Italien nach Sieg gegen Titelverteidiger "im Paradies"
"Azzurri im Paradies", schrieb der "Corriere della Sera" nach dem Achtelfinalerfolg in St. Denis gegen den Europameister der Jahre 2008 und 2012. "Es ist ein Italien zum Ausflippen - Spanien zu Hause - Jetzt können wir träumen ", war in der "Gazzetta dello Sport" in der Online-Ausgabe zu lesen. Und "Tuttosport" freute sich über eine "fantastische Partie der Squadra".
Die Italiener starteten im Stade de France ohne Furcht und überraschten die Iberer dermaßen, dass diese 45 Minuten lang überhaupt nicht ins Spiel fanden. "Es war eine großartige Leistung. Besonders freut es mich, weil wir eine Mannschaft haben, die auch Fußball spielt", sagte ein überglücklicher Conte. Nur über Konter zum Erfolg zu kommen, entspreche nicht seiner Philosophie. "Wir haben unter Beweis gestellt, dass Italien nicht nur Catenaccio ist", betonte Conte.
Giorgio Chiellini (33.) besorgte vor 76.165 Zuschauern die mehr als verdiente Führung, Graziano Pelle (91.) machte in der Nachspielzeit alles klar. Dass es so lange spannend blieb, hatten die Spanier Goalie David de Gea zu verdanken, der zwar beim 0:1 patzte, dafür aber sonst mehrmals großartige Paraden zeigte. "Wir haben mit Entschlossenheit und großem Willen füreinander gekämpft. Es war eine gewaltige Leistung gegen das beste Team der Welt", erklärte der zum "Man oft the Match" gewählte Leonardo Bonucci. Auch wenn die Spanier nach dem Seitenwechsel aufkamen und Chancen vorfanden, sei der Aufstieg verdient gewesen.
Für den nach dem Turnier zum englischen Topclub Chelsea wechselnden Conte, der an der Seitenlinie mehr als 90 Minuten voll mitlebte, schloss sich ein Kreis. Im Viertelfinale der WM 1994 war er noch als aktiver Spieler beim zuvor letzten italienischen Pflichtspielsieg (2:1) gegen Spanien auf dem Platz gestanden. 22 Jahre später sorgte er nun als Trainer für das Ende der langen Durststrecke.
"Nach Jahren der spanischen Dominanz ist es uns endlich gelungen, Revanche zu nehmen. Das ist aber erst der Anfang, wir haben noch einen langen Weg zu gehen", sagte Chiellini. Die jüngsten Negativerlebnisse im direkten Duell, darunter vor allem das mit 0:4 verlorene EM-Endspiel 2012 in Kiew, wären eine "Extramotivation" gewesen. "Wir hatten ein gutes Gefühl und einen enormen Willen, den Aufstieg zu schaffen", so der Verteidiger. Zudem waren die Italiener taktisch mit ihrer 3-5-2-Formation bestens eingestellt. "Conte ist ein Maestro", schwärmte Chiellini von seinem Trainer.
Der 46-jährige Italiener hat großen Anteil am Erfolg der Mannschaft. "Wir sind eine Nationalelf ohne große Talente, also mussten wir eine Mannschaft formen und darin ist Antonio Conte Meister", erklärte Bonucci. 2006 beim letzten WM-Titel war Italiens Team demgegenüber noch mit zahlreichen Stars gespickt gewesen.
Auf Conte wartet in den nächsten Tagen wieder viel Arbeit, gilt es doch ein Rezept für das Viertelfinal-Duell mit Weltmeister Deutschland zu finden. In Bordeaux kommt es am Samstag zum nächsten großen Schlager zweier Fußball-Großmächte. "Wir bekommen es nun mit der besten Mannschaft bei dieser EM zu tun. Es ist klar, dass sie der Favorit sind. Es wird ganz, ganz schwer", ist sich Conte bewusst. Seine Elf müsse etwas Außergewöhnliches schaffen. Und das nicht in Bestbesetzung. Daniele de Rossi droht wegen einer Hüftverletzung auszufallen, sein Ersatzmann Thiago Motta ist gesperrt. "Das ist ein großer Schlag", sagte Conte.
Die beiden Teams trafen in der EM-Vorbereitung am 29. März in München aufeinander, da behielten die Deutschen klar mit 4:1 die Oberhand. "Sie haben uns im März einen Tritt gegeben. Wir benötigen eine außergewöhnliche Vorstellung", weiß Chiellini. Und Kapitän Gianluigi Buffon ergänzte: "Deutschland ist auf dem Papier stärker als wir, aber dann gibt es den Platz und manchmal gibt der andere Antworten."
Die Statistik spricht dafür, sind die Italiener doch bei Großereignissen gegen Deutschland noch unbesiegt. "Deutschland, du machst uns keine Angst", titelte der "Corriere dello Sport". "Wir sind nicht der Alptraum der Deutschen, wir sind ihr Trauma, ihre fußballerische Tragödie." Die Halbfinal-Niederlagen bei der WM 2006 (0:2 nach Verlängerung) und EM 2012 (1:2) dürften auch DFB-Teamchef Joachim Löw noch in unschöner Erinnerung sein.