Fußball

Red Bull Salzburg in der Krise: Schwächelnde Bullen

Red Bull Salzburg hat den Fußball in Österreich revolutioniert – und eine Blaupause für das perfekte Fußball-Geschäftsmodell geschaffen. Nun stockt der Erfolgslauf. Im Klub und Konzern will man sich neu erfinden. Doch das ist schwieriger als gedacht.

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Oft saß der 2022 verstorbene Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz im Salzburger Stadion – obwohl er eigentlich kein Fußballfan war. Genüsslich sah er seinem FC Red Bull Salzburg auf die Beine, der die Weltelite nicht nur forderte, sondern zuweilen an die Wand spielte. Das war eine Sensation. Österreichische Teams erstarrten lange vor großen Gegnern und agierten auf dem Feld ängstlich. Die Bullen aber wirkten wie überladene Duracell-Hasen; so als wären sie in einen Zaubertrank gefallen – oder in einen Bottich Red Bull. Sie griffen bedingungslos an. So draufgängerisch hatte eine heimische Mannschaft nie zuvor gespielt.

Für Mateschitz wurden die Fußballer zum Lottosechser. Sein picksüßer Werbeslogan „Red Bull verleiht Flügel“ wurde auf dem Sportplatz Realität. Salzburg wurde zum Serienmeister und machte sich in Europa einen Namen. Im Jahr 2018 zog man nach Siegen gegen Lazio Rom, Borussia Dortmund und Real Sociedad ins Europa-League-Halbfinale ein. Die Bullen wurden zum Motor für die verschlafene heimische Liga. Und zu einem Riesengeschäft. Allein aus Spielertransfers lukrierten sie im letzten Jahrzehnt 463 Millionen Euro Gewinn – damit zählt der Klub zu den Top 3 in Europa.

Bei Red Bull Salzburg wirkt man in diesen Tagen nervös. Eine Interviewanfrage von profil wird sofort abgelehnt und der Rollbalken heruntergefahren. Man wolle nicht reden, sondern zurück auf die Erfolgsspur, heißt es.

Doch nun stottert schon seit Längerem das Herzstück der Erfolgsmaschinerie: der stilbildende Karacho-Fußball. Der ist nur noch ein laues Lüftchen. Die Bullen eilen seit Monaten von Blamage zu Blamage. Gegen wen man auch spielt – Prag, Brest, Zagreb, Linz –, das Ergebnis scheint jedes Mal in Stein gemeißelt: hängende Köpfe und traurige Gesichter. Der aktuelle Negativlauf im Zeitraffer: Sieben Pleiten in acht Champions-League-Partien – dabei 27 Gegentore kassiert. Von Sturm Graz als Meister entthront. In der Liga Fünfter. Im Cup-Viertelfinale raus. Die Bullen, sie wirken bloß noch wie zahme Kälber.

Das ist ein Fiasko. Für den Klub selbst. Für den österreichischen Fußball. Und für den Weltkonzern Red Bull. Das sportliche Prestige, die Millioneneinnahmen, der große Werbeeffekt – das alles beruht auf dieser angriffigen, mutigen Spielweise, die gar einen eigenen Namen erhielt: Red-Bull-Fußball. Klub und Konzern sind alarmiert – man versucht sich neu zu erfinden. Doch das ist schwieriger als gedacht.

Gerald Gossmann

Gerald Gossmann

Freier Journalist. Schreibt seit 2015 für profil kritisch und hintergründig über Fußball.