LASK-Spielerinnen erheben Vorwürfe: „Ich wurde gezwungen, obwohl ich Schmerzen hatte“
Der LASK ist ein millionenschwerer Fußballklub – doch im Damenteam wird laut profil-Recherchen nun Kritik am Umgang mit Spielerinnen laut. Zwei Frauen werfen ihrem Trainer vor, dass sie trotz Verletzung und Schmerzen zum Einsatz gedrängt wurden.
Der Linzer Athletik-Sport-Klub, kurz LASK, ist in Österreich eine große Nummer. Der Fußballverein spielt in einem neuen, 100 Millionen Euro teuren Stadion, der Kader des Männerteams ist über 30 Millionen Euro wert, große Unternehmen wie BWT, Raiffeisen und Zipfer zählen zur Sponsorenriege. Mehr als 4,5 Millionen Euro an öffentlichen Geldern erhielt der Klub in der Vergangenheit pro Jahr, etwa von der Energie AG, der Linz AG und der Landes-Hypo. Zuletzt wurden knapp 50 Millionen Euro Umsatz erzielt.
Das Zugpferd ist der Männerfußball, der die Millionen einspielt – und ausgibt. Vor vier Jahren gründete der Klub aber auch eine Abteilung für Mädchen- und Frauenfußball. Dem LASK liege „viel daran“, wurde erklärt, „traditionelle Geschlechterrollen aufzubrechen und zu zeigen, dass Fußball ein Sport für alle ist“. Mittlerweile hat sich das Frauenteam von der dritten Leistungsstufe in die Bundesliga hochgekämpft.
Nun aber wird Kritik an den dortigen Zuständen laut – von Spielerinnen, die dem Trainer einen aggressiven Umgang vorwerfen und sagen, dass sie trotz Verletzungen und Schmerzen zu Einsätzen gedrängt wurden.
Das LASK-Frauenteam besteht aus jungen Österreicherinnen und Spielerinnen aus dem Ausland, die den Klub als Sprungbrett sehen. Der LASK will auch im Frauenfußball eine etablierte Größe werden. Derzeit liegt man im Tabellenmittelfeld. Der Ehrgeiz ist groß. Vielleicht zu groß.
Eine Spielerin, die aus dem EU-Ausland zum LASK gewechselt war (und profil namentlich bekannt ist, aber in diesem Text anonym bleiben möchte), erzählt, dass sie bei einem Spiel zu Beginn der Saison mit Schmerzen ausgewechselt wurde – und Physiotherapeuten des Vereins kurz darauf eine Entzündung des Schleimbeutels und eine Knochenhautentzündung festgestellt hätten. Eine Woche durfte sie pausieren, berichtet sie. „Dann aber hat mir der Trainer, obwohl die Schmerzen noch da waren, gesagt: ‚Du hast nichts, stell dich nicht so an, du musst trainieren!‘“ Dieser hätte ihr zudem vorgeworfen, nicht verletzt, sondern „einfach nicht fit“ zu sein, „obwohl er von den Physiotherapeuten meine Verletzung mitgeteilt bekommen hat“.
profil hat mit der Spielerin mehrere Gespräche geführt. Sie betont: „Er hat mich trotz Verletzung zum Trainieren gezwungen.“ Das hatte Folgen: „Weil ich meine Verletzung nicht auskurieren durfte, kamen Schmerzen am Knie und am Sprunggelenk hinzu. Wenn ich von meinen Schmerzen erzählt habe, wurde das aber nicht geduldet, sondern mir nur vorgeworfen, dass ich simuliere.“
So klagte sie weiterhin über Schmerzen, betont aber, dass die Verletzung von keinem Arzt im Klub untersucht worden sei, sondern ausschließlich von Physiotherapeuten. „Wir haben gute Physiotherapeuten, hieß es, die würden schon wissen, was sie machen.“ Nur ein Mal, noch während der Saisonvorbereitung, sei sie wegen einer anderen Verletzung vom Mannschaftsarzt der Männer untersucht worden, dann aber auf die Physiotherapeuten des Frauenteams verwiesen worden.
Einmal, sagt die Spielerin, konnte sie wegen Schmerzen nicht ins Training kommen. „Der Trainer hat mich dann am Telefon angeschrien und beleidigt. Er hat gesagt, dass ich dumm sei und nichts zu melden habe. Dann hat er mich gedrängt, am selben Tag und tags darauf zum Training noch eine Extraeinheit zu machen.“
Keine Rücksicht auf Verletzungen
Eigentlich dürfte so etwas nicht passieren. Die Spielerinnen sind dazu verpflichtet, dem Klub täglich über eine eigene App ihren Gesundheitszustand bekannt zu geben. Sprich: Haben sie gerade die Periode, Kreislaufbeschwerden oder etwa Schmerzen. Solche Vorkehrungen sollen dazu führen, dass das Trainerteam auf Beschwerden der Spielerinnen in der Trainingssteuerung ideal eingehen kann. Offiziell nimmt es der LASK sehr genau: Geben die Frauen über ihr Befinden keine Auskunft, werden sie pro ausbleibender Meldung zu einer Strafzahlung von zwei Euro verdonnert – und säumige Spielerinnen in einer WhatsApp-Gruppe quasi vor dem versammelten Team namentlich dazu aufgefordert (Screenshots liegen profil vor). Das Problem: Rücksicht genommen werde auf den Gesundheitszustand dann aber nicht, behaupten zwei Spielerinnen gegenüber profil.
Im September läuft die Spielerin in der Meisterschaft wieder aufs Feld – obwohl sie nach eigener Aussage Schmerzen im Oberschenkel hat und das via Morgenabfrage auch mitgeteilt habe. „Aber der Trainer wollte, dass ich unbedingt spiele.“ Sie wurde massiert und ihr Bein mit Tapes umwickelt. In der Halbzeitpause wurde sie dann aufgrund „extremer Schmerzen“ ausgewechselt. „Ich konnte keinen Schritt mehr gehen, bin ab Minute 30 nur noch gehumpelt und habe mir an den Oberschenkel gefasst. Er hat mich trotzdem am Platz gelassen, obwohl ich rausgerufen habe, dass ich Schmerzen habe und nicht mehr kann – das wurde aber einfach ignoriert.“
Wenn ich von meinen Schmerzen erzählt habe, wurde das aber nicht geduldet, sondern mir nur vorgeworfen, dass ich simuliere.
LASK-Spielerin, anonym
profil hat den LASK mit den Vorwürfen konfrontiert. In einer schriftlichen Stellungnahme wird erklärt: „Spielerinnen kommen bei Verletzungen nicht zum Einsatz. Eine Spielerin, die verletzt oder angeschlagen war, spielt nur, nachdem die medizinische Abteilung, nach vorangegangener Begutachtung, sie als einsatzbereit erklärt hat und sie sich einsatzbereit fühlt.“
Es gibt ein Video von dem besagten Spiel, das profil vorliegt. Es zeigt, dass die Spielerin tatsächlich ab Minute 30 Schwierigkeiten beim Laufen hat, über eine Viertelstunde lang immer wieder humpelt, verzweifelt wirkt und sich mehrmals länger an den Oberschenkel greift. Der LASK teilt mit, dass es „im Fußball Usus“ sei, dass „Spieler und Spielerinnen, die kurz vor der Halbzeit eine Auswechslung wünschen, motiviert werden, bis zur Halbzeit durchzuspielen, um die Wechselperioden zu schonen. Sollte ein Weiterspielen nicht möglich sein, wird sie – ungeachtet der aktuellen Spielminute – ausgewechselt.“
Die Spielerin wäre gerne zu einem Arzt außerhalb des Klubs gegangen, um ihren Zustand untersuchen zu lassen. Das Problem: Sie war nicht krankenversichert. Der Hintergrund: Frauenfußball ist in Österreich weitgehend kein Profigeschäft. Beim LASK erhielt die Spielerin monatlich eine pauschale Reiseaufwandsentschädigung, genannt PRAE, in Höhe von 720 Euro – auch eine kleine Unterkunft, die unter 35 Quadratmeter groß ist und nicht den Mittelpunkt des Lebensinteresses darstellen darf, wurde ihr zur Verfügung gestellt. Die Spielerin bestätigte in einer Vereinbarung zwischen ihr und dem LASK mit ihrer Unterschrift, dass ihre Tätigkeit lediglich eine Nebenbeschäftigung sei, auch wenn das nicht den Tatsachen entsprach. Für Spielerinnen, die vom Verein nur eine PRAE erhalten, fallen keine Lohnnebenkosten etwa in Form von Sozialversicherungsabgaben an. Die Fußballerinnen sind damit aber, sofern sie keinem Hauptberuf nachgehen, auch nicht krankenversichert.
Es wurde und wird keine unserer Spielerinnen zu etwas gezwungen oder gedrängt.
Stellungnahme des LASK
zu den Vorwürfen zweier Spielerinnen
Die Spielerin habe versucht, Kontakt zu einer Vertrauensperson im Verein aufzunehmen. „Doch da sickerte alles zum Trainer durch“, sagt sie. Sie versuchte auch, sich an den sportlichen Leiter zu wenden. „Doch der ist mit dem Trainer befreundet.“ Laut der Vereinbarung, die sie unterschrieben hat, wäre ihr ohnehin jegliche Kommunikation zu den Vorgängen untersagt.
Zur Verschwiegenheit verpflichtet
Es gibt einen heiklen Punkt in dieser schriftlichen Vereinbarung zwischen dem LASK und der Spielerin, die profil vorliegt. Darin heißt es: „Die Spielerin ist während und auch nach der Dauer dieser Vereinbarung gegenüber jedem, auch gegenüber Familienangehörigen und anderen beim LASK tätigen Personen zur Verschwiegenheit verpflichtet.“ Dazu wird festgehalten: „Die Geheimhaltung erstreckt sich auf alle ihr während der Teilnahme am Spielbetrieb des LASK bekannt gewordenen Umstände.“ Sprich: Die Spielerin dürfte sich demnach weder ihren Eltern noch LASK-Mitarbeitern anvertrauen.
Der LASK erklärt auf profil-Nachfrage schriftlich, dass diese „Verschwiegenheitsregelung“ ausschließlich dazu diene, „interne Informationen – insbesondere Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse sowie sportliche und taktische Inhalte – zu schützen“. Zur Veranschaulichung wird ein Beispiel genannt: „Wenn eine Spielerin für den LASK aktiv ist und ein Familienangehöriger gleichzeitig bei einem anderen österreichischen Frauenteam tätig ist“, so heißt es in der Klub-Stellungnahme, „wäre es klarerweise kontraproduktiv, wenn vor einem direkten Duell etwa der Matchplan oder taktische Details besprochen würden.“ Jegliche „private Kommunikation im Allgemeinen“, betont der Klub, sei davon aber nicht betroffen.
Es gibt auch eine zweite Spielerin, die sich profil anvertraut hat. Auch sie wurde vom LASK aus dem Ausland verpflichtet, ist nicht beim Klub pflichtversichert – und empfand einige Situationen als problematisch. Genaue Details ihrer Erzählungen können hier nicht beschrieben werden, da sonst Rückschlüsse auf die konkrete Spielerin gezogen werden könnten. Im Wesentlichen erzählt sie, dass nach einer Verletzung verstärkt Druck auf sie ausgeübt worden sei. Sie hätte auch sofort wieder – obwohl sie Schmerzen hatte – mit dem Training in der Kraftkammer beginnen müssen. „Ich wurde gezwungen, obwohl ich Schmerzen hatte.“
Der Verein betont, der Vorwurf, „Spielerinnen seien unzureichend medizinisch betreut worden“, entspräche „nicht den Tatsachen“. Außerdem wird in der Klub-Stellungnahme „kategorisch ausgeschlossen“, dass der Trainer „eine Spielerin beleidigt hat“.
Der Verein betont, der Vorwurf, „Spielerinnen seien unzureichend medizinisch betreut worden“, entspräche „nicht den Tatsachen“. Außerdem wird in der Klub-Stellungnahme „kategorisch ausgeschlossen“, dass der Trainer „eine Spielerin beleidigt hat“.
Der LASK sieht die Sache anders. „Es wurde und wird keine unserer Spielerinnen zu etwas gezwungen oder gedrängt“, wird betont. Und: „Nahezu alle Spielerinnen der ersten Mannschaft sind beim Klub pflichtversichert und damit kranken- und unfallversichert.“ Dies gelte insbesondere für Spielerinnen aus dem Ausland, „die überwiegend in einem regulären Angestelltenverhältnis stehen“. Für jene Frauen, die auf PRAE-Basis tätig seien, würde der Verein „eine umfassende medizinische Versorgung“ sicherstellen, MRT-Untersuchungen und Operationen finanzieren sowie „regelmäßige sportmedizinische und physiotherapeutische Betreuung“ gewährleisten. Der Vorwurf, „Spielerinnen seien unzureichend medizinisch betreut worden“, entspräche „nicht den Tatsachen“. Außerdem wird in der Klub-Stellungnahme „kategorisch ausgeschlossen“, dass der Trainer „eine Spielerin beleidigt hat“.
Zweifel an Arbeitsverhältnissen
Die zwei Spielerinnen, die sich profil anvertraut haben, widersprechen dieser Darstellung. Der Trainer wird von ihnen als jemand beschrieben, der zu aggressivem Umgangston neigt, schnell laut und beleidigend wird. „Eine 17-Jährige hat der Trainer so extrem angeschrien, dass sie ihren Vater um Hilfe gebeten hat“, erzählt eine Spielerin profil. Der LASK hält dem entgegen: „Der Ton im Leistungssport und insbesondere auf dem Fußballplatz ist lauter, aber nicht niveaulos oder beleidigend.“
Die beiden LASK-Fußballerinnen haben sich nun an die Spielergewerkschaft VdF gewandt. Diese hat drei Meldungen, die profil vorliegen, verfasst, etwa an die Österreichische Gebietskrankenkasse, die Finanzbehörde und das Amt zur Betrugsbekämpfung. Dort wird bemängelt, dass „die im Verein gelebte Praxis berechtigte Zweifel daran aufkommen lässt, dass die arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Behandlung der Arbeitsverhältnisse mit den Spielerinnen den geltenden gesetzlichen Bestimmungen entsprechen“. Bemängelt wird, dass die Athletinnen fünf- bis sechsmal in der Woche für den Verein im Einsatz seien und allein für diese Tätigkeit aus dem Ausland verpflichtet wurden. Dazu müssten sie sensible Gesundheitsdaten preisgeben und würden in Nachrichten (die profil vorliegen) dazu aufgefordert, sich an trainingsfreien Tagen zu schonen und „ihren Körper zu pflegen“. Sie würden auch sanktioniert, wenn sie nicht zu einem Training erscheinen, was eindeutig auf ein Arbeitsverhältnis hinweisen würde, heißt es aus der Gewerkschaft.
Jene Spielerin, die behauptet, dass sie trotz Schmerzen zu Einsätzen gedrängt wurde, ist mittlerweile in ihr Heimatland abgereist. Auf Anraten ihrer Eltern, erzählt sie. Dort ist sie bei ihrem Vater mitversichert und konnte sich von einem Arzt untersuchen lassen. Zwei Wochen, nachdem sie beim LASK verletzt ausgewechselt worden war, erhielt sie folgendes Ergebnis: Einriss des Innenbandes am rechten Fußgelenk und eine Vorschädigung des Meniskus am linken Knie (das ärztliche Attest liegt profil vor). „Meine Verletzungen wurden über Monate nicht behandelt“, beklagt sie. Nun absolviert sie ihre Physiotherapie in Deutschland – und hat das auch Vereinsmitarbeitern kommuniziert (die Nachrichten liegen profil vor).
Am 27. Oktober erhielt sie vom Verein eine knappe Antwort mit dem Betreff: „Kündigung“. Das Schreiben liegt profil ebenfalls vor. Kurz und knapp heißt es dort: „Wie in der abgeschlossenen Vereinbarung über die Auszahlung von PRAE vom 15.06.2025 unter Punkt 3.2. geregelt, macht LASK von seinem Kündigungsrecht Gebrauch. Gegenständige Vereinbarung wird somit zum 27.10. gekündigt.“ Die Begründung, die die Spielerin laut ihrer Aussage telefonisch erhalten haben soll: Sie sei wegen der Behandlung ihrer Verletzung nicht vor Ort.