Matthias Politycki: Warum wir reisen
Der Schriftsteller Matthias Politycki machte vergangene Woche in Wien Zwischenstation, bevor es wieder zurück nach Hamburg ging. Politycki, für die Tageszeitung "Die Welt“ der "größte lebende Sprachkulinariker unter den deutschen Dichtern“, reist seit Jahrzehnten um den Globus - laut eigener Zählung hat er bislang 97 Länder besucht, gut die Hälfte aller Staaten.
Nach Romanen wie "Herr der Hörner“ (2005) "Samarkand Samarkand“ (2013), Sport-Essays ("42,195 - Warum wir Marathon laufen und was wir dabei denken“) und Lyrikbänden ("Dies irre Geglitzer in deinem Blick“, beide 2015) zieht der 62-Jährige nun in zwei Büchern Bilanz über sein unermüdliches Unterwegssein: Während Politycki in dem schmalen Vademecum "Reduktion & Tempo“ darlegt, wie sich die gesammelte Welterfahrung auf sein Schreiben auswirkt, unternimmt der Autor in "Schrecklich schön und weit und wild“ den Versuch, grundsätzlichere Fragen zu klären: Warum reisen wir? Was denken wir dabei? Welche Sehnsucht steckt dahinter?
"Schrecklich schön …“ ist zugleich eine Art Rechenschaftsbericht eines notorischen Anti-Stubenhockers. Politycki berichtet darin von Camp-Urlauben, Schlafsack-Abenteuern, Bildungsreisen, Pauschal- und Kreuzfahrtschiff-Trips: "Wer auch nur irgendwas von der Welt sehen will, der will möglichst viel davon sehen, im Grunde alles.“
Nach dem Gespräch macht sich Politycki, ein beharrlicher Mobiltelefon-Verweigerer, der in leicht bayerischem Timbre spricht, auf den Weg. In den kommenden Wochen wird er schwer erreichbar sein, die nächste Reise auf den Spuren der Roten Khmer in Kambodscha steht bevor: "Bald beginnt das Rucksackpacken. Dann bin ich erst mal richtig weg.“
Im Interview in der aktuellen profil-Ausgabe spricht Politycki über die Rückseite von Sehenswürdigkeiten, Attacken im indischen Moslemviertel, Plastikfrösche aus Ceylon und kubanische Zauberkessel.
Matthias Politycki: Reduktion & Tempo. Als Erzähler unterwegs im 21. Jahrhundert. Wallstein, 48 S., EUR 10,10