profil-Morgenpost: Bereuen Sie Ihr altes Tattoo?

Guten Morgen!

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Ihr Morgenpostler gehört der Unter-55-Altersklasse der nicht mehr ganz jungen und noch nicht ganz alten Männer an. Wir sind nicht mehr in unseren besten Jahren und noch nicht in unseren schlechtesten. Als wir zum Bundesheer einrückten, war gerade noch Kalter Krieg. Wer nicht zum Bundesheer einrückte, war wahrscheinlich ein „Haschbruder“. Haschbrüdern mit langen Haaren, so hieß es, „lief der Friseur nach“. Wenn die TV-Werbung heute den „Sommer wie damals“ verklärt, meint sie unseren Sommer. Was uns gefiel, fanden wir weder „cool“ noch „nice“ (siehe die gestrige Morgenpost des Kollegen Treichler), sondern „klass“. Wir waren die erste Generation mit Zahnspangen. Und wir waren die ersten, die sich tätowieren ließen. Nicht wie Vertreter früherer Generation unter Gruppendruck im Gefängnis, sondern freien Willens beim gewerblichen oder amateurhaften Tätowierer. Das Tattoo wurde unter uns gesellschaftsfähig. Man musste dafür auch kein Haschbruder mehr sein, selbst Betriebs- und Forstwirte ließen sich in den 1990-er Jahren tätowieren.

Die Langzeitfolgen kann man nun an den Stränden von Lunz, Lobau und Lignano besichtigen. Kein schöner Anblick: alte weiße Männer, deren Tattoos auf welkem Fleisch zerrinnen wie die Uhren auf dem berühmten Gemälde von Salvador Dali. Schwarze Tätowiertinte auf Hautfarbe kann nach zwei bis drei Jahrzehnten eine Marmorierung ergeben, wie man sie aus der Vitrine von Pferdefleischhauern kennt.

Die Spätfolgen von Tätowierungen sind rein ästhetischer Natur. Eine Corona-Infektion dagegen kann auf Dauer die Gesundheit beeinträchtigen, wie profil-Wissenschaftschef Alwin Schönberger im aktuellen Cover ausführt.

In der U-55 noch selten, sind in der U-40 sogar die Spitzenpolitiker tätowiert. Der prominenteste ist Gernot Blümel, 37. Zu seinen zwei Tattoos (darunter kein türkises) gab der Finanzminister in einem Interview Auskunft. Weniger gern dürfte Blümel über fragwürdige Vorgänge unter seinem Vorgänger reden, die von den profil-Kollegen Christina Hiptmayr und Stefan Melichar aufgedeckt wurden.

Haben Sie einen klassen Tag!

Gernot Bauer

PS: Gibt es etwas, das wir an der „Morgenpost“ verbessern können? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl. Sein journalistisches Motto: Mitwissen statt Herrschaftswissen.