Zur Hölle!

Kritik. Oscar-Anwärter "Hell and Back Again"

Drucken

Schriftgröße

Das Kino kann, wenn man will, auch ein Medium der Kriegsberichterstattung sein, das demonstriert der Film "Hell and Back Again“ auf die harte Tour. Zur Hölle und zurück: Der Titel passt diesem Film perfekt, der vergangenes Jahr bereits beim renommierten Sundance-Filmfestival ausgezeichnet wurde und nun auch nach einem Oscar als bester Dokumentarfilm zu greifen scheint. Das grauenhafte Wirken des Kriegs kann man da aus nächster Nähe studieren - und sehen, was man eigentlich nie sehen wollte; gleich in den ersten paar Minuten fällt ein amerikanischer Soldat, die Kamera bleibt dran.

Der Fotojournalist Danfung Dennis hat für sein Filmdebüt im Sommer 2009 eine Gruppe von US-Marines an die Front, in den Afghanistan-Krieg begleitet. Er dokumentiert deren Kampf gegen die Taliban, die schwierige Rückkehr nach Hause und die Kluft, die zwischen Barack Obamas Ansprachen und dem Irrsinn des Kriegs selbst klafft. Die zentrale Figur des Films ist ein junger Sergeant (Foto), der aus blanker Lust am Töten, wie er zugibt, zur Armee gegangen ist. Er liebt Amerika und auch den Krieg, seine Zeit vertreibt er sich mit ultrabrutalen Computerspielen wie "Modern Warfare“. Nach seiner Verwundung steht er vor dem Problem, als kampfuntauglich sein Familienleben wieder aufnehmen zu müssen. Der Film erzählt somit eine klassische Kriegsgeschichte, in Bildern, die - auch weil sie in Hollywood längst so perfekt kopiert werden - zuweilen fast fiktional anmuten.

"Hell and Back Again“ wurde in Wien koproduziert - ohne öffentliche Subventionen. "Unser Anteil an der Produktion wurde aus privaten Geldern und aus Unternehmerkapital finanziert“, sagt Gernot Schaffler von Sabotage Films, der neben Thomas Brunner dort als Executive Producer fungiert. Er wisse, dass dies "in Österreich eher ungewöhnlich“ erscheine, meint Schaffler noch, international sei die Filmfinanzierung auf Unternehmerrisiko aber "Usus“. Die Betreiber von Sabotage Films, die nicht nur in der Wiener Renngasse ein Büro haben, sondern auch am Ventura Boulevard in Los Angeles residieren, arbeiten weiterhin ohne Filmförderung - und scheinen damit höchst erfolgreich zu fahren: Die in Kalkutta gedrehte Doku-Comedy "The Bengali Detective“ lief vor einem Jahr im Programm der Berlinale und wurde inzwischen von dem US-Bezahlsender HBO gekauft, weitere Sabotage-Filme befinden sich in der Postproduktionsphase.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.