LASK, umgefärbt: Ein Verein sieht rosa
Der rosarote Panther sorgt für Aufregung in Linz. Eigentlich heißt der Mann mit dem lustigen Spitznamen Andreas Weißenbacher, ist CEO des Wasseraufbereiters BWT und ein umtriebiger Mann im Sport-Sponsoring. Sein Markenzeichen: Rosa. Weißenbacher sponsert Motorsportler, Skispringer, Kicker. So auch den Linzer ASK – 1908 gegründet, seit jeher stolz auf seine Vereinsfarben: Schwarz und Weiß. Doch nun laufen die Spieler immer wieder in rosa Trikots aufs Feld. Das ist tatsächlich gewöhnungsbedürftig: Die Männer sehen in ihren knallrosa Shirts aus, als wären sie unter eine Punschkrapfenglasur geraten. Boulevardblätter witzelten, puristische Fans toben.
In Linz wird an einem rosaroten Trikot gerade der große Kulturkampf der Fußballwelt ausgefochten: Wer hat mehr zu sagen: Fans oder Finanziers? Und: Wie viel Kommerz – in diesem Fall: wie viel Rosa – können Traditionsvereine zulassen, ohne ihre Seele zu verkaufen?
Neue Dressen, neue Sorgen
Christian Waldhör, Sprecher der Faninitiative „Schwarz-Weiß“ ist jedenfalls in großer Sorge. Der Mann ist 27 Jahre alt, besucht seit Kindestagen LASK-Spiele, sein Vater schreibt an einer Vereinschronik – schwarz-weißes Familienblut sozusagen. Und nun das: ein rosa LASK. „Wie weit wollen wir uns für den Erfolg verkaufen?“, fragt Waldhör im Gespräch mit profil. Er hat chronologisch erfasst, wie sein Herzensverein immer pinker wurde. 2019 stieg BWT als Sponsor ein, kurz darauf fand sich der erste rosa Streifen auf dem Heimtrikot. Ein Jahr später folgte ein neu designtes Dress: komplett in Rosa. Bloß als Ausweichtrikot geplant, wurde es zunehmend auch in wichtigen Partien ausgeführt – etwa in London und Lissabon. „Diese Spiele bieten eben einen hohen Marktwert für den Sponsor“, meint Waldhör.
Noch vor Kurzem hatte der LASK freilich gar keinen Marktwert mehr. Vor zehn Jahren spielte er auf Dorfplätzen in der Regionalliga. Erst eine Gruppe um den jetzigen Präsidenten Siegmund Gruber – die „Freunde des LASK“ – manövrierte den Klub mit Geld und Plan zurück in die Bundesliga. Dieser reüssierte schneller als gedacht – und spielte in Europa groß auf. Präsident Gruber ist gut vernetzt in Linz, er hat Politik und Geldgeber ins Boot geholt, das neue Stadion ist gerade eröffnet worden: die Raiffeisen-Arena. 14.000 Zuschauer kommen im Schnitt, und auch sportlich läuft es gut: Der LASK wird die Bundesliga heuer hinter Salzburg und Sturm Graz als Dritter beenden. Gruber führt den Klub mit eiserner Hand – und formte ihn zu einem interessanten Investitionsobjekt. Erfolg sei im Grunde sicherlich erstrebenswert, sagt Fanvertreter Waldhör, auch wenn damals in der Regionalliga „nur die da waren, die wegen dem LASK da waren – das war sicher sympathischer“.
Anders als beispielsweise Rapid Wien ist der LASK kein Mitgliederverein. Fans haben also kein Mitspracherecht. Historisch gilt man als Klub der Oberschicht, der immer von Unternehmern gelenkt wurde. Von einzelnen Fangruppen wolle man sich nichts diktieren lassen, heißt es aus Klubkreisen. Doch die Anhänger fürchten, dass ihr Herzensverein von Geldgebern vereinnahmt werden könnte – wie in Salzburg, wo Red Bull die Historie und Farben der traditionsreichen Austria Salzburg ausgelöscht hat.
Der LASK wird nachweislich pinker
Der gefürchtete rosarote Panther, BWT-Chef Weißenbacher, stammt aus Salzburg, der Konzernsitz liegt in Mondsee. Sein Faible für schrilles Marketing entstand in Paris – auf einer Werbemesse. Dort war BWT mit einem Stand vertreten, der ausgerechnet mit dem eines Mitbewerbers verwechselt wurde. Kurzerhand wurde ein knalliges Rosa zur unverwechselbaren Konzernfarbe gemacht. BWT-Mitarbeiter tragen heute pinke Krawatten, Weißenbacher selbst ein rosa Käppi. Als Formel-1-Sponsor wollte er vor wenigen Jahren den traditionsreichen britischen Luxussportwagen Aston Martin pink einfärben – was ihm aber verwehrt wurde. Sein „Herz blutet“, betonte Weißenbacher im „laola1.at“-Interview, ein rosa Auto falle doch „viel mehr auf“ und bringe „mehr Werbeeffekte“. Er wechselte zum Rennstall Alpine – wo die Boliden schließlich in Rosa fuhren.
Auch der LASK wird nachweislich pinker: Neben den Spielern tragen auch Vereinsmitarbeiter rosa Shirts, ebenso der knorrige Trainer Dietmar Kühbauer sowie die Kinder, die das Team aufs Feld geleiten. BWT fungiert seit drei Jahren als Ausrüster (sorgt also selbst für die rosa Trikots) und als Hersteller von Fanartikeln wie rosa Hoodies und Stutzen. Im September 2021 stellten Fans einen Klubmitarbeiter zur Rede, nachdem der LASK beim Europacupspiel in Helsinki in Pink aufgelaufen war. Die Dress sei „eine Vorgabe von BWT“ gewesen, wurde der damalige Geschäftsführer Andreas Protil zitiert: „In einer Phase, wo Geld für das Stadion aufgetrieben werden muss, können wir uns nicht erlauben, einen wichtigen Sponsor zu verärgern.“
Nun sind halt Fans verärgert. Im April 2022 warfen sie rosa Rauchbomben aufs Feld. „Wir sehen den LASK vor lauter Rosa nicht“, stand auf einem Transparent. Zuletzt blieb die große Fantribüne in den ersten 19:08 Minuten, in Anlehnung an das Vereinsgründungsjahr, leer. Es gebe Fans, „denen wäre es lieber, wenn wir absteigen und in der Landesliga spielen“, sagte LASK-Generalsekretär Gernot Fellinger der „Krone“. profil hat mit LASK-Funktionären längere Gespräche geführt. Zitiert möchte niemand werden. Die Causa um das rosarote Trikot besitzt Sprengkraft.
Fanvertreter Waldhör will „an einen Tisch“ mit Präsident Gruber. Doch der wirkt langsam gereizt. Im Klub sieht man in den aufbegehrenden Fans Störenfriede, die in Wahrheit nur um Einfluss und Macht ringen. Diese wiederum sehen einen LASK, der für Geld seine Werte opfert. „Im schlimmsten Fall heißen wir irgendwann BWT LASK“, befürchtet Waldhör.
Schließlich gibt der Klub – wohl aufgrund dieser Brisanz – doch noch ein schriftliches Statement ab. Der Verein argumentiert, dass die rosa Trikots (die nur wenige Male pro Saison getragen werden) eine wichtige Botschaft transportieren: die Geschichte von BWT, einem Konzern, der mit seinen Systemen weltweit für gutes Trinkwasser sorge und die böse Plastikflasche obsolet machen könnte; mehr Philanthropie als Profit also. Einen Seitenhieb teilt man aber auch aus: Während Konkurrenten wie Puntigamer Sturm Graz ihre Sponsoren gar im Namen tragen, habe der LASK in seiner 114-jährigen Historie diesen „nie verkauft“. Trotzdem, so hält man gegenüber profil schriftlich fest, müsse ein Profiklub „Kompromisse eingehen und Sponsoren entsprechende Möglichkeiten bieten, sich zu präsentieren“.
In zwei Punkten kam der Klub den aufgebrachten Fans aber schon entgegen. In den Statuten wurde festgehalten: Das Wappen bleibt werbefrei, die Vereinsfarben Schwarz und Weiß. Dies sei „sakrosankt“, betont man nun auch gegenüber profil. In einem dritten Punkt lässt man sich dagegen nicht reinreden: „Die Klubkleidung“, so heißt es im Vereinsstatut, „wird vom Präsidium festgelegt.“ Sprich: Die rosa Dressen bleiben Chefsache.