Philosophin Lisz Hirn

Philosophin Lisz Hirn über das Streiten: Ewige Zankäpfel

Ruhig bleiben, Humor zeigen, sich selbst nicht zu ernst nehmen - die Philosophin Lisz Hirn über die Kunst des Streitens.

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Auch wenn es die meisten zu können glauben: Richtig streiten muss man lernen. An Anlässen für einen Streit fehlt es uns selten. Eher fehlt uns oft die richtige Person, um diesen anständig austragen zu können. Was aber sind die nötigen Qualitäten, um die "geistige Fechtkunst" oder Eristik betreiben zu können?

Zuallererst sollte sich keiner der Debattierenden zu wichtig nehmen. Oft weiß man selbst nicht, ob man wirklich recht hat oder nicht. Das Ende des Streits soll dies entscheiden. Geht es aber plötzlich nicht mehr darum, die Sache zu entscheiden, sondern vielmehr den Gegner zu diskreditieren, dann hat man es nicht mehr mit einem fairen Streit, sondern einem miesen Trick zu tun. Das "Argumentum ad personam" kommt meistens zum Einsatz, wenn sich das Gegenüber mit nichts anderem mehr zu helfen weiß als mit einer Verunglimpfung der anderen Person. Um das Argument des Gegners zu schwächen, greift man folglich nicht mehr sein Argument, sondern den Gegner persönlich an. Das sitzt! Einmal ausgesprochen, ist dagegen nur mehr schwer anzukommen. Oft bleibt dem Verunglimpften nichts anderes übrig, als sich mit derselben unredlichen Methode zu wehren. Den Gegner absichtlich zornig zu machen, um ihn aus der Fassung zu bringen, ist eine besonders maliziöse Falle. Um solche Fallen zu vermeiden, rät Schopenhauer in seinem Büchlein "Die Kunst, recht zu behalten",sich mit den populärsten Untergriffen vertraut zu machen.

Neben der gezielten Provokation des gegnerischen Zorns kommt uns beim Streiten noch eine andere menschliche Schwäche in die Quere: unsere Eitelkeit. Schien es sich anfangs wirklich noch um wahr oder falsch, um gerecht oder ungerecht zu drehen, versucht man gegen Ende des Duells wahr in falsch und falsch in wahr zu verwandeln. Statt der besseren Argumente zieht man letztlich doch den Sieg der eigenen Position vor. Dazu neigen wir vor allem dann, wenn wir annehmen, dass die Mehrheit des Publikums unsere Meinungen bereits teilt. Schwer fällt uns außerdem, dem anderen einen argumentativen Treffer zugeben zu können. Das verlangt nämlich ein ordentliches Maß an intellektueller Integrität. Wie aber lässt sich unserer rechthaberischen Neigung beikommen? Hat es dann überhaupt einen Sinn, miteinander zu streiten? "Das Disputieren ist als Reibung der Köpfe allerdings oft von gegenseitigem Nutzen, zur Berichtigung der eigenen Gedanken und auch zur Erzeugung neuer Ansichten."Damit dies gelingt, sollten sich beide Disputanten auf Augen - und Wissenshöhe begegnen. Schopenhauers Rat ist daher so simpel wie offensichtlich: Lassen Sie sich nie mit dem Erstbesten auf einen Disput ein.

Lisz Hirn, 37, ist Philosophin, Autorin und Dozentin und befasst sich vorrangig mit Philosophie und Kunst im Alltag. Zuletzt erschien ihr Buch "Wer braucht Superhelden: Was wirklich nötig ist, um unsere Welt zu retten" (Molden 2020).In ihrem Podcast "Philosophieren mit Hirn" denkt sie alle zwei Wochen laut über die brennendsten Fragen des Lebens nach.

 

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Bei welchen Themen gehen in ihrem Umfeld die Wogen hoch, was beschäftigt Sie gerade? Wir bitten um Anregungen oder streitbare Debattenbeiträge auf [email protected].

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