Kubikov: Urlaub
Warum fährst du nicht mal auf Urlaub?, frage ich fürsorglich. Kubikov räuspert sich missbilligend und nimmt die für Grundsatzvorträge vorgesehene, halbschräg zurückgelehnte Körperhaltung ein. Neben Energiesparlampen, Fitnessarmbändern und Bio-Pizza gibt es nichts Überflüssigeres als Fernreisen, doziert er: Man verlässt ohne Not seine angestammte Umgebung, bezahlt ein Schweinegeld dafür, dass man sich anderswo unbeschreiblich fremd fühlt - und wenn man lange genug bleibt, um sich an die landestypischen Zumutungen zu gewöhnen, ist es schon wieder höchste Zeit abzureisen. Als Kind wurde ich einmal nach Italien verschleppt. Ich konnte mich nicht wehren, meine Eltern meinten es schließlich gut mit mir. Jeden Tag schien die Sonne, die Leute waren von aufsässiger Fröhlichkeit, und abends gab es Erdbeereis auf irgendeiner sinnlos malerischen Piazza. Seit diesem Höllentrip leide ich neben meiner angeborenen Winter - auch an einer unheilbaren Sommerdepression und verabscheue jede Form von Nudeln. - Du meinst Pasta, sage ich. - Ich meine Nudeln!, zischt Kubikov: Das Wort Pasta bedeutet nichts anderes als Teig, und warum sollte ich Hunderte Kilometer fahren, um Teigwaren zu essen? Die schmecken mir ja hier schon nicht. Und verschone mich jetzt bitte mit dem idiotischen Touristenklischee, dass ein Campari nirgendwo besser schmeckt als kurz vor oder nach Sonnenuntergang auf Capri! Campari ist nichts anderes als industriell gefertigter Schildläuselikör. - Kubikov bestellt den dritten Wermut und verfällt in eine tiefe Vorabenddepression.