Gerichtsurteil

Ikea: Besuch im berühmtesten schwedischen Restaurant der Welt

Köttbullar, Gravad Lachs und Princesstarta: Die perfekte kulinarische Untermalung zum Song-Contest-Finale in Malmö.

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Vermutlich haben Sie Ihre Wohnzimmer-Konfetti-Anlage längst justiert, heute feiert Europa schließlich das große, grelle, grandiose Song-Contest-Finale in Malmö. Ob es für einen Sieg von Kaleen reichen wird, ist aktuell noch nicht abzusehen. Wovon man aber mit Sicherheit ausgehen kann: Schweden ist – Abba sei Dank – mit dem Grand Prix d’Eurovision mindestens so eng verbunden wie mit dieser einen Möbelhauskette, deren Firmensitz sich zwar mittlerweile in den Niederlanden befindet, die aber trotzdem das europäische Image der skandinavischen Nation prägt wie nichts sonst.

In diesem Sinn: Auf zu IKEA, vorfeiern. In Wien gibt es am Westbahnhof einen Standort mitten in der Stadt, und Samstagmittag zeigt sich im Restaurant ein atemberaubender Querschnitt durch sämtliche Bevölkerungsschichten: Studierende, die neben ihrem Swiftie-Dasein Zeit zum Lernen gefunden haben. Einzelne Thirtysomethings, die beim Internetsurfen am Smartphone derart ernste Mienen aufsetzen, dass man kurz denkt, sie gründen gerade eine neue Firma. Emotional herausgeforderte Pärchen auf Möbelsuche. Familien, in denen ein Elternteil neben dem faden Bürojob endlich mal was Handfestes machen möchte und sich konsequenterweise gleich als Tischler identifiziert – alle sind sie gekommen.

Wesentlich reibungsloser verläuft die Sache im IKEA-Restaurant. Etwa 30 Sekunden nach der Bestellbildschirm-Bestellung ist auch schon das Menü am Tablett zusammengebaut: Der Gravad Lachs (Bild oben, 4,99 Euro) kommt mit einer sehr süßen Dillsenfsauce; die Marinade, ebenfalls hauptsächlich aus Dill, ist recht neutral. Richtig opulent fällt vergleichsweise der „Veggie Dog Wrap“ (2,99 Euro) aus: Hummus, etwa 20 verschiedene Salate, Gurken und Zwiebel um einen Kern aus vegetarischem Würstchen. Was da alles drin ist, kann man auf der Website von Ikea haargenau nachlesen – Kurzfassung: eine Mischung aus Grünkohl, Linsen und Quinoa. Schmeckt das? Ehrlich gesagt: ja. Dass der Wrap aber in den besagten 30 Sekunden frisch gefüllt wurde, darf nicht angenommen werden.  

Zu den Hauptspeisen, sprich: Köttbullar (Bild ganz oben, 6,99 Euro für acht Stück). Selbst bei Astrid Lindgren kommen die Fleischbällchen vor. Ihre Figur Madicken singt gar ein Lied, das ins Deutsche übersetzt in etwa so lautet: „Fleischbällchen, Fleischbällchen, Fleischbällchen. Gib mir mehr Fleischbällchen, gute kleine Fleischbällchen.“ Ehrlicherweise teile ich diese Gier im Wiener Ikea-Fall nur so halb: Die hiesigen Köttbullar schmecken zwar nicht maximal nach Fließband, von einem feinsinnig-ausbalancierten Fleischbällchen kann aber auch nicht die Rede sein. Die Preiselbeeren sind sehr süß, das Erdäpfelpüree ohne Ecken und Kanten, aber geschmackvoll. Komplexer wird es bei den Grönsaksbullar (4,99 Euro für acht Stück). Die veganen Bällchen bestehen aus einer Erbsen-Karotten-Mischung, dazu gibt es Quinoa und ein Tomaten-Spinat-Ragout. Das Gericht ist ein Querschnitt aus allem, was das Vegane-Küche-Klischee so hergibt, aber das Gemüse in den Bällchen ist noch als solches erkennbar und hat Biss – nicht schlecht! 

Als Nachspeise gibt es die Princesstarta (2,99 Euro) – der Mandelüberzug schmeckt nach Marzipan, nicht zu viel Marmelade und weiches Biskuit gesellen sich zur Vanillecreme. Das Ganze ist vor allem – schon wieder – sehr süß. 

Das Essen im schwedischen Möbelhaus lässt sich insgesamt erstaunlich gut mit der Musik von Abba vergleichen: professionelle Fließbandarbeit, die sich durch ein Alleinstellungsmerkmal vom Rest abhebt und so zum Welterfolg wurde. Beziehungsweise: absoluter Mainstream, der in seiner gefälligen Süßigkeit trotzdem auf unheimliche Art Spaß macht. In diesem Sinne: Schweden, 12 Punkte.

Empfehlung: Take a Chance on Ikea 
Stimmung: Euphoria! 
Preisverhältnis: sehr günstig
IKEA-Restaurant Westbahnhof Mo–Fr  9.30-19:30 Uhr, Samstag: 9.30-17:30 Uhr

Stephan   Graschitz

Stephan Graschitz

ist als Chef vom Dienst bei profil tätig.