Andreas Reckwitz im Interview: Gewinner und Verlierer
profil: In den Krisen der jüngeren Vergangenheit – von Migration bis Corona – wird ein gesellschaftlicher Graben sichtbar, der kaum zu überbrücken ist. Wie ist diese Spaltung entstanden?
Reckwitz: Seit den 1980er-Jahren findet in den westlichen Gesellschaften ein Strukturwandel von der industriellen Moderne zur Spätmoderne statt. Als Folge der Postindustrialisierung der Wirtschaft, der Bildungsexpansion und der Liberalisierungsprozesse stehen Modernisierungsgewinner und -verlierer einander in einer Weise gegenüber, wie das zuvor nicht der Fall war. Das setzt sich politisch in eine neue Polarität zwischen Systemvertrauen und Systemmisstrauen um und zeigt sich bei der Reaktion auf verschiedenste politische Probleme, beim Thema Flüchtlinge, beim Klimawandel und auch in der Pandemie.
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