Fußballkolumne: Desaster mit Ansage
Eigentlich hätte es an dieser Stelle um die erstaunliche Weiterentwicklung und Aufbauarbeit bei Rapid gehen sollen, die mit dem beeindruckenden 3:2 bei Ajax seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Außerdem sollte auf die etwas ungewöhnliche Tatsache hingewiesen werden, dass es für Red Bull Salzburg derzeit auf nationaler Ebene nicht zu reichen scheint, während man mit dem gleichen Leistungslevel in der CL-League-Qualifikation zumindest einmal die Hürde Malmö nehmen konnte. Dann kam gestern alles anders. 0:3! Alptraum reloaded! Kinderfußball-Schockstarre!
Das Desaster ist natürlich hausgemacht. Ralf Rangnick hat sich im Sommer nicht nur in Richtung Leipzig verabschiedet, sondern (gewollt oder ungewollt) jede Menge verbrannte Erde hinterlassen. Zurück blieb eine sportliche Alibi-Führung rund um das äußerst undynamische Duo Christoph Freund und Jochen Sauer und ein Trainer, der bis jetzt noch nicht einmal ansatzweise beweisen konnte, dass er mehr in petto hat, als junge Spieler an eine Kampfmannschaft heranzuführen. Es mag hart klingen, aber Peter Zeidler hat bis jetzt wirklich ziemlich viel falsch gemacht: Schon nach dem 1:2 in der ersten Runde gegen Mattersburg hätten die Alarmglocken schrillen können. Es folgte ein sehr glücklicher 2:0-Heimsieg gegen Malmö und eine verdiente Niederlage gegen Rapid. Man hätte also durchaus Zeit gehabt, sich etwas einfallen zu lassen. Stattdessen hörte man nur Durchhalteparolen und Schönfärbereien.
Gut möglich, dass Dietrich M. langsam aber sicher feststellt, dass er sein angebliches ‘Herzens-Projekt‘ in Salzburg doch zu sehr vernachlässigt hat.
Salzburg steht nun gefühlsmäßig wieder dort, wo man im Jahr 2012 nach der Pleite gegen Düdelingen gestanden ist. Darin liegt möglicherweise auch wieder eine Chance. Nach der damaligen Blamage erkannte man, dass es so nicht weitergehen konnte – es folgten zweieinhalb Jahre sehr guter, kontinuierlicher Aufbauarbeit mit internationalen und nationalen Ausrufezeichen. Gut möglich, dass Dietrich M. – sollte es heuer in ähnlicher Tonart wie bisher weitergehen – langsam aber sicher feststellt, dass er sein angebliches „Herzens-Projekt“ in Salzburg in letzter Zeit doch zu sehr vernachlässigt hat und eine neuerliche Kurskorrektur stattfindet. Wenn man in Betracht zieht, dass die direkte Bundesliga-Konkurrenz ihre Hausaufgaben offenbar mehr als brav erledigt hat, könnte man sich nämlich heuer am Ende der Saison sogar – erstmals in der Red Bull-Ära – nur auf Platz 3 wiederfinden.
Derart demütigen wird man sich freiwillig wohl nicht lassen. Mateschitz´ Versprechen lautete bekanntlich einst, dass man in Salzburg immer ein Team sehen werde, das zumindest in der Euro-League mitspielen kann und in Österreich im Regelfall Meister wird. Es kann dem österreichischen Fußball wahrlich nicht schlecht tun, wenn man an der Salzach nun die Erfahrung macht, dass sich dies mit einem RB Leipzig-Farmteam nicht ausgehen kann. Der Bundesliga-Konkurrenz obliegt es, weiterhin gnadenlos aufzuzeigen, dass man sich vor dieser Saison bei Red Bull doch deutlich verpokert hat.