Reform im ÖFB: Alte Machtstrukturen in neuem Gewand?
Im ÖFB haben sich die Funktionäre nach zähen Machtkämpfen auf eine Reform geeinigt. Doch vieles wird beim Alten bleiben. Vor allem die internen Konflikte, die den Verband lähmen.
Es gibt derzeit zwei Bilder vom ÖFB. Da ist einerseits die erfrischende Nationalmannschaft um Ralf Rangnick und Marko Arnautović, die das Land begeistert – und zuletzt Norwegen 5:1 besiegte.
Und dann ist da das ÖFB-Präsidium mit seinen zerstrittenen Provinzfunktionären, die vor allem Machtkämpfe austragen.
Nun soll sich das endlich ändern. Vergangene Woche hat sich die 13-köpfige Männerrunde auf eine Reform festgelegt. Man wolle den ÖFB „auf einen moderneren, noch professionelleren Weg“ bringen, erklärte Präsident Klaus Mitterdorfer. Der Kärntner, meist in T-Shirt und Sneakern gewandet, wirbt seit Monaten für eine Reform, die den behäbigen Verband grundlegend verändern soll.
Doch bei genauerem Hinsehen ist die Reform keine Revolution. Vieles könnte gar beim Alten bleiben.
Hinter der modernen Fassade des Wiener Courtyard Hotels tagte am vergangenen Freitag ab 14 Uhr das ÖFB-Präsidium. Die honorigen Herren sollten sich dort selbst ihrer Macht beschneiden. Es gehe „um eine Verlagerung der Kompetenzen vom Präsidium hin zum Hauptamt“, erklärte Mitterdorfer profil. Sprich: Nicht die Ex-Bürgermeister und pensionierten Richter in dem Gremium sollen künftig die Zukunft des österreichischen Fußballs prägen, sondern echte Experten. Wie genau die Machtverhältnisse verschoben werden, müsse aber erst konkret ausformuliert werden, betonte Präsident Mitterdorfer.
Hinter der modernen Fassade des Wiener Courtyard Hotels tagte am vergangenen Freitag ab 14 Uhr das ÖFB-Präsidium. Die honorigen Herren sollten sich dort selbst ihrer Macht beschneiden.
Lagerbildung
Zur Erklärung: Schon bislang führten zwei Geschäftsführer hauptamtlich den Verband. Das Problem: Sie sind heillos zerstritten und blockierten einander. Die großen Entscheidungen wurden im Präsidium getroffen.
Mitterdorfers Reform sieht nun vor, dass das bislang übermächtige Präsidium zurechtgestutzt wird – zu einem devoten Aufsichtsrat. Lenken sollen den ÖFB künftig ein CEO und darunter zwei Geschäftsführer (einer für Wirtschaft, einer für Sport), die neu bestellt werden. Präsident Mitterdorfer wurde per Beschluss beauftragt, die Dienstverhältnisse der bisherigen Geschäftsführer Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer aufzulösen.
Lange verhinderte eine Lagerbildung im ÖFB viele Entscheidungen. Hollerer hat Vertraute bei den Landespräsidenten, Neuhold im Nationalteam und bei Sponsoren. So machten sich Teamchef Ralf Rangnick und Stars wie David Alaba in einem Brief an die Entscheidungsträger für Neuholds Verbleib stark. In Hinblick auf die WM 2026 sei „Neuholds Expertise und Kompetenz unverzichtbar“, hieß es. Die Männer im Präsidium reagierten entrüstet. Sie würden dem Teamchef ja auch nicht bei der Aufstellung dreinreden, polterte ein Landespräsident.
Dispute sind im ÖFB omnipräsent. Wird mit der Reform jetzt alles neu und gut?
Nun ja. Das Präsidium hat sich zwar auf eine neue Struktur geeinigt, trotzdem könnte vieles beim Alten bleiben. Das beginnt schon bei der Auswahl des CEOs. Mitterdorfers Favorit für den Posten ist Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer. Der aber ist pikanterweise seit Jahren auch Mitglied des ÖFB-Präsidiums, in dem die Bundesliga über drei akkordierte Stimmen verfügt. Ebenbauer, der den neuen Weg maßgeblich mitbeschlossen hat, könnte nun selbst die zentrale Rolle einnehmen. Mitterdorfers Gegner wittern einen Masterplan. Denn in der neuen Struktur soll ausgerechnet der geschasste Geschäftsführer Hollerer als neuer Wirtschafts-Geschäftsführer ein Thema sein. Ebenbauer und Hollerer pflegen eine enge Beziehung zueinander, beide sind Juristen und Studienfreunde. Eine Hintertür dafür gäbe es tatsächlich. So wurde Mitterdorfer vom Präsidium zwar offiziell beauftragt, die Dienstverhältnisse der Geschäftsführer zu lösen. In einer ÖFB-Aussendung wurde kurz darauf aber ergänzt, dass „in weiterer Folge mit beiden Gespräche über eine mögliche weitere Beschäftigung im ÖFB innerhalb der neuen Struktur zu führen“ seien. Auf profil-Nachfrage bestätigt Präsident Mitterdorfer, dass er beide gefragt habe, „ob sie sich vorstellen können, in einer anderen Aufgabenstellung für den ÖFB weiterzuarbeiten“. Der Geschasste als neuer Geschäftsführer? Kein Kommentar, sagt Mitterdorfer.
Mitterdorfers Gegner wittern einen Masterplan. Denn in der neuen Struktur soll ausgerechnet der geschasste Geschäftsführer Hollerer als neuer Wirtschafts-Geschäftsführer ein Thema sein.
Es stellt sich die Frage, warum die neuen Vorstandsposten nicht ausgeschrieben werden. Der ÖFB ist ein 60-Millionen-Euro-Unternehmen, das öffentliche Förderungen erhält. „Es gibt keine Verpflichtung dazu“, erklärt Mitterdorfer. Und: „Wir stehen auch unter Zeitdruck.“ Grundsätzlich wäre bis 18. Mai 2025 Zeit. Dann findet die ÖFB-Hauptversammlung statt, auf der alles beschlossen werden soll. Bis dahin müssten die gerade hinausbeförderten Geschäftsführer weiter werken. Nicht ideal. Mitterdorfer will also „eine möglichst rasche Lösung“ – und womöglich eine „außerordentliche Hauptversammlung“.
Die große Erneuerung ist aber weder strukturell noch personell zu erwarten. Denn auch die dritte Personalentscheidung in der neuen Dreier-Geschäftsführung betrifft einen alten Bekannten. Präsident Mitterdorfer möchte den bisherigen Sportdirektor Peter Schöttel zum Geschäftsführer Sport machen. Jenen Mann, der vom Präsidium einst in sein Amt gehievt wurde, weil er, wie es der niederösterreichische Landespräsident Johann Gartner gegenüber profil formulierte, „sich auch etwas einreden“ lasse.
Kurz nachdem der Rauswurf der Geschäftsführer in der Präsidiumssitzung am Freitag beschlossen worden war, poppte die Meldung auch schon auf „Krone.at“ auf. Noch im Sitzungssaal wurde verzweifelt nach dem Maulwurf gesucht.
„Ein inhaltsleerer Beschluss“
Das führt zur Kernfrage: Wurde das ÖFB-Präsidium durch die Reform wirklich entmachtet? Oder haben die Männer (10 von 13 votierten dafür) bloß einer Strukturreform zugestimmt, weil damit Kräfte installiert werden, auf die sie (wie bislang) viel Einfluss haben, um im Machtpoker weiterhin die besten Karten zu haben?
„Da wird eine Strukturreform als großer Wurf verkauft, obwohl das ein inhaltsleerer Beschluss ist“, poltert der oberösterreichische Landespräsident Gerhard Götschhofer, ein Kritiker Mitterdorfers. Die Männer, die den österreichischen Fußball lenken, sind einander weiterhin spinnefeind. Eine Episode dazu: Kurz nachdem der Rauswurf der Geschäftsführer in der Präsidiumssitzung am Freitag beschlossen worden war, poppte die Meldung auch schon auf „Krone.at“ auf. Noch im Sitzungssaal wurde verzweifelt nach dem Maulwurf gesucht. Die Männer forderten sich untereinander auf, ihre Mobiltelefone auf den Tisch zu legen, um ihre Unschuld zu beweisen.
Diese Männerrunde wird dem ÖFB jedenfalls erhalten bleiben. Das Präsidium bleibt in seiner alten Besetzung bestehen, wird profil bestätigt. Ein Gremiumsmitglied betont: „Hier eine Änderung vorzunehmen, wäre in einem ersten Schritt wahrscheinlich zu viel.“