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Österreichische Fußball-Mythen ade: Geht nicht, gibt’s nicht mehr

profil analysiert sieben gebetsmühlenartig wiederholte Thesen, die sich am Beginn der Rangnick-Zeit gerade in Luft auflösen.

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Im österreichischen Fußballgeschäft ist Fortschritt ein hart erkämpftes Gut – auch deshalb, weil dieser (von der alteingesessenen Szene) in der Regel konsequent verhindert wird. Bislang wurde bei ausbleibendem Erfolg der ÖFB-Nationalmannschaft gerne behauptet: Es geht halt nicht besser. ÖFB-Funktionäre, Fußball-Legenden und renommierte Experten wiederholten gebetsmühlenartig Mythen, die sich in den Köpfen der Fußball-Öffentlichkeit festsetzten – sich nun aber zunehmend in Luft auflösen. Schon die ersten Arbeitstage des neuen Teamchefs Ralf Rangnick zeigen: Geht nicht, gibt’s nicht mehr. profil analysiert sieben Fußball-Mythen, die den österreichischen Fußball zuletzt beschäftigten (und behinderten).

Mythos 1: Ein Trainer kann auf Nationalmannschafts-Ebene nichts bewegen

Bei der Nationalmannschaft sei es „nicht wie im Verein“, betonte ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel vor wenigen Wochen. „Man hat ganz wenig Zeit, um zu trainieren.“ So wurde die jahrelange Stagnation unter Teamchef Franco Foda und das blamable Abschneiden in der WM-Qualifikation auf Platz vier hinter Dänemark, Schottland und Israel (!) verkauft. Die Botschaft an die Fußball-Öffentlichkeit war: Eine klare Spielweise kann nicht eintrainiert werden, weil schlichtweg die Zeit fehlt.

Ralf Rangnick hat diese These innerhalb weniger Arbeitstage widerlegt: Österreichs Fußballteam spielt wie ausgewechselt. Die Bilanz des neuen Teamchefs: 3:0 Sieg bei Vizeweltmeister Kroatien, 1:2 Niederlage gegen unterlegene Dänen und ein 1:1 gegen Weltmeister Frankreich (bis kurz vor Schluss lag man 1:0 vorne).

Noch auffälliger als die guten Ergebnisse war aber die ausgefeilte Spielweise: Österreich dominierte seine Gegner zuweilen, griff mutiger an als zuletzt – und verteidigte (nach wenigen Trainingseinheiten unter Rangnick) trotzdem besser und strukturierter als nach viereinhalb Jahren Amtszeit des Defensiv-Apostels Foda. Während Länderspiele in den letzten Jahren zu einem probaten Schlafmittel verkamen, riss es die Zuschauer nun (wie gegen Dänemark) bis Mitternacht von den Sitzen. „Fußball hat immer auch mit Unterhaltung zu tun“, betonte Rangnick an seinem ersten Arbeitstag. Und: „Angriff ist die beste Verteidigung.“

Auch Foda konnte der Nationalmannschaft in kurzen Lehrgängen seinen Stempel aufdrücken. Im Vergleich zu Rangnick nahm er seine Spieler aber bewusst an die Leine.

Der Mythos, wonach ein Trainer auf Nationalmannschafts-Ebene nichts bewegen könne, wurde schnell widerlegt. Es sei fast so, als hätten die bisherigen Spieler allesamt „ihre Zwillingsbrüder“ geschickt, betonte ORF-Experte Roman Mählich. Lange wurde dem österreichischen Fußballfan eingetrichtert, dass eine zusammengewürfelte Truppe eben nur holprigen Fußball zeigen könne – aus Zeitmangel. Rangnick hat die Mannschaft mit einer Handvoll Trainingseinheiten verwandelt – und ihr schnell ein klares (durchaus ansehnliches) Gesicht verpasst, das Alaba & Co. auf Augenhöhe mit Weltklasseteams brachte. Obwohl der ÖFB die Möglichkeiten eines Trainers bis vor kurzem kleinredete – und deshalb trotz jahrelanger Krisenstimmung Veränderungen aufschob (und damit die WM-Qualifikation leichtfertig verspielte). Ob er es für möglich gehalten hätte, nach so kurzer Zeit seine DNA zu implementieren, wurde Rangnick nach dem 1:1 gegen Frankreich im ORF gefragt. Seine Antwort: „Ja, warum denn nicht.“

Mythos 2: Arnautovic kann nicht Rangnick-Fußball

Mit Arnautovic könne man „kein RB-System spielen“, behauptete Fußballlegende Hans Krankl bestimmt. „Der kann das nicht und will das nicht.“ Auch ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel und zahlreiche Experten stimmten in den Chor ein: Hohes Pressing? – Nicht mit dem ballverliebten Arnautovic.

Nun zeigt sich: Ballverliebtheit und Pressing bedeuten keinen Widerspruch. Arnautovic profitiert sogar von den mutigen kollektiven Angriffen. Denn: Der Stürmer vom FC Bologna steht bei den schwarmartigen Balleroberungen nun öfter und näher vor dem gegnerischen Tor – gegen Kroatien erzielte er einen Treffer, gegen Dänemark traf er die Stange. Mehrmals wurde deutlich: Arnautovic funktioniert auch unter Teamchef Rangnick.

Mythos 3: Hohes Pressing, wie bei RB Salzburg, ist mit dem ÖFB-Team nicht möglich

Peter Schöttel berichtete, dass er von sämtlichen Teamchef-Kandidaten immer dieselbe Antwort auf die Stilfrage des Nationalteams erhalten habe: Die Red-Bull-Spielweise sei im Nationalteam nicht 1:1 umzusetzen. Nun gut, was kann schon originalgetreu nachgebaut werden? Aber darum geht es gar nicht. Die Pressing-Spielweise wurde generell als nicht umsetzbar beschrieben. Schöttel erklärte bei einem Pressegespräch während der Teamchef-Suche, an dem auch profil teilnahm: „Der Marko (Arnautovic, Anm.) hat aufgrund seiner Kreativität immer anders Fußball gespielt. Baumgartner hat nicht diese Red Bull-DNA, Grillitsch ebenso nicht. Wir haben hier nicht die Zeit, um Abläufe exakt hinzubekommen. Jedes Anlaufverhalten bei unterschiedlichsten RB-Trainern ist anders. Es geht um exakte Prozesse, die man monatelang einüben muss.“ Und auch Fußballlegende Andreas Ogris hielt fest: „Das Salzburg-System ist beim ÖFB absolut falsch.“

Nun benötigte Rangnick für ordentliche Pressing-Abläufe, die Österreich zumindest auf Augenhöhe mit den Weltklasseteams Kroatien und Dänemark brachten, bloß eine Handvoll Trainingseinheiten. Rangnick war klar: Die österreichische Mannschaft bietet ideale Voraussetzungen für eine mutige und angriffige Spielweise. Zahlreiche Teamkicker wurden bei RB-Salzburg aufgezogen, andere spielen bei ihren Klubs in der Deutschen Bundesliga diese Art von Fußball. Rangnick muss bei den Spielern nicht mit dem Einmaleins beginnen, er stößt auf offene Ohren. Vielmehr musste der Foda-Spielstil schwer vermittelbar gewesen sein, da diese konträr zum Naturell und den Vorzügen der Mannschaft gestrickt war – und auf mutige Spieler ein feiges Konzept gepresst wurde. „Es würde keinen Sinn machen, mit dieser Gruppe von Spielern nicht aktiv zu sein“, betonte Teamchef Rangnick.

Mythos 4: Ralf Rangnick ist ein guter Manager, aber kein guter Trainer

„Es ist enttäuschend und unverständlich, dass es zum dritten Mal in Folge kein Österreicher geworden ist“, betonte Klagenfurt-Trainer Peter Pacult nach Rangnicks Teamchef-Kür in der „Kronenzeitung“. „Andi Herzog muss sich ja verarscht vorkommen, Stöger wurde vertröstet.“ Als Hauptkritikpunkt wurde neben der Nationalität Rangnicks (der Mann ist Deutscher) vor allem dessen angebliche Erfolglosigkeit als Trainer angeführt. „Als Coach hatte er - bis auf Ulm - hauptsächlich bei finanzstarken Klubs Erfolg“, betonte Pacult. „Als Trainer hat er in letzter Zeit keine großen Erfolge gefeiert“, kritisierte Fußballlegende Andreas Ogris am laola1.at-Stammtisch. Nachsatz: „Den höchsten Trainerjob in Österreich hat jetzt der Ralf Rangnick. Ob er der Richtige dafür ist, wage ich zu bezweifeln.“

Rangnick war Trainer bei Schalke04, VfB Stuttgart, in Hoffenheim, Leipzig, bei Manchester United. Der von Ogris gerne geforderte Andreas Herzog stieg zuletzt mit Admira Wacker in die zweite Liga ab. Teamchef-Vorgänger Foda coachte Sturm Graz. Fakten widerlegen die Thesen der Legenden: Rangnick ist nicht nur ein guter Manager, er hatte auch als Trainer große Erfolge: Als Schalke oder Leipzig-Trainer kommt er auf einen Punkteschnitt von knapp 2,0. Bei Hoffenheim liegt er heute noch vor dem Allzeit-Zweiten Julian Nagelsmann. Schalke führte er als Trainer gar ins Champions League-Halbfinale und zum Pokalsieg. Aber Vergleiche von längst zurück liegenden Erfolgen sind ohnehin wenig zielführend. Würde heute jemand noch ernsthaft Felix Magath als österreichischen Teamchef befürworten, weil er vor vielen Jahren mit den Bayern Meister geworden ist?

Bei Rangnick kann man festhalten: Er steht wie selten ein Fachmann für eine bestimmte Spielweise. Idealerweise passt diese zum österreichischen Teamkader. Und: Rangnick hat oft bewiesen, dass er bei ausreichender Kompatibilität zu Großem fähig ist. Auch als Trainer.

Ausreichende Kompatibilität! Nur das zählt. Nicht, ob ein für das aktuelle österreichische Nationalteam unpassender Trainer irgendwann einmal unter ganz anderen Voraussetzungen Meister wurde.

Mythos 5: Foda war mit vorsichtigem Fußball erfolgreich – er ist der beste Teamchef aller Zeiten

Franco Foda hat den Ruf eines Ergebnis-Trainers, der kalkuliert den Erfolg, aber nicht die Unterhaltung im Auge hat. Tatsächlich verfügt er über den besten Punkteschnitt aller Teamchefs und kam bei der EM ins Achtelfinale. Doch die Statistik verdient einen zweiten Blick: Teamchefs anhand ihres Punkteausbeuten zu vergleichen ist schwierig. Auslosungen können schwere oder leichte Gegner bescheren. Foda hatte als Teamchef überdurchschnittliches Los-Glück. In den Qualifikationsgruppen traf er nie auf übermächtige Gegner: Bosnien, Polen und Dänemark waren als einzige Kontrahenten in seiner viereinhalbjährigen Amtszeit (der Weltranglistenplatzierung nach) über Österreich zu stellen. Dazu ergibt sich Fodas guter Punkteschnitt aus vielen Freundschaftsspielen, die zu Beginn seiner Amtszeit gewonnen wurden, in denen der Deutsche wesentlich mutiger agieren ließ als später in Pflichtspielen – wo vor allem die Handbremse Pflicht war. Und bei der EM (das belegen profil-Recherchen) nahmen einzelne Spieler das Heft zusehends in die Hand und sorgten gegen Italien für einen mutigeren Stil als der Teamchef zunächst geplant hatte. Die Diskrepanz zwischen Trainerkonzept und Spielerveranlagung begleitete das Nationalteam die letzten Jahre.

Fodas Erfolgsbilanz liest sich noch nüchterner, wenn man die Mannschaften aufzählt, die in Pflichtspielen unter dem Ex-Sturm Graz-Trainer besiegt werden konnten: Nordirland, Nordirland, Slowenien, Nordmazedonien, Lettland, Israel, Slowenien, Nordmazedonien, Norwegen, Griechenland, Nordirland, Rumänien, Luxemburg, Nordirland, Färoer, Nordmazedonien, Ukraine, Moldau, Färoer, Israel, Moldau. Fertig. Mehr wurde mit einem hochklassigen Teamkader nicht erreicht.

Foda gelang kein Sieg gegen einen in der Weltrangliste höher klassierten Gegner. Das Potential der Mannschaft wurde nie ausgeschöpft. Foda profitierte von einem guten Kader und Losglück, das ihm echte Kaliber ersparte – und Mindestziele ohne große Mühe (trotz großer Patzer gegen Lettland und Israel in der EM-Qualifikation) erreichen ließ.

Zudem war Fodas Defensive oft löchriger als nun in den mutigen, angriffigen Spielen unter Rangnick. Wenn Foda die Leine los lies, das wusste er, war die Restverteidigung zumeist so miserabel orchestriert, sodass Gegner reihenweise unbedrängt aufs heimische Tor zulaufen konnten. Deshalb positionierte Foda (vor allem nach Führungstoren) seine Truppe gerne wie ein ängstliches Kaninchen vor der Schlange (nach dem Dogma: Hauptsache viele Männer vor dem eigenen Kasten) – und machte schlagbare Gegner damit unnötig aggressiv. Nun umgeht Österreich des Gegners Druck, indem man selbst Druck erzeugt – oder wie gegen Frankreich in der zweiten Hälfte einfach wesentlich strukturierter verteidigt.

Foda ist kein schlechter Trainer (und schon gar kein unerfolgreicher), aber eindeutig unpassend für die aktuelle Zusammensetzung der Nationalmannschaft.

Mythos 6: Wenn ein paar Spieler ausfallen, zerfällt das Team

Eine große Analyse wurde vom ÖFB für das blamable Scheitern in der WM-Qualifikation (Platz 4 hinter Dänemark, Schottland und Israel) versprochen. Am Ende einigte man sich: Es waren einfach zu viele Spieler verletzt. Konkret fielen X. Schlager, Julian Baumgartlinger, Sasa Kalajdzic und Stefan Lainer langfristig aus. Immer wieder musste die Startelf umgebaut werden. Foda bevorzugte das Wehklagen: Fielen Spieler aus (was nicht zu verhindern ist), bemängelte er, dass „Abläufe und Prinzipien“ nicht greifen würden. Dabei wurden diese doch mit dem gesamten Kader trainiert – trotzdem verwies Foda immer auf seine Einser-Garnitur. Nur diese könne Erfolg garantieren. Ausfälle wurden regelmäßig dramatisiert – und schließlich auch als Begründung für das Scheitern in der WM-Qualifikation verwendet. Interessanterweise stand Foda beim WM-Qualifikations-Playoff in Wales der komplette Kader zur Verfügung – trotzdem spielte das ÖFB-Team nicht besser als zuvor.

Ralf Rangnick zeigt nun: Wenn die Spielweise sitzt und passt, können ausführende Akteure leicht ersetzt werden. Zwar sind Klassespieler wie Marko Arnautovic, Marcel Sabitzer, X. Schlager und Konrad Laimer (das hat das Spiel gegen Dänemark gezeigt) zwar weiterhin beinahe unersetzlich. Aber Rangnick stellte im Vergleich zum Kroatien-Sieg gegen Dänemark neun neue Männer aufs Feld. Trotzdem funktionierte die Spielidee.

Mythos 7: Die österreichische Spielergeneration ist gar nicht so gut (wie sie gemacht wird)

„Ich würde mir nicht sagen trauen, dass es die beste Generation ist, die wir je hatten“, erklärte ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel während eines Pressegesprächs vor wenigen Wochen an dem auch profil teilnahm. Und: „Wir haben einen einzigen der bei einem Weltklasseverein spielt.“

Dabei hat Österreich einen so hochwertigen Kader wie seit Jahrzehnten nicht mehr. David Alaba (Real Madrid), Marcel Sabitzer (Bayern München), Konrad Laimer (RB Leipzig), Xaver Schlager (VfL Wolfsburg), Sasa Kalajdzic (VfB Stuttgart, von Bayern und Dortmund umworben), Marko Arnautovic (FC Bologna), Martin Hinteregger (Eintracht Frankfurt), Andreas Weimann (Bristol City), Nicolas Seiwald (RB Salzburg), Christoph Baumgartner (TSG Hoffenheim), Stefan Lainer (Borussia Mönchengladbach), Kevin Danso (RC Lens) sind international hoch angesehene Männer. Auch die zweite und dritte Reihe besteht weitgehend aus Stammspielern internationaler Top-Ligen.

Teamchef Foda und Sportdirektor Schöttel betonten gebetsmühlenartig, dass Pressingfußball nicht wirklich umzusetzen sei – und man sehr ähnlich über Fußball denke. Nämlich defensiv. Beide waren Verteidiger in ihrer aktiven Karriere. Vor der EM ergaben profil-Recherchen, dass ein Großteil der Nationalmannschaft unglücklich mit dem Teamchef, seinen Trainingseinheiten und der Spielweise ist. Davon erfuhr auch die ÖFB-Spitze, die ein Teambuilding für Foda und seinen Trainerstab anordnete. Die Situation besserte sich nach der EM nicht, die WM-Qualifikation wurde blamabel verspielt.

Der ÖFB redete die Situation konsequent schön. „Sie finden bei uns ein Umfeld vor, indem sie sich entfalten können. Es liegt sicher nicht am Teamchef, dass sie sich nicht entfalten können“, erklärte Schöttel im April dieses Jahres.

David Alaba, der wie viele seiner Kollegen zu lange die Missstände nicht öffentlich machen wollte, sah die Situation anders als Schöttel, wie er nach dem 1:1 gegen Frankreich vergangenen Freitag gegenüber Journalisten verriet: „Es zeigt einfach, dass wir vielleicht irgendwo die Schnauze voll haben von einer gewissen Art Fußball zu spielen, wie wir es immer wieder in den Jahren zuvor hatten. Man merkt einfach, dass wir uns weiterentwickeln wollen.“

Nun umweht die Spieler internationale Klasse bei ihren Auftritten. Von Hundskickern spricht (aufgrund der adäquaten Betreuung unter Rangnick) niemand mehr.

Fazit

„Ich würde mir nicht sagen trauen, dass das die beste Generation ist, die wir je hatten“, betonte ÖFB-Sportdirektor Schöttel vor wenigen Wochen. Und: Erfolgreich eine Spielweise zu implementieren sei „wahnsinnig schwierig, weil du kaum Zeit für Trainingseinheiten hast“, was auch für den nächsten Teamchef ein Riesen-Problem werde. Die Realität des ÖFB war lange: Probleme über Probleme – anstatt Lösungen. Im ÖFB wurde in den letzten Jahren viel geklagt: Gegner wurden starkgeredet, die eigenen Spieler unter Wert verkauft. Während das 6-Millionen-Einwohner-Land Dänemark von Erfolg zu Erfolg eilt, hieß es in Österreich: die Pandemie, verletzte Spieler, wenig Trainingszeit verhindern den Durchbruch.

Ralf Rangnick schlägt neue Töne an. „Ich glaube sehr wohl, dass wir mit dieser Mannschaft erfolgreichen Fußball spielen können“, betonte er an seinem ersten Arbeitstag. Platz 34 in der Weltrangliste passe nicht zu der hochwertigen österreichischen Nationalmannschaft: „Ich glaube nicht, dass das so bleiben muss.“

Fünf Tage später wurde Kroatien 3:0 besiegt.

Danach unterlag man trotz klarer Chancen-Überlegenheit Dänemark 1:2.

Und gegen Frankreich führte man bis kurz vor Schluss 1:0, ehe ein 1:1-Remis daraus wurde – das Rangnick nicht jubeln ließ, sondern brüllen. Er wolle keine Gratulationen, schnaubte er verärgert über das nicht gewonnenen Spiel gegen den amtierenden Weltmeister (!).

Rangnick lobt seine Spieler, streicht ihre Qualitäten hervor – er erwähnt zwar auch Stärken des Gegners, nie aber ohne Verweis, dass man ihn trotzdem schlagen könne (nicht nur wolle).

Rangnick bringt nach den Jahren des Understatements und der Schönfärberei eine neue Kultur in den ÖFB: Die Nationalmannschaft soll wieder ernst genommen werden. Nicht nur von Nordirland. Sondern auch von Frankreich.

Schon in den ersten Arbeitstagen des neuen Teamchefs wurde deutlich, wie sehr der ÖFB, Experten und Journalisten die heimische Fußball-Öffentlichkeit jahrelang für dumm verkauft haben: mit Thesen, die als Fakten präsentiert wurden – und nun als das entlarvt werden, das sie nun mal sind: billige Ausreden.