Mogwai und Warpaint

Neue Alben: Mogwai und Warpaint

profil unerhört. Die wichtigsten CDs der Woche

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Von Philip Dulle und Stephan Wabl

Mogwai: Rave Tapes (Rock Action Records)

Die Zombies haben abgefärbt: Vor knapp einem Jahr veröffentlichte Mogwai ihr Soundtrackalbum zu der französischen TV-Serie "Les Revenants", in der Untote zu den Klängen der schottischen Postrocker durch Tag, Nacht und Nebel schleichen. Der düstere Grundton dieser Arbeit findet sich nun auch auf Mogwais neuem Album "Rave Tapes" wieder. Gleichzeitig schlägt das gewohnte Mogwai'sche Pendel zwischen leisen und lauten Passagen, gemächlicher Klangschleicherei und krachenden Auszuckern nicht mehr ganz so wild und abrupt aus. Das macht "Rave Tapes" auch zu einem kohärenteren Album als den Vorgänger "Hardcore Will Never Die, But You Will". Im ersten Moment mögen die verkürzten Höhen und Tiefen etwas vermissen lassen, spätestens am Ende der zehn Nummern erwischt das Album den Zuhörer allerdings mit gandenloser Präzision. Zombies bewegen sich bekanntlich langsam, aber zielsicher. Die fünf Schotten setzen auf ihrem achten Studioalbum zwar auf bekannte Stärken - Experimente halten sich in Grenzen -, ruhen sich jedoch auf ihrer beinahe 20-jährigen Bandgeschichte nicht aus. Das beweisen vor allem das funkige, einer Computerspielmelodie gleichende "Remurdered", das Spoken Word ähnliche "Repelish" und das verzerrte "The Lord is Out of Control". Top! (8.0/10) S.W

Warpaint: Warpaint (Rough Trade/Indigo Records)
Die kalifornische Sonne kann ganz schön trügerisch sein: hinter der Fassade aus Palmen, Sternen und Glamour verbirgt sich eine sinistre Grundstimmung, die einem vor allem in Los Angeles, der Stadt der Engel, auf Schritt und Tritt verfolgt. Die vier Frauen von Warpaint, die mit ihrem zwischen schemenhaften Indiepop und düsteren achtziger Jahre Referenzen changierenden Debüt („The Fool“) die Musikszene Südkaliforniens Anfang der Zehnerjahre ein wenig aus der Lethargie gerissen haben, veröffentlichen nun das erste wichtige Album des Jahres. Die psychedelische Rockmusik, 2010 nach fester Bestandteil des tiefgründigen Sounds, ist fast gänzlich verschwunden; man schwebt heute lieber zwischen New-Wave-Getöse und nebelverhangener Postpunk-Rührseligkeit, spielt mit Dreampop-Versatzstücken und versucht sich an treibenden Basslines („Disco/Very“). Dass traurige Popmusik auch glücklich machen kann, ist ein altes Geheimnis. Im Falle von Warpaint ist der musikalische Blick auf die Gefühlswelt aber nicht bloß wohlvorgetragene Chimäre, sondern bietet einen Einblick in das Chaos Leben. Und das ist auch in Kalifornien nicht immer sonnig. (8.5/10) Ph.D.

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