Familienunternehmen Arnautović: Der große Bruder
Manchmal ruft Danijel Arnautović seine Großmutter an. Die 84-Jährige fragt dann immer dasselbe: „Marko? Marko?“ Und Danijel antwortet immer dasselbe: „Nein Oma, ich bin nicht Marko, du hast ein anderes Enkelkind auch.“ Er schmunzelt, wenn er davon erzählt. „Sie liebt uns beide, aber Marko war schon immer ihr Liebling.“
Es ist ein trüber, nebeliger Oktober-Montag, herbstliche 15 Grad. Drinnen herrscht geschäftiges Treiben. „Können wir draußen sitzen?“, fragt Arnautović. Und fügt mit ernster Miene an: „Wände haben Ohren.“
Danijel Arnautović, 37, wirkt wie eine Kopie seines drei Jahre jüngeren Bruders Marko. Er ist von ähnlicher Statur, groß und bullig, plustert sich genauso auf, macht die Schultern breit, streckt die Brust nach vorn. Er geht wie er (Gangsta-Style), schaut wie er (immer etwas grimmig) und spricht wie er (eine Mischung aus Checker und Schmähbruder). Und doch hört er zur Begrüßung immer denselben Satz: „Wo ist Marko?“ Marko Arnautović, 34, ist der Superstar der Familie – und der schillerndste Sportler des Landes. Ein ganzkörpertätowierter Rekordnationalspieler, zweitbester ÖFB-Torschütze aller Zeiten, ein internationaler Star und Ballzauberer, oft ehrfürchtig „Astronautović“ genannt.
Danijel Arnautović führt unweigerlich ein Leben im Schatten seines kleinen Bruders. Dabei ist seine Rolle nicht unwesentlich: Seit über zehn Jahren ist er Markos Berater – und damit der Strippenzieher des millionenschweren Arnautović-Familienbetriebs.
Früher Erfolg
Danijel (li.) und Marko Arnautović 2009 bei dessen erstem internationalen Engagement in den Niederlanden (beim FC Twente Enschede)
Er hat seinem Bruder zwölf Millionen Euro Jahresgehalt in China beschert („netto“, wie er stolz hinzufügt) und ihn jetzt, im hohen Fußballeralter, zum Topklub Inter Mailand transferiert. Viele in der Fußballszene glauben dennoch, dass das zu wenig war für das Supertalent, das die meiste Zeit seiner Karriere bei Mittelständlern wie Werder Bremen und Stoke City verbrachte.
Später Ruhm
Im hohen Fußballer-Alter von 34 Jahren kam Marko Arnautović auf Vermittlung seines Bruders heuer beim Topklub Inter Mailand unter.
Der CEO des Familienbetriebs, Danijel Arnautović, gab bislang keine größeren Interviews. „Marko soll im Vordergrund stehen, nicht ich“, erklärte er immer. Nun aber hat er profil ein Gespräch zugesagt und gibt erstmals einen umfassenden Einblick. Der 37-Jährige lebt in Pottendorf im Bezirk Baden, doch dort möchte er sich nicht treffen. Besser im nahe gelegenen Eisenstadt, in einem Lokal am Stadtrand. Es ist ein trüber, nebeliger Oktober-Montag, herbstliche 15 Grad. Drinnen herrscht geschäftiges Treiben. „Können wir draußen sitzen?“, fragt Arnautović. Und fügt mit ernster Miene an: „Wände haben Ohren.“ Das Treffen wird vier Stunden dauern. Danijel Arnautović, 37, trägt einen blauen Trainingsanzug, weil er davor noch trainieren war, bestellt Espresso Lungo und zündet sich eine Zigarette an. Immer wieder bimmelt sein Handy. Einmal ist ein Manager aus Neapel dran. Dann der Präsident des FC Genua. „Ten minutes, I call you“, vertröstet er die Anrufer. Die Kommunikation sei nicht immer leicht. Einige Italiener würden kaum Englisch sprechen, „und mein Italienisch ist leider nur okay. Come stai, tutto bene. Ich lerne vom Hören, nicht aus Büchern. So rede ich auch Englisch. Nur vom Zuhören.“ Danijel Arnautović ist zufällig in die Rolle eines international agierenden Spielerberaters gerutscht. Als solcher feilscht er mit Weltvereinen um Millionenbeträge, bahnt brisante Transfers an und wird von Trainer-Stars wie José Mourinho umgarnt. Dabei fing alles klein an.
Die Brüder Arnautović wachsen in einer 20-Quadratmeter-Wohnung auf – ohne Badezimmer, das WC am Gang. Gebadet wird in einer Plastikwanne mitten im Raum. Der serbische Vater, ein Tischler, und die österreichische Mutter, eine Zahnarzthelferin, arbeiten rund um die Uhr. Zusätzlich übernehmen sie die Kantine des Floridsdorfer AC.
Die Brüder Arnautović wachsen in einer 20-Quadratmeter-Wohnung auf – ohne Badezimmer, das WC am Gang. Gebadet wird in einer Plastikwanne mitten im Raum. Der serbische Vater, ein Tischler, und die österreichische Mutter, eine Zahnarzthelferin, arbeiten rund um die Uhr. Zusätzlich übernehmen sie die Kantine des Floridsdorfer AC. Die Brüder treiben sich in Fußballkäfigen herum. „Jeder hatte sein Revier“, erzählt Danijel, „Jugos, Türken, Georgier.“ Sie selbst waren „die Platzherren vom Floridsdorfer Spitz“. Es wird gespielt und geprügelt. Danijel sieht sich in einer Art Erzieherrolle. Seinen Bruder steckt er ins gegnerische Team, zu den Älteren. „Ich wollte es ihm schwerer machen, damit er sich durchzusetzen lernt.“ Das gelingt. Als die beiden Buben zu einem Probetraining bei Rapid Wien antreten, wird Marko aufgenommen. „Zu mir haben sie gesagt, ich soll wieder gehen.“ Dabei gelten beide als talentiert, aber schwierig. Auch Marko wird (mit etwas Verzögerung) überall weggeschickt: bei Rapid, der Austria, der Vienna. Er habe nie gefolgt, erzählt Danijel. „Wenn der Trainer gesagt hat, er soll passen, hat er geschossen.“ Marko landet im Nachwuchs des Drittligisten FAC, das Talent droht zu versanden. „Ich war für Marko der große Bruder, er wollte immer so sein wie ich“, erklärt Danijel, der gerne feierte und mit Frauen unterwegs war. „Ich habe ihm gesagt: Wenn du was erreichen willst, dann darfst du dir von mir nichts abschauen.“
Beim Floridsdorfer AC rät ein erfahrener Trainer der Familie, Marko ins Ausland zu schicken. Er besorgt der Familie auch einen Berater, den Holländer Rob Groener, der ein Probetraining bei Twente Enschede vermittelt. Die Holländer sind begeistert, verpflichten den 17-jährigen Marko sofort. Der Familie wird klar: Aus dem Buben wird was, er kann Profi werden – und das verändert alles. Marko ruft zu Hause an und erklärt: „Alle rauf, die Familie muss unbedingt mitkommen.“ Die Eltern zögern erst, doch dann geben sie ihre Jobs auf. „Er ist mein Fleisch und Blut“, habe der Vater gesagt, „wenn er mit dem Fußball abstürzt, dann soll ich mitstürzen.“ Auch Danijel, gelernter Bankkaufmann und beim Viertligisten Post SV aktiv, zieht nach Holland, weiß aber anfangs nicht recht „wohin mit mir“. Er besucht ein Probetraining beim Drittligisten Haaksbergen – und floppt. „Ich wollte eine Doppelschere machen, also diesen Übersteiger, rutsche aus und fliege mit dem Kopf auf den Kunstrasen. Es war beschämend.“ Doch er will in der Nähe seines Bruders sein und beißt sich durch. „Wir halten als Familie zusammen“, sagt Danijel und macht einen entschlossenen Gesichtsausdruck. „Was hat heutzutage noch einen Wert? Ein Auto, ein Haus, Kaviar? Auf Vater, Mutter, Bruder kannst du dich verlassen.“
Die Familie hat bald ein internationales Toptalent in den eigenen vier Wänden, das für die holländische Liga zu gut ist. 2009 verpflichtet ihn Inter Mailand. Mächtige Spielerberater werden aufmerksam. Etwa der Israeli Pini Zahavi, der dem Oligarchen Roman Abramowitsch bei der Übernahme des FC Chelsea behilflich war. Oder der Italiener Mino Raiola, der wie ein Mafiapate auftrat und Superstars wie Zlatan Ibrahimović betreute. „Mino wollte Marko unter Vertrag nehmen. Er hat sogar Zlatan gebeten, Marko anzurufen“, erzählt Danijel. „Doch mein Vater war unserem Berater gegenüber loyal.“ Die Familie habe Rob Groener „viel zu verdanken, er war wie ein Ersatzvater für Marko“. Aber auch für Danijel. Groener bringt ihm das Geschäft des Spielerberaters bei. „Mach das mit Marko“, habe er gesagt, „da kannst du dazulernen und Erfahrung sammeln – und wenn du mich brauchst, stehe ich dir zur Seite.“
Wenn Danijel Arnautovic heute von seinen Geschäften erzählt, fallen die großen Namen der Fußballwelt: Mourinho, Roma, Milan. Er sei mittlerweile mit einflussreichen Funktionären und Agenten befreundet, betont er. Den Rabauken aus Jugendtagen strahlt er nicht aus.
Viele Kicker vertrauen erfahrenen Spielerberatern, die Karrierepläne erstellen, Verhandlungs-Know-how besitzen und Topklubs an Land ziehen können. Andere fühlen sich im Familienkreis wohler. Lionel Messi oder Neymar zum Beispiel, die von ihren Vätern betreut werden. In der Regel besteht deren Aufgabe darin, die Hand aufzuhalten – die Klubs stehen ohnehin Schlange. Ein Familienmitglied als Berater kann aber auch Probleme bereiten, wie im Falle des Österreichers Florian Grillitsch, dessen Vater im Vorjahr offenbar mehrere interessierte Klubs vergrämt und dem Sohn so beinahe die Karriere vermasselt hat. Marko Arnautović wäre grundsätzlich ein Kassenschlager, würde er nicht zum Trainerschreck neigen. Bei Inter Mailand wurde er als Kindskopf bezeichnet, spielte wenig und wechselte 2010 zu Werder Bremen, wo er bis heute unvergessen ist: Er bezeichnete seinen Klub als „Saftladen“, beschimpfte den Sportdirektor, geriet in Polizeikontrollen. Beim Boulevardblatt „Bild“ rieb man sich die Hände, verfasste gar „Die Skandal-Akte Arnautović“. Sein Bruder verteidigte ihn: „Ich habe dem Journalisten gesagt: Jeden Tag ist Marko in der Zeitung, irgendwann wird es langweilig. Aber der hat nur geantwortet: Vielleicht für dich, aber für die Leute hier nicht.“ Die Skandale schreckten andere Klubs ab. Der Präsident eines Topklubs soll eine Verpflichtung verhindert haben, weil er Arnautović als „mad person“ sah, die bloß für Ärger sorge. Kritik kam auch aus der Familie. „Mein Vater und ich, wir sind die größten Kritiker von Marko“, betont Danijel. „Es gibt Spiele, wo er sich gar nicht bewegt. Ich bin dann der Erste auf der Tribüne, der zornig wird.“ Auch Teamspieler beobachteten, wie die beiden nach schwachen Partien auf ihn einredeten. „Er konnte es schaffen, der gesamten Familie zu einem besseren Leben zu verhelfen“, erklärt ein ehemaliger Mitspieler gegenüber profil. „Das bedeutet aber auch viel Druck für einen jungen Menschen.“
Druck hatte auch Danijel. Seinem Bruder war eine Weltkarriere vorausgesagt worden – nun aber wechselte dieser von einem Mittelständler zum nächsten: von Bremen zu Stoke City, von dort zu West Ham United. Marko schlug überall ein, spielte zuweilen begeisternd und schoss Tore. Aber er kam nicht vom Fleck. Inzwischen hatte er geheiratet, war Vater von zwei Töchtern geworden, er erschien ruhiger und fokussierter. Sein Bruder Danijel arbeitete sich derweil ins Fußballgeschäft ein. „Ich bin in London in Member-Clubs gegangen, wo man gar nicht so einfach reinkommt“, erzählt er. Dort habe er einflussreiche Leute kennengelernt. „Netzwerk ist das Wichtigste. Ohne Netzwerk geht gar nichts“, sagt er. Wenn er heute von seinen Geschäften erzählt, fallen die großen Namen der Fußballwelt: Mourinho, Roma, Milan. Er sei mittlerweile mit einflussreichen Funktionären und Agenten befreundet, betont er. Den Rabauken aus Jugendtagen strahlt er nicht aus. Er erscheint überpünktlich zum profil-Gespräch, ist betont höflich und beherrscht die Kunst des Smalltalks. 2016 gründete er die Arna Sports Management GmbH. Er manage nicht nur seinen Bruder, sondern wickle auch Transfers für Topklubs ab, sagt er. Den Engländer Chris Smalling beispielsweise habe er 2019 von Manchester nach Rom transferiert. Wie so etwas abläuft? Ganz einfach. Er habe erfahren, dass AS Roma einen Innenverteidiger sucht. Zu Hause klappte er den Laptop auf, scrollte passende Kandidaten, entdeckte Smalling, kontaktierte ihn über einen Bekannten – und vermittelte den Mann. „Für mich war es wichtig, dass ich Roma gezeigt habe, dass ich das kann“, sagt er. Dadurch hätten sich weitere Geschäfte ergeben. Anfangs sei es hilfreich gewesen, „wenn ich bei den Klubs als Bruder von Marko Arnautović vorgesprochen habe. Das war die Eintrittskarte in diese Geschäftswelt. Doch damit ist es nicht getan. Irgendwann musst du liefern.“
Es meldeten sich russische und türkische Vereine, der AC Milan war kurz Thema. Am Ende wurde es wieder ein Mittelständler: der FC Bologna. In Österreich packten ein paar Altstars die Häme aus, bezeichneten Arnautović als überbewertet. Seinen Bruder macht das immer noch wütend.
Manche in Österreich, vor allem aus der Spielerberatungsszene, fragten sich derweil: Hat Danijel seinem Bruder nun die Karriere geebnet – oder Marko seinem Bruder? Denn auf den großen Coup wartete Marko Arnautović lange vergeblich. Er spielte erfolgreich bei West Ham, wurde zum Publikumsliebling – und dann flatterte tatsächlich ein reizvolles Angebot herein. Der Trainerstar José Mourinho wollte Arnautović zu Manchester United holen. Alle rieben sich bereits die Hände. Doch es lief wie so oft in seiner Karriere: ein bisschen Hoffnung, ein bisschen Pech. Mourinho wurde entlassen, der Deal platzte.
Stattdessen trudelte eine Anfrage aus China ein, kein Topklub wie gewünscht, aber äußerst lukrativ. Shanghai SIPG bot 25 Millionen Euro Ablöse und zwölf Millionen Jahresgehalt, netto. „Marko fragte: Was soll ich machen? Ich sagte: Das ist schon sehr viel Geld.“ Arnautović ging nach China. Und auch Danijel kassierte eine Provision „auf gehobenem Standard“. In Europa sprachen viele vom geldgierigen Kicker, der den sportlichen Erfolg opfere. Zwei Jahre blieb Arnautović in Shanghai, ohne Frau und seine Kinder, die in England zur Schule gingen. Und dann kam Corona: Dauerlockdown im strengen Regime. Die Mutter schickte Päckchen mit Knabbernossi. „Bei der Euro 2021 hat er zu mir gesagt: Bring mich da raus, das Geld ist mir das nicht wert.“
Teures Leben
Marko Arnautović und sein Rolls-Royce, Mai 2020: der vielleicht schillerndste Sportler des Landes.
Leichter gesagt als getan. Es meldeten sich russische und türkische Vereine, der AC Milan war kurz Thema. Am Ende wurde es wieder ein Mittelständler: der FC Bologna. In Österreich packten ein paar Altstars die Häme aus, bezeichneten Arnautović als überbewertet. Seinen Bruder macht das immer noch wütend, er beugt sich nach vorn und sagt: Vom Talent her habe es „nie etwas Besseres in Österreich gegeben als Marko. Toni Polster war ein sehr guter Goalgetter. Aber wegen Toni Polster ist man nicht ins Stadion
gegangen. Man geht wegen einem Spieler wie Marko.“ Marko sei sich manchmal „selbst im Weg gestanden“, räumt Danijel ein. „Aber dass ein Peter Pacult über Marko redet, ist ein Wahnsinn. Der hat für den österreichischen Fußball nichts geleistet. Ein Länderspieltor! Peter Pacult ist nicht einmal der linke Fuß von Marko.“
Praktischerweise könne sein Bruder Kritik in Leistung umwandeln, erklärt Danijel. „Justament“, sage er sich dann. Und tatsächlich: Er schlägt in Bologna ein, erzielt Tor um Tor, 15 Treffer in einer Saison. Die Gazetten vergleichen Arnautović mit Arnold Schwarzenegger. Topklubs klopfen an, die Brüder verhandeln. Doch es kommt wieder etwas dazwischen: Bologna-Trainer Siniša Mihajlović – ein Kindheitsidol der beiden und mittlerweile ein Freund der Familie – erkrankt schwer und bittet Marko, zu bleiben. Er bleibt. Doch wenig später wird Mihajlović entlassen, und der neue Coach setzt Arnautović auf die Bank. Nun wird er unruhig. „Er hat mich angerufen“, erzählt Danijel, „gefragt, wo jetzt die Topklubs sind, und mich provoziert: ‚Ich dachte, du wirst das machen, aber du hast es nicht gemacht.‘“ Danijel fühlt sich in seiner Ehre gekränkt. Also beginnt er zu grübeln. „Ich wusste, dass Inter noch einen Stürmer braucht – und ich kannte den Sportdirektor, bin seit Jahren mit ihm befreundet.“ Er schickt ihm eine Kurznachricht aufs Handy, mit den Worten: „Ich weiß, was du brauchst – und ich habe, was du brauchst.“ Und siehe da: Marko Arnautović unterschreibt kurz darauf bei Inter Mailand und wird wie ein Fußballgott empfangen.
Wie geht es mit seinem Bruder weiter, der gerade eine Oberschenkelzerrung auskuriert? Bis 2025 bei Inter bleiben. Und dann? „Mal sehen, was der Körper zulässt, man soll es nicht übertreiben.“ Am Ende noch zum Abkassieren in die Wüste? Er schüttelt den Kopf. Ist das ein klares Nein?
Ende gut, alles gut? Wie bilanziert der CEO des Familienbetriebs? Natürlich wäre eine konstante Weltkarriere schön gewesen, sagt er. Aber Marko sei „überall Bestverdiener gewesen“, habe in den stärksten Ligen der Welt gespielt und nun – kurz vor dem Ruhestand – einen Vertrag bei einem Topklub. Was will man mehr? Ob er seinen Bruder, den Fußballstar, manchmal beneide? „Nein“, sagt er wie aus der Pistole geschossen. „Diesen Stress, den Fußballer haben, möchte ich nicht. Auch wenn du krank bist, musst du liefern. Du kannst nicht mehr in Ruhe Essen gehen, weil immer einer kommt und sagt: ‚Foto!‘“
Er selbst verbringe gerade viel Zeit mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Pottendorf, wo er ein Haus gebaut hat. Auch seine Eltern besitzen mittlerweile einen kleinen Bungalow, erzählt er. 130 Quadratmeter, nichts Besonderes. „Sie sind bescheiden.“ Der Onkel bekam zum Sechziger einen VW Golf geschenkt. Marko investiere in Immobilien. Er selbst habe ein paar Autos, ein schönes Haus, er leiste sich exklusive Urlaube, „aber ich fahre nicht in den 1. Bezirk und mache einen auf dicke Hose, sondern gehe am Wochenende lieber zum Ethno-Grill in Eisenstadt essen“. Ob er wie sein Bruder finanziell ausgesorgt habe? Er zuckt mit den Schultern. „Man verdient natürlich sehr gut, hat aber auch laufende Kosten.“ Gut, dass es im Fußballgeschäft genügend Arbeit gibt. Dem Präsidenten des FC Genua hat er gerade am Telefon verraten, dass er da einen Spieler für ihn hätte, einen „der wenig kostet, aber viel Potenzial hat“. Wie geht es mit seinem Bruder weiter, der gerade eine Oberschenkelzerrung auskuriert? Bis 2025 bei Inter bleiben. Und dann? „Mal sehen, was der Körper zulässt, man soll es nicht übertreiben.“ Am Ende noch zum Abkassieren in die Wüste? Er schüttelt den Kopf. Ist das ein klares Nein? „Wenn man mit 36 noch einmal ein Angebot aus Saudi-Arabien kriegt, wer weiß?“ Er selbst jedenfalls wolle auch ohne seinen Bruder im Geschäft bleiben – aber ohne Stress, er bevorzuge die Ruhe. „Ich bin oft in London, Manchester, Rom und Milano, das ist erdrückend.“ Manchmal, so erzählt er, gehe er von seinem Haus in Pottendorf ohne T-Shirt und mit Badeschlapfen zur Trafik Zigaretten holen. In der Ortschaft sei er beliebt. Er, der große Bruder von Marko Arnautović. Zu den Verkäuferinnen im Blumengeschäft sage er dann im Vorbeigehen: „Wie geht’s meinen schönen Frauen heute?“ Zuletzt habe er eine Pensionistin, die sich verlaufen hatte, zurück ins Altersheim gefahren – mit dem Cabrio. Und abends klopfen gerne Kinder an seine Tür. Was sie von ihm wollen? „Sie fragen: ‚Wo ist Marko?‘“