Fußball

Hartberg-Präsidentin Brigitte Annerl: Mit Spermbooster in die Bundesliga

Die Wiener Unternehmerin Brigitte Annerl wurde mit Kapseln, die schnellere Spermien versprechen, reich. Nun will sie den ost-steirischen Dorfklub TSV Hartberg zu einer fixen Bundesliga-Größe formen.

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Als die Präsidentin den VIP-Raum betritt, sitzt da schon, an ein paar spartanisch eingedeckten Tischen verstreut, eine Gruppe Männer in Joggingjacken, die genüsslich ihre gegrillten Hendlhaxen abnagen. Brigitte Annerl, 54, blitzblauer Blazer, akkurate Pagenfrisur, strahlend weißes Lächeln, hat keine Berührungsängste. Sie schüttelt Hände, klopft auf Schultern, Bussi hier, Bussi da. „Hallo Mausi“, ruft sie einer Matchbesucherin zu. Ältere Damen, die ehrenamtlich beim Verein mithelfen, abwaschen und putzen, laufen ihr über den Weg. „I bin die Mama vom Roland“, sagt eine aufgeregt. „Weiß ich doch“, antwortet Annerl und klopft der Frau anerkennend auf den Kittel. Nur zwei Vollzeitbeschäftigte arbeiten in der Geschäftsstelle des TSV Hartberg, erzählt die Präsidentin. Ansonsten: alle ehrenamtlich. Nicht einmal Aufwandsentschädigungen werden bezahlt. Sogar der Obmann und Geschäftsführer Erich Korherr, ein großer, kräftiger Mann Mitte 50, kriegt kein Geld. Im Hauptberuf ist er Malermeister. Nun steht er neben dem Spielfeld und bespricht sich kurz mit der Präsidentin. In zwei Stunden beginnt der Bundesliga-Schlager gegen den LASK. Die Flutlichter leuchten bereits, der Fernsehsender Sky bringt sich in Stellung. Annerl steht auf dem urig dörflichen Sportplatz und versprüht gute Laune. Zwei provisorische Stahlrohrtribünen wurden hinter den Toren platziert, dahinter: Einfamilienhäuser, Wohnblocks, Bergpanorama. „Wir können heute Vierter werden“, sagt Annerl fest entschlossen. Sie spüre das schon: „Heute gewinnen wir.“

Im Brotberuf ist Brigitte Annerl Unternehmerin und als solche eine echte Selfmade-Millionärin. Mit Kapseln, die schnellere und bessere Spermien versprechen, wurde sie reich. Die Frau ist Gold wert, sagt man hier in Hartberg. Seit Annerl 2017 Präsidentin beim Fußballverein der oststeirischen Kleinstadt im Bezirk Fürstenfeld-Hartberg wurde, hat der Klub einen unvergleichlichen Aufstieg hingelegt: vom Unterhaus in die Bundesliga. Aktuell spielt man gegen Salzburg, Sturm und Rapid um einen Spitzenplatz und den Europacup-Einzug. Vor dem Stadion herrscht Volksfeststimmung. Männer, Frauen, Kinder kommen mit Hartberg-Schals zum Spiel. Rund 6500 Einwohner hat Hartberg, über 3000 kommen heute zum Match. Ein Vater, der mit seinem Buben vorm Eingang steht, sagt: „Schau, die Annerl! Wüsd’ a Foto mit ihr?“

Gerald Gossmann

Gerald Gossmann

Freier Journalist. Schreibt seit 2015 für profil kritisch und hintergründig über Fußball.