Meidlinger Platzl, Wien: Das Zentrum der Welt
Fragen Sie Sebastian Kurz. Wenn der Bundeskanzler nicht gerade in seiner zweiten Heimat, dem Waldviertel, weilt, ist er Meidlinger mit Herz und Seele. Arbeiterbezirk mit bürgerlichem Touch, die Diskothek U4, ÖVP-Akademie, Gymnasium Erlgasse, alles da. Der 12. Wiener Gemeindebezirk, im Südwesten des Zentrums gelegen, ist nicht nur einer der schönsten, weil, rein subjektiv betrachtet, einer der dörflichsten und gemütlichsten Bezirke (97.634 Einwohner) der Bundeshauptstadt, er hat mit dem Meidlinger Platzl auch einen Ort, den man gut und gern als Zentrum der Welt bezeichnen kann. Ein perfekter Sommertag beginnt hier - und hört im Idealfall auch hier auf.
Dafür gibt es mehrere gute Gründe: Beim zentralen Brunnen kann man mit einem Gelato aus einer der umliegenden Dielen stundenlang die Sonne genießen und die hiesige Hautevolee beobachten. Nur ein paar Schritte weiter Richtung Osten steht man schon mitten auf dem Meidlinger Markt, wo Hipster-Delikatessen, rustikale Beisln und internationale Fladen-und Fleischdealer Stand an Stand stehen. In der entgegengesetzten Richtung liegt das malerische Theresienbad. Hier gibt es nette Bademeister, fröhliche Tarockrunden, eine durchaus schattige und kinderfreundliche Liegewiese, Fitnessgeräte und eine Pommes-Bude.
Immer noch Sehnsucht nach Lignano? Am Platzl beginnt auch die Meidlinger Hauptstraße, die wohl gemütlichste Flanier-, Shopping-und Kaffeehausmeile der Stadt. Und sollte der Großstadtsommer doch einmal zu heftig über die Stränge schlagen, findet man am Ende der Fußgängerzone den Meidlinger Bahnhof, von dem aus man in exakt drei Stunden und 59 Minuten (ohne Umsteigen) in Pörtschach am Wörthersee ist.
Philip Dulle
Lesen Sie in profil 29/2020: Mitte Juli, höchste Reisezeit. Coronabedingt liegt in diesem Jahr ein Urlaub im eigenen Land nahe. Aber wohin genau? Es ist ein weites Feld, das sich da zwischen Bodensee und Zurndorf auftut. Die profil-Redaktion hat das Land erkundet und legt 20 unverbindliche Reiseempfehlungen vor. Es geht zu egalitären Badeseen und ziellosen Orten, Raststationen und Umsteigebahnhöfen. Es geht unter Wasser und auf die Landstraße. Betonmauern, urbane Gstätten und historische Schädelsammlungen werden erkundet, Badeseen von oben und unten betrachtet, Selbst-,Fremd-und Nahtoderfahrungen gemacht. In diesem Sinne: Gute Reise!