wert vor der Covid 19-Pandemie lag 2019 jedoch noch bei 52.726.
Europa, das Thailand der Gen Z
Während Millennials in Asien backpacken waren, scheint Europa die neue Lieblingsdestination der Generation Z sein. Für eine Reise nach Paris oder London opfert manch eine:r auch gerne das ein oder andere Hab und Gut – wie das eigene Auto. Ob sich das auszahlt? Nach den #Eurosummer-TikToks schwer zu beurteilen. Während die einen europäische Reiseziele kritisieren und „deinfluencen“ wollen, verlieben sich die anderen und schwärmen davon, dass „Europa ihr Leben verändern würde.“ Geschmäcker sind eben nun mal verschieden.