Fußballkolumne: Red Bull auf der Suche nach der Win-win-Situation
Ja, „RB Leipzig“ ist mittlerweile durchaus so etwas wie ein Reizwort in Wals-Siezenheim. Zu tief sitzt der Stachel der vergangenen Transferperiode. Zu schmerzhaft scheint nach wie vor der Abgang von Leistungsträgern wie Sabitzer, Ilsanker oder Gulacsi, die allesamt vom scheidenden Sportdirektor Ralf Rangnick in Richtung Deutschland „abgezogen“ wurden. Trotzdem sollte man heuer in Salzburg zumindest ein kleines bisschen die Daumen für den Rasenball-Club halten, der derzeit Platz 2 in der Zweiten Deutschen Liga einnimmt und somit auf einem direkten Aufstiegsrang liegt.
Ein Aufstieg von Leipzig in die Bundesliga würde nämlich 1.) bedeuten, dass der Standpunkt RB Salzburg für junge Talente als Sprungbrett noch attraktiver werden würde und 2.) diese Talente wohl erst dann Salzburg verlassen würden, wenn sie wirklich den Ansprüchen eines ambitionierten deutschen Bundesliga-Vereines (und als solchen müsste man RB Leipzig dann sehen) genügen. Konkret: Spieler vom Kaliber eines Keita oder Minamino würden wohl eher wieder zwei, drei Saisonen bei Salzburg „aufgebaut“ werden, anstatt nach einem einigermaßen ansprechendem Halbjahr in die Zweite Deutsche Liga transferiert zu werden. Also alles wieder mehr nach den Modellen „Kampl“ oder „Mane“, die den Mozartstädtern ja doch zumindest über ein paar Jahre hinweg erhalten blieben.
In diesem Fall würde die Symbiose schließlich auch für beide Seiten wirklich Sinn machen: Salzburg könnte Spieler verpflichten, die man ohne das Lockmittel „Mögliche Beförderung in die Deutsche Bundesliga“ wohl nie nach Österreich holen könnte – und Leipzig könnte diese Spieler ohne große Umwege Konzern-intern transferieren, sobald sie für die erste deutsche Leistungsklasse gut genug sind. Eigentlich eine klassische Win-win-Situation.
Es kann durchaus dauern, bis RB Leipzig in der Deutschen Bundesliga ernsthaft um die Champions League-Qualifikationsplätze mitspielen wird.
Ein Fragezeichen gibt es in dieser Konstellation allerdings: Was passiert, wenn sich beide Vereine für einen internationalen Bewerb qualifizieren?
Nun, betrachtet man die Sachlage realistisch, so wird es wohl in den nächsten drei bis fünf Jahren für RB Leipzig noch sehr schwer werden, um die Champions League-Qualifikation (sprich: die ersten vier Bundesliga-Ränge) mitzuspielen. Es kann durchaus dauern, bis man die etablierten Vereine rund um Bayern, Dortmund und Leverkusen richtig ärgern wird können.
Bei Salzburg wiederum kann man auch weiterhin – bei wesentlich geringerem Finanzeinsatz – quasi jede Saison um den Meistertitel und somit einen Platz in der CL-Qualifikation zumindest mitspielen. Sollte sich Österreich in der UEFA-Fünfjahreswertung wieder verbessern, könnte dafür, wie bereits letztes Jahr, auch Platz 2 in der Liga reichen. Falls die österreichischen Europacup-Vertreter in den nächsten Jahren besonders fleißig punkten, winkt sogar ein Champions League-Fixplatz für den Meister.
In einem solchen Fall kommt dann vielleicht sogar alles ganz anders als gedacht, und Salzburg bleibt - aufgrund dieser speziellen Konstellation - weiterhin das vorrangige europäische Fußball-Aushängeschild des Energy-Drink-Konzerns, während man sich in Leipzig damit „begnügt“, einen grundsoliden Bundesliga-Verein a la Hoffenheim auf die Beine zu stellen. Mit dem Player 1 (Salzburg) könnte man dann also - vergleichsweise einfach – so gut wie jedes Jahr international vertreten sein und mit Player 2 (Leipzig) gleichzeitig (ohne Europacup-Zwang) eine dauerhafte Marke in einer der größten Ligen der Welt etablieren. Gar nicht so abwegig, dass in der kunterbunten Werbewerte-Welt des Dietrich Mateschitz auch ein solches Szenario durchaus seinen Reiz hätte.