Kunstsammlung Essl: Alle Fragen offen
Die vagen Frohbotschaften, die von den Teilnehmern an jenem Runden Tisch, den Kulturminister Josef Ostermayer kurzfristig einberufen hatte, Mitte vergangener Woche verbreitet wurden, waren nicht recht zu glauben. Alles gerettet, Unternehmenssanierung läuft, Museumsbetrieb bleibt, Sammlung wird erhalten? Wie sollte das gehen? Welche Maßnahmen konnte man im Rahmen einer Diskussion, die auch über das weitere Schicksal der millionenschweren Kunstsammlung eines Milliardenschuldners bestimmen sollte, getroffen haben, die alle genannten Probleme vorläufig gelöst haben sollten?
Leider blieb das Gremium die Details auf ganzer Linie schuldig, nur so viel wollte man verraten: Die Regierung werde die Sammlung Essl nicht ankaufen (das wäre nach dem massiven Präventivprotest aus einem Kunstbetrieb, dessen Museen seit Jahrzehnten unter kaum noch existenten Budgets zum Ausbau der Kollektionen leiden, auch kaum möglich gewesen), und mit den Banken sei eine Lösung gefunden worden. Gut so, denn über Wohl und Wehe der Sammlung Essl werden am Ende die Gläubigerbanken zu entscheiden haben, die selbst wenn sie kurzfristig stillhalten mögen nicht ad infinitum auf die Rückzahlung wenigstens eines Teils der Schulden verzichten werden, die Baumax bei ihnen hat. Und wie sollte der hochverschuldete Konzern anders als über die letzten verbliebenen Vermögenswerte zu dem nötigen Kapital kommen, um die immensen anfallenden Kosten zu begleichen? Das Sammlerpaar Essl verfügt ja tatsächlich über einige Arbeiten, die am Kunstmarkt, einzeln verkauft, durchaus stattliche Rückflüsse bringen könnten: Werke des amerikanischen Pop-Art-Malers Alex Katz etwa, zudem Gemälde von Anselm Kiefer und Georg Baselitz, etwa dessen gigantisches Bild Melancholie (1998). Das vermutlich teuerste Werk in der Sammlung Essl stammt aber von Gerhard Richter: Es ist vierteilig, heißt Wolken/Fenster und entstand 1976 und es ist nicht die einzige Richter-Arbeit, die in den Essl-Archiven lagert.
Freilich sind längst nicht alle Stücke der Sammlung museumswürdig, auch wenn man rund 200 Produktionen des jüngst selbst finanziell schwer angeschlagenen Hermann Nitsch und 60 Werke der hochgehandelten Österreicherin Maria Lassnig besitzt. Ehe der Ausverkauf beginnt, ist die Politik in dieser Causa vielleicht doch noch einmal am Zug: Museumspolitisch hätte es nämlich durchaus Sinn, die bedeutendsten unter den hier zu findenden Arbeiten gegen eine vernünftige Ablöse dem Belvedere zu überlassen.