Rapid-Fans am Sonntag, 25. Februar 2024, während einer Admiral Bundesliga-Begegnung, 20. Runde, zwischen SK Rapid und FK Austria Wien in Wien.
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Homophobie-Affäre um Rapid: Hoch werd' ma's nimma g'winna

Damit Rapidler Frauen und schwule Männer nicht mehr beleidigen, gibt es jetzt einen Zehn-Punkte-Plan. Eine Bestandsaufnahme.
Eva  Sager

Von Eva Sager

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Im Stadion, da beschimpft man sich noch richtig. Da wird sich noch geprügelt und gegenseitig in die Kapuze gekotzt. Zumindest könnte man das annehmen, wenn man die derzeitige Debatte um den SK Rapid mitverfolgt. Denn die meisten sprechen über den Fußball, als würde er im luftleeren Raum stattfinden. Als würde weder er die Gesellschaft, noch die Gesellschaft ihn beeinflussen. Die Vorstellung: Auf der einen Seite ein Haufen schreiender, problematischer Männer, auf der anderen alle anderen. Nun macht man es sich mit dieser Trennung gar einfach. 

Sexismus und Homophobie sind als gesamtgesellschaftliche Probleme allgegenwärtig, es wäre vermessen zu behaupten, sie würden uns nur in Stadien herausfordern. Im Männer-Fußball gibt es dahingehend immer wieder Vorfälle. Toxische Männlichkeitsbilder, Wettbewerbslogiken und männerdominierte Fankulturen befeuern sie. So stand schon 2018 auf einem Transparent der Ultras Rapid: „Dem Woamen platzt a Wimmerl auf und ihr macht's an Skandal daraus“ (gerichtet an den damaligen Austria-Kapitän Raphael Holzhauser), an Straßenlaternen kleben nach wie vor homophobe Sticker aus der Austria-Szene („Vorsicht Schw*****l“) und 2021 zeigten Ried-Fans im Derby gegen LASK ein homophobes Plakat („Schwuler ASK“).

Vergangenen Montag waren Videos im Internet verbreitet worden, auf denen Rapid-Co-Trainer Stefan Kulovits sowie Kapitän Guido Burgstaller und Stürmerstar Marco Grüll zu sehen sind, wie sie bei Feierlichkeiten nach dem Sieg über die Austria Wien schwulenfeindliche Sprechchöre anstimmen – profil berichtete. Sportminister und Vizekanzler Werner Kogler übte daraufhin im Ö1-„Mittagsjournal“ heftige Kritik: „Mir reicht‘s jetzt nämlich. Wir tun wirklich sehr viel, da kann es nicht sein, dass die Vereine von innen heraus morsch werden. Homophobie, Rassismus, Sexismus hat keinen Platz und das kann ja nicht nur für Sonntagsreden gelten, sondern muss auch gelebt werden.“ Auch die Sponsoren Wien Energie und Allianz Österreich distanzierten sich und verurteilten das Verhalten. Die Bundesliga sperrte nach den Vorfällen wiederum alle Beteiligten, Rapid kündigte an, dagegen Protest einlegen zu wollen.

Ein Maßnahmenplan soll die Misere jetzt richten. Am Dienstag stellten Präsident Alexander Wrabetz und Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger einen Zehn-Punkte-Plan zur Bekämpfung von Homophobie und Sexismus vor. Wer sich nicht daran halten würde, habe mit Konsequenzen zu rechnen. „Natürlich muss ein Maßnahmenkatalog, um glaubwürdig zu sein, entsprechende Sanktionsmöglichkeiten vorsehen. Das ist völlig logisch, ohne dem geht es nicht“, so Hanappi-Egger.

Nun lesen sich die zehn-Punkte zwar ein bisschen wie eine Schulordnung – von „Sensibilisierungsschulungen“ und „Diversitätskompetenz“ ist die Rede, man kümmere sich um das „Einsetzen eines Change-Teams“. Damit verfolgt Rapid – wenngleich anlassgegeben – als erster Verein in Österreich eine aktive Strategie gegen Homophobie und Sexismus. 

Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Homophobie & Sexismus im SK Rapid

1. Verantwortung übernehmen

Die an den Vorfällen beteiligten Spieler und Funktionäre sind sich ihrer Verfehlungen bewusst und bereuen diese zutiefst. Sie übernehmen Verantwortung für ihr Handeln und werden freiwillig entsprechende Organisationen gegen Diskriminierungen unterstützen. Weiterhin werden sie sich aktiv als Botschafter für das Leitbild des SK Rapid gegen Homophobie, Sexismus und Diskriminierung einsetzen.

 

2. Nachschärfung der persönlichen Verantwortung in den Arbeitsverträgen

Der SK Rapid wird in allen Arbeitsverträgen festlegen, dass sich die Mitarbeiter:innen vollumfänglich zu dem Leitbild des SK Rapid bekennen und entsprechend handeln. Gleichzeitig wird der Ethikrat beauftragt, entsprechende Sanktionsmechanismen bei Verstößen zu erarbeiten und konsequent umzusetzen.

 

3. Sensibilisierung und Kompetenzerweiterung

Alle an den Vorfällen beteiligten Spieler und Funktionäre unterziehen sich einer verpflichtenden Sensibilisierungsschulung, die über ihre erbrachten Eigenleistungen finanziert wird. Für einen langfristigen Effekt werden insbesondere Führungskräfte, Fanbetreuung und Schlüsselpersonen kontinuierlich hinsichtlich Homophobie, Sexismus und Diskriminierungen jeglicher Art diversitätskompetent geschult.

 

4. Stärkung der Zusammenarbeit mit einschlägigen Institutionen

Der SK Rapid evaluiert verschiedene Kooperationsmöglichkeiten mit gegen Homophobie und Diskriminierung engagierten Institutionen und Vereinen und setzt entsprechende Kooperationsprojekte um. Darüber hinaus wird mit den Diversitätsbeauftragten der Sponsoren an gemeinsamen Themen gearbeitet.

 

5. Vermittlung der Werte des SK Rapid in der Nachwuchsarbeit

Der SK Rapid baut entsprechende pädagogische Konzepte in seine Nachwuchsarbeit ein, mit Fokus auf die Akademie, da gerade diese Phase für das Selbstverständnis als Fußballer:in besonders wichtig ist. Der SK Rapid will damit auch seiner erzieherischen Funktion gerecht werden und das inklusive Leitbild des Vereins in der Nachwuchsarbeit vermitteln.

 

6. Diversitätskompetenz intern fördern

Es wird eine Position eines/einer Diversitätsbeauftragten mit einem entsprechenden Aufgabenprofil geschaffen.

 

7. Einsetzen eines Change-Teams

Der SK Rapid identifiziert Keyplayers, neben Schlüsselspieler:innen aus den Männer- und Frauenteams unterschiedliche Mitglieder aus der Rapid-Familie, die intensiv an der Veränderung der Sport- und Vereinskultur mitwirken und sich als Fürsprecher:innen und Testimonials zur Verfügung stellen werden.

 

8. Breite Kommunikation des Leitbildes

Das Leitbild des SK Rapid, welches Diskriminierungen jeglicher Art verurteilt, wird allen sichtbar in Erinnerung gerufen, durch u.a. Bedrucken auf Getränkebechern, Publikationen und Sichtbarmachung im Stadion. Darüber hinaus werden neue Dialogformate mit der aktiven Fanszene entwickelt und umgesetzt.

 

9. Der SK Rapid schafft positive Anreize für Initiativen gegen Homophobie, Sexismus und Diskriminierung 

Es wird ein eigener Preis für die besten Fan-Initiativen gegen Diskriminierung ausgelobt.

 

10. Forcierung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Anti-Diskriminierung im Fußballsport

Der SK Rapid führt eine Studie zum Umgang mit Homophobie im Fußballstadion durch und startet die Zusammenarbeit mit Forschungsinstitutionen. Ein (internationaler) Kongress wird den wissenschaftlichen Diskurs fördern und Umsetzungsstrategien erarbeiten.

Eva  Sager

Eva Sager

seit November 2023 im Digitalteam. Schreibt über Gesellschaft und Gegenwart.