Neustart in Langenlebarn: „Das Wolf“ nach der Insolvenz
Samstagmittag, Langenlebarn im Tullnerfeld, leichter Regen. So richtig einladend sieht das etwa 20 Meter von der Bahnhaltestelle entfernte Gebäude, hinter dessen Mauern sich kulinarisch Großartiges abspielen soll, ja nicht aus. Von außen betrachtet ist „Das Wolf“ ein wenig in die Jahre gekommen. Auch im Inneren des traditionsreichen Restaurants lief es nicht immer glatt, mit dem Vorgänger-Team rund um Küchenchef Christian Wöber (der inzwischen eine neue Wirkungsstätte in Tulln gefunden hat) musste man 2024 unter unglücklichen Umständen Insolvenz anmelden.
Im November vergangenen Jahres erfolgte der Neustart: Mit einem nicht gerade niederschwelligen Fine-Dining-Konzept nahm eine neue Brigade die Arbeit auf. Hinterm Herd steht Sebastian Butzi, er wirkte bereits bei Obauer und Reitbauer. Das perfekte Service wird von Philipp G. Prodinger angeführt. Ein komplettes „Das Wolf“-Menü besteht aus sieben Gängen und kommt auf 135 Euro, die vegetarische Variante (sechs Gänge) kostet 115 Euro, und für das „Kleine Wolf“-Menü in vier Gängen bucht Herr Prodinger 89 Euro ab. Allerdings ist es im „Das Wolf“ möglich, jeden Gang auch einzeln zu bestellen oder die Menüs zu variieren. Für uns wird es der kleine Wolf plus vier Gänge aus dem vegetarischen Menü.
Das gebratene Salatherz mit Rosinen und Bärlauch (Bild oben) hat als rauchigen Widerpart gebrannte Mandeln bekommen. Die Rosinen wurden in Granatapfel-Saft eingelegt – ein schöner Start, wenn auch nicht besonders außergewöhnlich. Bei der Vorspeise aus dem vegetarischen Menü gibt es Lauch (Bild unten) in zwei Aggregatzuständen – einmal als Emulsion, einmal abgeflämmt. Butzi weiß natürlich, dass die Gesamtstruktur zu weich wäre, also peppt er das Gemüse mit gepuffter Rollgerste auf. Ein ausgeprägtes, aber nicht aufdringliches Zitronenaroma schwebt über dem Teller.
Die gebutterte Lachsforelle gerät dann zum gewöhnlichsten Gang, der aber dennoch von hervorragendem Handwerk zeugt: Der glasige Fisch liegt auf bissfestem Limettenrisotto, drumherum kommt eine Jungerbsen-Beurre-blanc. Der Zwischengang aus Sellerie (Bild unten) ist da schon eine andere Nummer: Ein Warm-kalt-Spiel aus einem Stück der Knolle, das gebacken (warm) auf einem Salat aus Belugalinsen (kalt) thront. Eine Schwarzwurzel-Beurre-blanc hält die beiden Zutaten zusammen.
Zu den Hauptspeisen: Die medium-rare gebratene Lammkrone (Bild ganz oben) gibt’s am Knochen und einmal davon gelöst, die Rosa-Bianca-Melanzani ist ebenfalls zweimal präsent – als mit Tomatensauce bearbeitete Scheibe und als Ratatouille-artiges Ragout mit Ahornsirup. Die aktuell omnipräsente Chimichurri holt auch noch den ganzen Kräutergarten auf den Teller. Vegetarische Alternative: Fregola Sarda mit Mais und gelber Paprika (Bild unten). Letztere wird zu einer Sauce verarbeitet und umschlingt die Pasta, darauf sitzt noch ein Kräuterseitling. Leider dominiert der Mais ein wenig zu stark, doch darüber könnte man streiten.
Ob Butzis Mutter mit ihrem Sohn gestritten hat, weil der ihr – laut Serviceangaben – das Rezept für die Schokotorte (Bild unten) abgeschaut hat, ist nicht überliefert. In seiner Variante ist es jedenfalls ein cremiges Dessert mit Zotter-Schokoladeplättchen und Marilleneis sowie einer Marillensauce, die zwar auf Rumaroma baut, dabei aber nicht nach Alkohol schmeckt. Das Apfeleis mit Blutorangen-Gel und Zimt macht mitsamt den verschieden ausgestochenen Apfelblättchen rundum glücklich.
Im „Das Wolf“ stimmt eigentlich alles. Vielleicht dürfte der eine oder andere Gang noch ein bisschen weniger „klassisch“ sein, aber es ist halt auch schwer, es allen recht zu machen – und dabei auch noch wirtschaftlich zu bleiben. Wer eine gute Zeit bei gehobener Küche und tollem Service verbringen will, ist in Langenlebarn jedenfalls richtig. Auch die Preisgestaltung lässt einen – für das gebotene Niveau – nicht vollständig verzweifeln. Und falls man mit der Weinbegleitung spekuliert: Der Bahnhof wäre wie gesagt in Gehweite.
Stimmung: elegant und trotzdem herzlich
Empfehlung: darauf achten, dass das Hemd so gut gebügelt ist wie die Tischwäsche
Preisverhältnis: sehr gehoben, aber nicht überzogen
Das Wolf
Bahnstraße 58
3425 Langenlebarn
daswolf.restaurant
Tel.: 02272/217 01
Do, Fr, Mo 18–23 Uhr, Sa 12–23 Uhr,
So 12–21 Uhr