Michael Schumacher: Aufregung um gestohlene Krankenakte
Zudem wurde nun öffentlich, dass ein Unbekannter an die 50.000 Euro für die Weitergabe des Dokuments verlangt habe.
"Da kann man doch nur entsetzt und angewidert sein!", sagte Kehm der "Bild"-Zeitung. Nahezu ein halbes Jahr drang fast nichts nach außen, was nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. Spekuliert wurde zwar viel, verlässlich waren seit dem unglücklichen Sturz Schumachers am 29. Dezember in Meribel beim Skifahren aber nur die Mitteilungen von Managerin Kehm.
"Ermittlungsbehörden sind eingeschaltet"
Bereits am Montagabend informierte Schumachers Managerin Sabine Kehm über den Vorfall: "Seit einigen Tagen werden einigen Medienvertretern gestohlene Dokumente/Daten zum Kauf angeboten, von denen der Anbieter behauptet, es handle sich um die Krankenakte von Michael Schumacher", erklärte Kehm in einer Stellungnahme. "Wir können nicht beurteilen, ob die Unterlagen echt sind. Fakt ist jedoch: Die Unterlagen sind gestohlen. Der Diebstahl wurde angezeigt. Ermittlungsbehörden sind eingeschaltet."
Nach Angaben aus französischen Ermittlerkreisen handelt es sich bei dem gestohlenen Dokument um einen Arztbrief, in dem die medizinische Behandlung Schumachers in Grenoble zusammengefasst wird. Das elf- bis zwölfseitige Schreiben war für die Klinik in Lausanne bestimmt, in die Schumacher am Montag vergangener Woche nach fünfeinhalb Monaten in Grenoble verlegt und zur Reha gebracht worden war.
Der Staatsanwalt von Grenoble, Jean-Yves Coquillat, sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei "wahrscheinlich", dass dieses Dokument gestohlen worden sei, aber "noch nicht erwiesen". Demnach leiteten die Behörden am vergangenen Freitag Ermittlungen ein, einen Tag nach dem Eingang der Anzeige der Uni-Klinik Grenoble wegen "Diebstahls und Verletzung des Arztgeheimnisses". Die Klinik erklärte, von Schumachers Managerin darauf aufmerksam gemacht worden zu sein, dass das Dokument Journalisten angeboten werde.
Knapp 50.000 Euro für Akte
"Der oder die Täter haben eine bestimmte Zahl von französischen, Schweizer und deutschen Journalisten kontaktiert", sagte Staatsanwalt Coquillat. "Diese Person, die per E-Mail kommuniziert, verlangt 60.000 Schweizer Franken (49.300 Euro) für das Dokument." Um seine Angaben zu untermauern, habe der Unbekannte einen Teil des Dokuments angefügt.
Die Polizei in Grenoble befragt nun alle Klinikmitarbeiter, die Zugriff auf den Arztbrief gehabt haben könnten. Zugleich überprüfte das Krankenhaus sein Computersystem auf einen möglichen Hackerangriff oder unbefugten Zugang. Um Schumachers Privatsphäre zu schützen, hatte die Uni-Klinik strikte Sicherheitsvorkehrungen getroffen.
Kehm warnte Medien vor einer Veröffentlichung des Dokuments: "Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Ankauf solcher Unterlagen/Daten sowie deren Veröffentlichungen verboten sind. Daten aus der Krankenakte sind höchst vertraulich und dürfen der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden." Bei einer Veröffentlichung drohte Kehm Strafanzeige an.
Rehabilitation außerhalb der Öffentlichkeit
Immer wieder wies die ehemalige Journalisten auf die Privatsphäre des einstigen Formel-1-Piloten hin, der sich bei einem reinen Freizeitvergnügen schwer am Kopf verletzt hatte. Mit einem Schädel-Hirn-Traum war der 45-Jährige im Universitätskrankenhaus von Grenoble monatelang im Koma gelegen. Versuche, ihn zu fotografieren oder bis zu seinem Zimmer auf der Intensivstation vorzudringen, hatte es bereits gegeben. Sie konnten aber alle rechtzeitig unterbunden werden.
Noch in einer Mitteilung am Montag vergangener Woche hatte Kehm betont: "Für die Zukunft bitten wir um Verständnis, dass seine weitere Rehabilitation außerhalb der Öffentlichkeit erfolgen soll." Er war am selben Tag von Grenoble, wo die Akten offensichtlich gestohlen wurden, in die Universitätsklinik von Lausanne (CHUV) gebracht worden. Schumachers Wohnsitz am Genfer See ist nur knapp 40 Kilometer entfernt. Er war dorthin gebracht worden, nachdem er nicht mehr im Koma gelegen war.
Polizei eingeschaltet
Der Unfall hatte wochenlange staatsanwaltschaftliche Ermittlungen mit dem Ergebnis nach sich gezogen, dass kein Fremdverschulden bei Schumachers Sturz mit dem Kopf an einen Felsen vorlag. Auch jetzt ist die Polizei eingeschaltet. "Wir können nicht beurteilen, ob die Unterlagen echt sind. Fakt ist jedoch: Die Unterlagen sind gestohlen", schrieb Kehm. Und: "Der Diebstahl wurde angezeigt."
Kehm wies mit Nachdruck darauf hin, dass die Daten aus der Kranken-Akte "höchst vertraulich" seien und der Öffentlichkeit "nicht zugänglich gemacht werden" dürften. "Gegen die Veröffentlichung von Inhalten aus der Krankenakte werden wir daher in jedem Einzelfall Strafanzeige wegen der Verwirklichung aller in Betracht kommender Straftatbestände stellen."
Der Wintersportort Méribel in den französischen Alpen
Schumacher wurde nach seinem Sturz monatelang in einem Krankenhaus in Grenoble, Frankreich, behandelt
Steckbrief:
Michael Schumacher
Geb.: 3. Jänner 1969, Deutschland
Geburtsort: Hürth-Hermühlheim; aufgewachsen in Kerpen
Wohnort: Gland (Schweiz)
Familienstand: verheiratet mit Corinna seit 1. August 1995
Kinder: Gina Maria (16), Mick (14)
Bruder: Ralf Schumacher (38/ebenfalls früherer Formel-1-Pilot)
Größte Erfolge:
* Siebenfacher Formel-1-Weltmeister (1994, 1995 und 2000 bis 2004)
* 91 Grand-Prix-Siege (zuletzt 2006)
Erster GP: 25. August 1991 GP von Belgien
Letzter GP: 25. November 2012 GP von Brasilien
Erster GP-Sieg: 30. August 1992 GP von Belgien
Letzter GP-Sieg: 1. Oktober 2006 GP von China
GP-Starts: 307
GP-Siege: 91
GP-Podestplätze: 155
Pole Positions: 68
Teams: 1991 Jordan, Benetton
1992 bis 1995 Benetton
1996 bis 2006 Ferrari
2010 bis 2012 Mercedes
Wichtigste Rekorde: Meiste WM-Titel (7), meiste GP-Siege (91),
meiste Pole Positions (68), meiste Podestplätze (155)
Die Fahrer mit den meisten Grand-Prix-Siegen der Formel-1-Geschichte:
1. Michael Schumacher (GER) 91 GP-Siege
2. Alain Prost (FRA) 51
3. Ayrton Senna (BRA) 41
4. Sebastian Vettel (GER) 39 *
5. Fernando Alonso (ESP) 32 *
6. Nigel Mansell (GBR) 31
7. Jackie Stewart (GBR) 27
8. Lewis Hamilton (GBR) 26 *
9. Niki Lauda (AUT) 25
. Jim Clark (GBR) 25
10. Juan Manuel Fangio (ARG) 24
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