Glamour, Gier, Gewalt: Was lief eigentlich schief im Hause Gucci?
Ihre Interviewauftritte sind gespenstisch. Aufgedonnert, als ob sie sich für das Blitzlichtgewitter auf einem roten Teppich wappnen müsste, posiert Patrizia Reggiani, 72, vor der Filmkamera für die TV-Dokumentation „Lady Gucci“. Auf die Frage, warum sie an jenem Märzmorgen 1995 nicht selbst zur Waffe gegriffen habe, um ihren Ex-Mann Maurizio Gucci, einst Erbe des gleichnamigen Modeimperiums, umzulegen, antwortet sie emotionslos: „Ich bin kurzsichtig. Möglicherweise hätte ich nicht richtig getroffen.“ Was in ihr vorgegangen sei, als sie die Nachricht vom Tod ihres geschiedenen Mannes gehört habe, will der Interviewer wissen. „Äh“, sagt Reggiani und zuckt abschätzig die Achseln: „Ich war glücklich. Alle meine Probleme schienen gelöst.“
Reue kommt im Vokabular der „schwarzen Witwe“, wie die uneheliche Tochter einer Mailänder Kellnerin und eines neureichen Transportunternehmers, der sie später adoptierte, in der italienischen Presse genannt wurde, nicht vor. Eher benimmt sie sich wie eine exzentrische Diva, die nicht auf einen Auftragsmord, sondern auf ein illustres Film-Œuvre zurückblickt. Sie erzählt, dass der mit drei Schüssen auf den Marmorstufen seines Bürohauses regelrecht hingerichtete Maurizio G. sie zu Beginn der Beziehung „zum glücklichsten Menschen auf der Erde gemacht“ hat.
Sie habe von ihm, egal, ob in Form der 64 Meter langen Yacht „Creole“, eines Apartments im New Yorker Onassis-Tower oder eines Chalets in St. Moritz, „alwaaays the bääst“ bekommen. „Horribile“, was er ihr später angetan hat: die Trennung von einem Tag auf den anderen im Jahr 1985; die Angst, dass er „diese Person“ (seine jahrelange Geliebte Paola Franchi) heiraten werde; schließlich musste Reggiani doch „das Erbe meiner beiden Töchter schützen“.
Inzwischen hat sich der Spieß insofern umgedreht, als dass die beiden, mittlerweile in ihren Vierzigern, ihr Erbe vor dem Zugriff ihrer noch immer millionenschweren Mutter bewahren müssen. Der Kontakt mit den Kindern ist auf Eis gelegt, ihre Enkel hat Reggiani noch nicht zu Gesicht bekommen. Maurizio Gucci war übrigens zum Zeitpunkt seines Todes bereits seit zehn Jahren von ihr getrennt, seit zwei Jahren geschieden und hatte als letzter Gucci an Bord alle seine Anteile an dem Imperium um 170 Millionen Dollar verkauft.
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