Portugal mit Defensiv-Taktik zum Ziel aller Träume
Der Weg zum ganz großen Wurf führte das Team von Fernando Santos diesmal über ein kompaktes Kollektiv, dem sich auch die Stars Nani und vor allem Cristiano Ronaldo unterordnen mussten. Nur so war es auch möglich, im Finale den baldigen Ausfall des Superstars zu kompensieren. Dies gelang schließlich eindrucksvoll.
Für den Superstar von Real Madrid war ein Titel mit dem Team das letzte Mosaiksteinchen, das ihm in seiner Trophäensammlung noch gefehlt hat. Auf Vereinsebene gewann er drei Mal die Champions League, wurde spanischer und englischer Meister sowie Sieger der Club-WM. Außerdem wurde er dreimal zum Weltfußballer gewählt, fünfmal eroberte er die Torjägerkanone in der Champions League. "Ich habe immer davon geträumt, mit Portugal etwas zu gewinnen", sagte er im Vorfeld des Finales gegen Gastgeber Frankreich. Mit seinem Premierentitel in der "Selecao" hat er nun auch diesen Meilenstein erreicht.
Obwohl Ronaldo bei der EM zuweilen unter den Erwartungen blieb, hatte er mit seinen Scorerpunkten maßgeblichen Anteil am Erfolg seines Teams. Ohne seinen Doppelpack im entscheidenden Gruppenspiel beim 3:3 gegen Ungarn etwa hätte Portugal die Heimreise antreten müssen, auch im Achtelfinale gegen Kroatien war er am Siegtor in der Verlängerung entscheidend beteiligt.
Zu defensiv?
In der Heimat war die Stimmung trotz des Erfolglaufs alles andere als euphorisch. Zu defensiv agierte man über weite Strecken, zu wenig Spektakel bot man dem Publikum, so jedenfalls lautete die Kritik in der heimischen Presse. Entgegen aller Widerstände blieb Santos seiner Spielweise treu und fand mit seiner Taktik den Schlüssel zum Erfolg. In seinen knapp zwei Jahren als Teamchef verlor Portugal nicht ein einziges Pflichtspiel.
Erfolg vor Spektakel, dieser Grundsatz war in der Vergangenheit nicht immer Teil der portugiesischen Mentalität. 2004 etwa scheiterte die hochgejubelte "Goldene Generation" um Luis Figo, Deco und Nuno Gomes im Finale der Heim-Europameisterschaft am Abwehrbollwerk des Sensationssiegers Griechenland. Dieses Schicksal wollte Santos mit allen Mitteln verhindern. Immer wieder verteidigte er seine Mannschaft und sich gegen die Kritiker. "Es geht doch hier nicht darum, ob man schön oder hässlich spielt. Das Einzige, was ich will, ist das Finale zu erreichen und zu gewinnen," sagte er im Verlauf des Turniers auf die wenig ansehnliche Spielweise angesprochen.
Portugal tat sich bei dieser EURO aber auch schwer. Als klarer Favorit in die Österreich-Gruppe F gestartet, erreichte man das Achtelfinale nach drei Remis (1:1 gegen Island, 0:0 gegen Österreich, 3:3 gegen Ungarn) lediglich als Gruppendritter. Es dauerte bis ins Halbfinale, bis dass Portugal ein Spiel nach 90 Minuten für sich entschied (2:0 gegen Wales). Zuvor benötigte man im Achtelfinale gegen Kroatien (1:0) die Verlängerung und gegen Polen musste sogar das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen (5:3 i.E.). Und letztlich entschied man dann auch das Finale in der Überspielzeit für sich.