Schüler der PNMS Zwettl.

Lernen mit Minecraft: "Die Schüler sind die Experten"

Die freundliche Blöcke-Welt des Videospiels Minecraft begeistert monatlich 55 Millionen Spieler weltweit. Nun soll das erfolgreiche Spiel auch verstärkt im Unterricht genutzt werden. Die Neuen Mittelschulen Zwettl und Wien Kinzerplatz machen es vor.

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Gelassen navigiert Stefan durch die von ihm gebaute Minecraft-Welt. Aus quadratischen Blöcken haben er und seine Schulkollegen von der privaten Neuen Mittelschule Zwettl ein großes Gebäude erschaffen. In dem höhlenartigen braunen Block gibt es mehrere Räume, in denen spielerisch gelernt werden kann. Raum um Raum bewegt sich Stefan mit seinem Avatar durch das Gebäude: "Man muss verschiedene Aufgaben lösen. Weiß man die Antwort nicht, stirbt man und muss von vorne beginnen. Irgendwann will man aber weiterkommen und so merkt man sich dann die richtigen Lösungen." Vom ersten Block bis zum spielerischen Lernen haben Stefan und seine Kollegen die Welt selbst entwickelt: "Wir haben zum Beispiel mehrere Fortbewegungsmittel eingebaut, damit den Spielern nicht langweilig wird", erzählt er, als sein Avatar direkt aus der virtuellen Informatiklektion in eine kleine Achterbahn springt und in den Garten des Gebäudes saust.

Die Schüler geben Einblick in ihre "Welten".

"Angefangen hat alles, als ich die Kinder einmal gefragt habe, ob man mit Minecraft auch etwas Sinnvolles machen kann", schmunzelt Martin Stadler, E-Learning-Koordinator an der PNMS Zwettl. Kurze Zeit später hatten sechs Schüler auf Basis von Fotos und Fluchtplänen die ganze Schule nachgebaut: "Am Tag der offenen Türe haben sie das Projekt dann präsentiert." Seither wird an der Schule intensiv mit Minecraft gearbeitet: "Wir sind da in jedem Fach flexibel, wenn die Schüler eine Idee in Minecraft haben." Wie vielseitig das Programm ist, beweist Lorenz aus der dritten Klasse mit seiner Minecraft-Version von Friedrich Schillers Ballade "Der Handschuh". Zusammen mit seinen Klassenkameraden hat Lorenz die Handlung nachgestellt, das Ergebnis abgefilmt und die Ballade dazu eingesprochen. Das Ergebnis findet sich auf YouTube.

Die PNMS Zwettl ist mittlerweile eine von 25 Microsoft Showcase Schulen in Österreich, die in Zusammenarbeit mit dem IT-Riesen, der 2014 auch die Firma hinter Minecraft übernahm, besonderes Augenmerk auf digitale Lerntools in ihrem Unterricht legen. Besonders einfach ist der Einstieg für Lehrkräfte aber oft nicht, fehlendes Wissen führe oft zu einer Berührungsangst mit neuen Methoden, so Michael Fleischhacker, der an der NMS Kinzerplatz in Wien unterrichtet: "Aber wenn das das Lebensumfeld unserer Kinder ist, sollten wir uns nicht damit auseinandersetzen?"

Als Lehrer müsse man sich in dieser Situation aber erst an eine veränderte Rolle als "Digital Immigrant" gewöhnen. Als eine Person, die sich im Vergleich zu den "Digital Natives" diese neuen Tools erst aneignen muss: "Die Schülerinnen und Schüler sind die Experten, wir Lehrer sind vor allem Mentoren und Begleitpersonen." Das Begleiten der Schüler soll nun die Minecraft Education Edition erleichtern. Die speziell für den Unterricht modifizierte Version des Spiels bringt zahlreiche Zusatzfeatures ins Klassenzimmer: In einer Tutorialwelt können sich Lehrer erst einmal mit Minecraft bekannt machen, bevor sie mit bis zu 30 Schülern gemeinsam spielen können. Es kann gemeinsam in einer Welt gelernt werden, aber auch in eigenen Welten, in denen die Schüler allein oder in Teams an Projekten arbeiten.

Michael Fleischhacker mit seinen Schülern Dominik und Florian von der NMS Kinzerplatz.

Diese Möglichkeit haben Dominik und Florian aus der NMS Kinzerplatz genutzt. Das spielerische Lernen in Minecraft finden sie gut, denn "wenn man auf Zwang lernt, lernt man nicht so gut". Für die Schüler in den Klassen unter ihnen haben sie Welten zu bestimmten Unterrichtsthemen gebaut: "Das hat auch unser Gedächtnis wieder aufgefrischt." Fertige Welten, die man sich für den eigenen Unterricht downloaden kann, gibt es auch auf der Website der Education Edition. Von einem überdimensionalen Auge, das erforscht werden kann, bis hin zu den Hängenden Gärten von Babylon im Blockformat.

Auf dem dazugehörigen Blog tauschen sich Lehrkräfte über ihre Erfahrungen mit Minecraft im Unterricht aus. Auch Michael Fleischhacker beschreibt auf seinem Blog die Fortschritte, die seine Schüler mit Minecraft machen: "Auch die, die ich normal nicht motivieren kann, haben mitgemacht." Mithilfe digitaler Medien versucht Fleischacker seinen Unterricht "auf den Kopf zu stellen": "Der Input zum Lernstoff passiert Zuhause durch Lernvideos, in der Schule wird dann nur noch geübt, und zwar mit individueller Förderung." Einen besonderen Platz nimmt dabei Game Based Learning ein, also das Lernen mithilfe von Computerspielen wie Minecraft. "Wir müssen Unterricht neu denken", meint Fleischhacker.

Schüler der PNMS Zwettl, Lorenz in der Mitte am PC.

Lehrern, die nicht wissen, welche Tools sie nutzen können, helfen Plattformen wie die der Minecraft Education Edition. Aber auch die Donau-Universität Krems, wo Fleischhacker am Institut für Game Based Learning tätig ist, bietet eine Plattform an, die den Einstieg erleichtern soll. Denn, so meint auch Manuela Mohr-Zydek von Microsoft Österreich, "die Lehrkräfte sind unsere wichtigsten Multiplikatoren, sie verbinden die Technologie mit dem Potenzial der Schüler". Die Schüler sollen fit gemacht werden, für die Arbeitswelt von morgen: "Es geht um digitale Kompetenzen", so Mohr-Zydek und nicht zuletzt auch darum im Unterricht Begeisterung auszulösen.