Fußball

ÖFB-Präsidium wehrt sich: „Wir sind nicht nur ahnungslose Wichtigtuer“

Im ÖFB toben seit Jahren Machtkämpfe – zum Schaden des Fußballbundes. Teamchef Ralf Rangnick, Spieler um David Alaba und neuerdings auch Millionen-Sponsoren üben Druck auf die Funktionäre aus. Die aber beginnen sich zu wehren, wie ein profil exklusiv vorliegendes E-Mail zeigt.

Drucken

Schriftgröße

Wolfgang Bartosch ist seit Ende November ÖFB-Präsident – und schon der vierte Verbandschef in den vergangenen zwei Jahren. Sogar UEFA-Boss Aleksander Čeferin kennt sich langsam nicht mehr aus. Als Bartosch zuletzt bei einer Veranstaltung auf Čeferin traf, habe dieser verdutzt gewirkt: Schon wieder ein neuer Präsident, der ihm da die Hand reichte? „Was ist denn da los bei euch in Österreich?“, habe der UEFA-Chef laut Bartosch ungläubig gefragt.

Nun, was ist da los? ÖFB-Funktionäre bekämpfen einander seit Jahren, spinnen Intrigen, beflegeln sich öffentlich – und trafen auch schon vor Gericht aufeinander. „Das ist für die Reputation des ÖFB ein Wahnsinn“, sagt Bartosch zu profil.

Da ist einerseits das viel bejubelte Nationalteam um Weltstars wie David Alaba und Teamchef Ralf Rangnick. Andererseits: ein streitender Männerbund, bestehend aus ehrenamtlichen Provinzfunktionären. Die honorige Runde prägt – und beschädigt – das Bild des Österreichischen Fußball-Bundes. Rangnick und seine Spieler forderten zuletzt öffentlich mehr Professionalität. Nun setzen auch mächtige Geldgeber wie Raiffeisen und Coca-Cola die Funktionäre unter Druck und drohen mit dem Abzug ihrer Sponsoring-Millionen. Kann diese Allianz den ÖFB verändern? profil-Recherchen zeigen: Die machtbewusste Männerrunde wird sich nicht wehrlos geschlagen geben.

Jeder Einzelne hat eine erfolgreiche Karriere im Zivilberuf. Viele haben internationale Beziehungen und können gut Englisch. Das Bashing ist ein bisschen ungerecht.

ÖFB-Präsident Wolfgang Bartosch

verteidigt seine Kollegen

Die Funktionäre hätten den ÖFB in eine Art „House of Cards“ verwandelt, sagt einer aus dem innersten ÖFB-Zirkel zu profil. Es gehe um Macht und Einfluss. Um Lagerdenken und Personalbesetzungen. Im November 2024 musste wieder einmal ein Interimspräsident installiert werden – nach internen Querelen und dem erschöpften Rücktritt von Präsident Klaus Mitterdorfer. Die Wahl fiel auf Wolfgang Bartosch, 66, pensionierter Direktor der steirischen Arbeiterkammer. Prompt kam es zu Zankereien. ÖFB-Vizepräsident Gerhard Götschhofer legte gegen die Wahl Protest beim ÖFB-Rechtsmittelsenat ein. Eigentlich hätte einer der drei Vizepräsidenten übernehmen sollen – nachdem aber keiner eine Mehrheit fand, wandte Geschäftsführer Thomas Hollerer den Paragrafen „Gefahr in Verzug“ an und ermöglichte dem steirischen Landespräsidenten das Amt.

Das 13-köpfige, föderalistisch besetzte Präsidium ist das Machtzentrum im ÖFB. Darin sitzen neun Landesverbandspräsidenten, der Präsident und drei Bundesligavertreter. Die letzten Präsidenten wurden allesamt aus den eigenen Reihen abmontiert. Mitterdorfer trat Ende 2024 nach harten Anfeindungen und bloß anderthalb Jahren im Amt zurück. Dem Verlagsmanager Gerhard Milletich erging es 2023 nicht besser. „Ich bin seit zweieinhalb Jahren hier und habe vier Präsidenten erlebt“, erklärte Teamchef Rangnick zuletzt via Sky. „Normalerweise ist das andersrum: Da hast du in diesem Zeitraum so viele Trainer.“

Die Sponsoren setzen die Daumenschrauben an

Nun reagierten auch mächtige Geldgeber des Verbandes auf die Querelen – mit zwei Briefen an die Funktionäre. Raiffeisen und sechs weitere Sponsoren – Admiral, Magenta, Coca-Cola, Verbund, die Österreichischen Lotterien und Transdanubia – übten darin harsche Kritik am ÖFB-Entscheidungsgremium. Die Raiffeisenbank forderte in ihrem Schreiben, „die Führung des ÖFB in professionelle Hände zu legen“. Und sie legte dem Verband nahe, einen externen Präsidenten zu wählen, der „nicht primär interne machtpolitische Interessen vertritt“. Zwei Personal-vorschläge lieferte man gleich mit: Uniqa-Vorstand Kurt Svoboda und den Immo-United-Gründer Roland Schmid. Sollte die Präsidentenwahl im Mai aber „zum wiederholten Mal im Sinne der internen Interessen einzelner Präsidiumsmitglieder fallen“, so das Ultimatum, „behalten wir uns vor, die zukünftige Zusammenarbeit mit dem ÖFB stark infrage zu stellen“.

Gerald Gossmann

Gerald Gossmann

Freier Journalist. Schreibt seit 2015 für profil kritisch und hintergründig über Fußball.