Bruce Springsteen, Stephen Malkmus und Monsterheart

Neue Alben: Bruce Springsteen, Stephen Malkmus, Monsterheart

profil unerhört. Die wichtigsten CDs der Woche

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Von Philip Dulle, Sebastian Hofer und Stephan Wabl

Bruce Springsteen: High Hopes (Sony Music)

Schöne Vorstellung. Bruce Springsteen sitzt auf der Veranda seiner Ranch in New Jersey, klimpert auf der Gitarre, singt für die Enkelkinder – befreit von all den hektischen Tourneen, den zeitraubenden Albumveröffentlichungen und seiner Ikonisierung als Gralshüter des amerikanischen (Anti-)Traums. 133 Konzerte hat er, der Boss, bei seiner letzten, eineinhalb Jährigen Tour gespielt – stets knapp vier Stunden pro Auftritt. Der hemdsärmelige Working-Class-Hero hat das Understatement eben nicht erfunden. Den Ruhestand, den Müßiggang, die Replik auf das eigene Leben aber auch nicht. Wenn er schon, wie im Falle von „High Hopes“, mal in den Rückspiegel blickt, dann holt er sich eben tatkräftige Unterstützung (zum Beispiel seinen aktuellen Tourneegast Tom Morello) und spinnt seinen Stadionrock nur einen Deut weiter. Niemand weiß so gut wie Springsteen: Fans wollen nicht gelangweilt, aber auch nicht überfordert werden. Auf seinem 18. Album verwertet Springsteen Songs, die es bei früheren Aufnahmesessions nicht auf das entsprechende Album geschafft haben, Stücke, die zuerst aussortiert und jetzt wieder einsortiert wurden. Aber auch Neuinterpretation wie seinen großartigen Folk-Klassiker „The Ghost of Tom Joad“ (der von Morello durchaus imposant durch den Gitarren-Fleischwolf gejagt wird), oder auch das gesellschafts- und polizeikritische „American Skin (41 Shots)“, das er im Jahr 2000 für den von New Yorker Cops erschossenen Amadou Diallo geschrieben hatte und durch den Fall Trayvon Martin nun wieder Aktualität erlangte. Im Alterswerk ist Springsteen mit „High Hopes“ noch nicht angekommen. Er macht nur einen Zwischenstopp, lässt den Motor laufen. Bis er das Gaspedal wieder durchdrückt. (7.0/10) Ph. D.

Stephen Malkmus & The Jicks: Wig Out at Jagbags (Matador Records)

Von der ersten Sekunde an jault die Stratocaster fröhlich drauflos, ein paar Sekunden später kracht sie verdächtig siebzigerjahremäßig in Richtung Refrain, macht also etwas, was sie in der Hand von Stephen Malkmus ziemlich regelmäßig macht, vielleicht nicht immer so siebzigerjahremäßig, aber andererseits: Warum nicht? Wer nichts beweisen muss, kann machen, was ihm gefällt. Zum Beispiel das, was früher schon geil war und heute kaum weniger geil ist. Stephen Malkmus, der Inbegriff des Neunzigerjahre-Indierockhelden, (gymnasiastenhaft verschlurft, intellektuell, gern auch mit buntem Blumenmuster am Hemd), hat es sich in seiner Post-Pavement-Phase in der eigenen Unzeitgemäßheit ganz schön gemütlich gemacht. Mit der Betonung auf: schön. Er muss jetzt keine jungen Fans mehr bezaubern, weil er eh genug alte hat, die auch sein Jigs-Werk gern anhören, und das meiste davon ist so gemütlich, unzeitgemäß und gewitzt charmant wie „Wig Out at Jagbags“. Früher war alles früher. (7.7/10) S. Ho.

Monsterheart: Oh Death (Seayou Records)

Das Herz ist groß, die Grube tief, die Stimmung gespenstisch bis morbid. Das trifft sich ganz gut, heißt der Song doch "Oh Death" und wird von Anna Attar alias Monsterheart vorgetragen, als wolle sie sowohl Gespenst als auch Tod - angezogen von der süßen Macht des Ungewissen - freudig unter ihre Decke locken. Das macht sie mit Worten, die einem alten Folk Song gleichen Titels entstammen. "O, Death. O, Death. Won't you spare me over 'til another year?", heißt es darin prominent. Das klingt nach Verzweiflung und Angst, wird bei Monsterheart aber zu einem schönen Akt der Verführung. Wir hoffen auf weitere solcher Akte im März erscheinenden Album "W". (7.0/10) S.W.

Alle profil-unerhört-Kritiken in der Nachlese

profil-Wertung:
Von "0" (absolute Niederlage) bis "10" (Klassiker)

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Von 2009 bis 2024 Redakteur bei profil.