Falscher Kontext
Eines der größten Probleme im Netz sind irreführende Bilder: Oft wird ein Foto gar nicht bearbeitet, sondern in einen neuen Kontext gesetzt. Im Juni kursierte auf Facebook das erschütternde Foto einer Frauenleiche, die offensichtlich auch misshandelt worden war. Gepostet hat das Bild ein vermeintlicher Klamauk-Account, der mit seichtem Humor sowie harten Postings über Flüchtlinge auffällt. In diesem Fall behauptete diese Fanpage, dass die Leiche auf dem Foto eine deutsche Flüchtlingshelferin namens Anne sei. Der Beitrag begann mit den Worten: "Hallo Freunde! Hallo Nicole, hallo Sven, hallo Bobo, hallo Beatrice und Vera, Mama und Paps, ich grüße euch alle! Ich bin’s, eure Anne. Ihr werdet mir nicht glauben, was mir letztens passiert ist: Ich bin gestorben, ja, ermordet.“ Anschließend wurde genau erklärt, wie Anne angeblich misshandelt worden ist und dass sie einst noch mit "Teddys und Luftballons“ am Bahnhof gestanden sei. Das Posting erhielt Tausende Shares und Likes. Erst nach sechs Tagen entfernte Facebook den Beitrag.
Erschütternde Bilder sind ein simpler Trick, um User aufzuhussen. Viele fragen nicht: Was sehe ich da wirklich?
Die Geschichte stimmte nicht, wie die Faktencheckersite Mimikama.at aufdeckte: Das Foto ist zwar real, nur zeigt es keine Deutsche und keine Frau namens Anne. Im Herbst 2010 wurde die Schwedin Elin Krantz von einem Mann, der ein Jahr zuvor nach Schweden gekommen war, vergewaltigt und ermordet. Der Fall schockierte das Land. Der Täter wurde zu 16 Jahren Haft verurteilt. Doch wieso ist das Foto überhaupt im Internet zu finden? Auch das sorgte für einen Eklat in Schweden: Die Aufnahme ist ein Dokument der Spurensicherung, das jemand entwendete und auf einer Pornosite hochlud. Seither kursiert das Bild im Netz. Der Fall zeigt exemplarisch, wie mit Fotos online manipuliert wird: Man muss gar keine Montagen erstellen, um Menschen in die Irre zu führen. Oft reicht es, eine alte Aufnahme zu nehmen und zu behaupten, sie zeige etwas Neues und Empörendes.