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Muss man Arbeitslose durch Kürzungen stärker zur Jobsuche drängen? Ja, sagt Lukas Sustala.

Eine Arbeitslosenversicherung, die eine Inaktivitätsfalle ist, können wir uns nicht mehr leisten, argumentiert der Leiter des Neoslab.

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Fachkräftemangel war gestern. Arbeitskräftemangel ist heute. In Österreich sind so viele offene Stellen unbesetzt wie noch nie. Das ist längst nicht nur ein Problem einzelner Branchen wie der IT oder Hotellerie. In Österreich verabschieden sich die größten Alterskohorten Jahr für Jahr in Pension, und es kommen weniger Junge nach. In den nächsten Jahren wird die Zahl der Erwerbsfähigen sinken. Das ist eine Zeitenwende auf dem Arbeitsmarkt.

Für Arbeitnehmer sind das gute Neuigkeiten. Sie sind gefragter denn je. Für den Wirtschaftsstandort ist Arbeitskräftemangel eine Bedrohung, weil er schlicht dazu führen wird, dass nicht mehr in Österreich, sondern anderswo investiert wird.

Laut Wirtschaftsforschungsinstitut ist der „Mangel an Arbeitskräften“ bereits Investitionshemmnis Nummer 1. Daher muss jetzt an mehreren Schrauben gedreht werden: Ältere länger in Beschäftigung halten, Aus- und Weiterbildung reformieren, Abgabenlast auf Arbeit senken. Aber eben auch: das Arbeitslosengeld so reformieren, dass Arbeitslose durch Anreize und Kürzungen mit mehr Nachdruck zur Jobaufnahme motiviert werden.
Die Bundesregierung wollte eine Arbeitslosengeldreform nach skandinavischem Vorbild schon vor dem Sommer beschließen: nach dem sogenannten „degressiven“ Modell. Es wäre überfällig. Demnach bekämen Arbeitslose in den ersten Wochen der Arbeitslosigkeit mehr Geld als derzeit, dafür aber sukzessive weniger in den folgenden Monaten. So steigt der Druck, rasch einen Job zu suchen und zu finden. 

Das Problem mit dem Arbeitslosengeld derzeit ist, dass es zu häufig auch zu einer „Inaktivitätsfalle“ führt. Etwa durch die Möglichkeit, geringfügig dazuzuverdienen oder sich die Bezüge vom AMS durch Schwarzarbeit aufzubessern. Diese legalen oder illegalen Nebenverdienste senken die Motivation, eine neue Vollzeitstelle zu suchen. Zusammen mit der hohen Steuer- und Abgabenbelastung einer normalen Beschäftigung wird die Arbeitslosigkeit somit zur Inaktivitätsfalle: Denn wer dem echten Arbeitsmarkt lange fern bleibt, dessen Chancen auf einen regulären Job sinken deutlich. Deswegen sollte die Möglichkeit, geringfügig dazuzuverdienen, eingeschränkt werden.

Durch diese falschen „Kombilöhne“ aus AMS-Geld und Minijobs oder gar Schwarzarbeit zahlen alle drauf: die Firmen, denen Arbeitskräfte entgehen; die Allgemeinheit, weil sie für die fehlenden Sozialabgaben einspringen muss; die betroffenen Menschen, weil sie im prekären Status verharren. Ein degressives Arbeitslosengeld zahlt sich unterm Strich hingegen für alle aus.

AMS-Chef Johannes Kopf hat sich neben Einschränkungen für den Zuverdienst auch für eine andere Form der Kürzung ausgesprochen: eine Wartefrist auf das Arbeitslosengeld. Das soll die Motivation senken, Arbeitskräfte nach der Saison im Arbeitslosensystem zwischenzuparken. Das ist zu begrüßen. Aber auch Arbeitgebern, die die Arbeitslosenversicherung auf diese Art ausnutzen, sollten Förderkürzungen drohen.

Wir leben in der Zeit des Arbeitskräftemangels. Wir können uns eine Arbeitslosenversicherung, die nicht Sprungbrett zurück in den Arbeitsmarkt ist, sondern Inaktivitätsfalle, nicht mehr leisten.

Anders als Lukas Sustala sieht es die Gründerin des Momentum Instituts, Barbara Blaha. Ihren Text können Sie hier lesen:

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In "Cash & Clash" streitet die Gründerin des linken Momentum Instituts, Barbara Blaha, regelmäßig mit dem wirtschaftsliberalen Ökonomen, Lukas Sustala. Er leitet die Neos-Parteiakademie. Beide legen Wert darauf, parteiunabhängig zu argumentieren.