Cäsarenwahn in Zuckistan: Keine Skrupel, Menschenverachtung und Gier im Facebook-Universum
Die Arbeitsmeetings mit Mark Zuckerberg wurden im Lauf der Jahre zunehmend altrömischer. Seine langjährige Mitarbeiterin Sarah Wynn Williams datiert das Einsetzen des Cäsarenwahns ziemlich genau mit dem Erreichen der ersten Milliarde Facebook-User im Oktober 2012.
In einem Luxusresort in Indonesien – am darauffolgenden Tag war ein Meeting mit dem indonesischen Staatspräsidenten angesagt – musste das Team in Mark Zuckerbergs „eigener Anlage mit Steinbänken und einem riesigen Pool, von einer Suite konnte man nicht mehr reden“ antanzen: „Da lag er ausgestreckt auf einem Tagesbett, sein weißer Körper war auf Kissen gebettet, man fühlte sich wie in die Antike versetzt: Eine Toga oder ein Lorbeerkranz wären passender gewesen als seine Badehose. Am liebsten hätte ich ihn mit Weintrauben gefüttert, stattdessen wollte er, dass wir alle miteinander schwimmen gehen. Ich dachte an die Narben der Haibisse auf meinem Bauch und sagte, ich wolle lieber arbeiten.“Zum Treffen mit dem Präsidenten in Jakarta kam die Facebook-Truppe am nächsten Tag zu spät: „Mark hatte sich seine Hose zerrissen, was uns aufhielt. Ich musste lügen und den Verkehr dafür verantwortlich machen.“
Meetings nach Zuckerbergs Zeugungsplänen
Tatsächlich hatte die Neuseeländerin Sarah Wynn-Williams wohl die besten Voraussetzungen für einen Job bei Facebook, für den sie sich auch mehrfach beworben hatte, bis sie schließlich „in dieser Art von Kult oder sollte man es eine Sekte nennen?“ aufgenommen wurde: Sie hatte sich im Alter von 13 Jahren nach einer Attacke aus dem Rachen eines Hais befreit und danach eine Sepsis nur knapp überlebt. Der Vergleich mit einem Haifischbecken drängt sich bei der Lektüre ihrer Memoiren nahezu auf. Im Vorwort zu „Careless People“ resümiert die ehemalige Botschaftsangestellte, die 2011 ihren Traumjob als „Facebook-Diplomatin“ im Mark-Zuckerberg-Imperium landete und dort fast sieben Jahre lang an der Front „in Selbstausbeutung und seelenzerstörerischem Workaholismus“ diente: „Bei Facebook zu arbeiten, fühlte sich weniger an, als ob man ein neues Kapitel von Machiavelli zu erzählen hätte, sondern mehr wie für einen Haufen Kids zu arbeiten, die sich wie Vierzehnjährige benahmen und Superkräfte sowie eine gottlose Summe von Geld hatten. Mein Job war, mit ihnen durch die Welt zu jetten, während sie diese Superkräfte ausprobierten.“ Diese Superkids verlangen aber auch, dass man ohne Wenn und Aber 24 Stunden, sieben Tage die Woche online verfügbar ist und ungeachtet von Krankheiten, Schwangerschaften oder Hochzeiten im Privatjet durch die Welt düst, mit den Präsidenten und Führern (oder wenigstens den Kommunikations- und Informationsministern) von Problemnationen Termine und Dinner organisiert und auch bereit ist, diese Treffen zu verschieben, wenn „die sich mit den Fruchtbarkeitsphasen von Priscilla (Chan, Zuckerbergs Ehefrau, Anm.) überschneiden“.